Dominic Toretto, gespielt von Vin Diesel, wird von einer Hackerin, gespielt von Charlize Theron, erpresst und hilft ihrer Terrororganisation in der Folge dabei, in den Besitz einer EMP-Waffe und nuklearer Abschusscodes zu gelangen. Dabei wendet er sich gegen seine große Liebe Letty, gespielt von Michelle Rodriguez, seine Crew und gegen das Gesetz. Kein Wunder, dass der Geheimdienstler Mr. Nobody, gespielt von Kurt Russell, sämtliche Register zieht, um Toretto aufzuhalten. Er setzt nicht nur Torettos Leute sowie den FBI-Mann Hobbs, gespielt von Dwayne Johnson, auf diesen an, sondern auch dessen inhaftierten Erzfeind Deckard Shaw, gespielt von Jason Statham, der nun mit Torettos Team zusammenarbeiten soll.
Nachdem Justin Lin die „Fast and Furious“-Franchise mit dem dritten Teil „Tokyo Drift“ um ein Haar endgültig in der filmischen und kommerziellen Bedeutungslosigkeit versenkt hätte, gelang ihm mit den Episoden 4-6 ein furioser Neustart, mit dem er die Action-Reihe rund um illegale Straßenrennen, gewagte Autostunts und leicht bekleidete Damen zunehmend an der Spitze der Kinocharts etablierte. Teil 7, vom Horror-Spezialisten James Wan inszeniert, übertraf gar die Box Office-Schallmauer von einer Milliarde Dollar um weitere 500 Millionen, was womöglich zum Teil dem tragischen Tod von Paul Walker geschuldet war. Und auch dem neuesten Ableger der Reihe wird ein solcher Erfolg an den Kinokassen durchaus zugetraut. Was war geschehen?
Justin Lin hatte mit dem 4. Teil „Fast & Furious - Neues Modell. Originalteile.“ und dann insbesondere mit dem bisher besten Vertreter „Fast Five“ begonnen, die Filmreihe, die sich primär um illegale Straßenrennen gedreht hatte, zu einer stimmigen Mischung aus Actionfilm und Seifenoper umzugestalten, die immer wieder verblüffte und emotional durchaus fesselte. Er puzzelte sich ein buntes Figurenkarussell zusammen, das Film für Film um weitere Akteure und meist auch um einige prominente Hollywood-Gesichter erweitert wurde. Er verband diese zu einer großen Familie, stilisierte den durch und durch integren wie loyalen Dominic Toretto, dem diese Familie über alles geht, zu deren Oberhaupt und schrieb dem glatzköpfigen Stiernacken Vin Diesel damit eine Rolle auf den Leib, die der Darsteller wohl nie wieder wird abstreifen können. Diese Familie stellte Lin vor immer neue Aufgaben, die immer größer, immer gewagter, immer unmöglicher wurden, sodass sie nur nach einer Reihe cartoonesk übertriebener Action-Sequenzen zu bewältigen waren. Dabei kam neben den flotten Karren auch allerhand weiteres Gefährt zu Wasser, zu Land und zu Luft zum Einsatz. James Wan führte dieses Erfolgsrezept genauso fort, wie nun F. Gary Gray mit „Fast & Furious 8“.
Zu diesem bewährten Konzept gehören in erster Linie natürlich die Action-Sequenzen. In einer Zeit, in der alles Denkbare mittels digitaler Effekte in visueller Perfektion auf die Leinwand gezaubert werden kann, besteht die kreative Arbeit der Filmemacher weniger darin, sich zu überlegen, wie eine Action-Szene möglichst echt aussehend getrickst werden kann, sondern darin, ein Publikum, das wöchentlich Effektgewitter von Marvel, Lucasfilm oder Michael Bay zu sehen bekommt, zu beeindrucken. Und genau dafür hatten die Macher dieser Reihe seit jeher ein findiges Händchen. Sie überwältigten das Publikum nicht nur, indem sie die Gesetze der Physik ad absurdum führten, sondern mit Ideenreichtum, mit Ironie und grotesken Übertreibungen, die auch dem skeptischen Zuschauer durchaus ein Schmunzeln entlocken konnten. Großartig ist in diesem „Fast & Furious 8“ vor allem die Sequenz gelungen, in der die smarten Autos auf New Yorks Straßen gehackt und zu einer regelrechten Armee aus Zombie-Autos gebündelt werden, die wie eine Naturgewalt durch die Hochhausschluchten des Big Apple fegt.
Wenn am Anfang auf Kuba an leicht bekleideten Damen vorbei ein Straßenrennen gefahren wird, das sich schließlich auch ins Cartooneske steigert, werden aber auch die Ursprünge der Reihe wieder aufgegriffen. Flotte Karren und dynamische Verfolgungsjagden gibt es ja ohnehin en masse und auch die abwechslungsreichen Schauplätze sowie der stilsicher ausgewählte Pop-Soundtrack dürfen natürlich nicht fehlen. Somit zeigt Gray, dass er genauso wie Lin und Wan das volle Repertoire des Actionkinos beherrscht, so baut er auch zahlreiche Nahkampfszenen und bleihaltige Schießereien in seinen Film ein. Sein Talent, insbesondere für die Inszenierung von Autorennen hatte der Regisseur mit dem Heist-Movie „The Italian Job“ ja bereits angedeutet. Dass es Toretto und sein Team letztlich mit einem U-Boot zu tun bekommen, ist, nachdem sie mit ihren Fahrzeugen bereits gegen einen Panzer, ein Flugzeug und eine Drohne bestehen mussten, zwar fast schon etwas konventionell, sorgt aber für einen insgesamt gelungen Showdown. So wird allein durch die Action-Szenen durchweg für Kurzweil gesorgt und das bei einer recht üppigen Laufzeit von mehr als zwei Stunden. Das regelrechte Massaker an nicht immer gut platzierten One-Linern sowie die permanenten Frotzeleien zwischen den Akteuren, die in anderen Filmen auch schon witziger waren, hätte es dazu - zumindest in dieser Quantität - definitiv nicht bedurft. Vor allem der pubertäre Sidekick, der von Tyrese Gibson verkörpert wird, strapaziert mehr die Geduld als die Lachmuskeln des Publikums.
Gray stellt die große „Fast & Furious“-Familie dabei vor ihre bisher größte Herausforderung, vor eine echte Zerreißprobe, geht es doch diesmal gegen das eigene Familienoberhaupt. Das bringt etwas zusätzliche Dramatik in den Film und macht den Schulterschluss mit dem Hauptfeind des Vorgängerfilms glaubwürdiger, wenngleich die Begründung für Torettos Verrat weit hergeholt ist und zu einigen allzu sentimentalen Szenen führt. Außerdem wird versucht mit der von Charlize Theron verkörperten Hackerin, die mit Finesse agiert, eiskalt und berechnend vorgeht, einen Superschurken in der Franchise zu etablieren, der ähnlich wie Blofeld in den Bond-Filmen entweder direkt oder als graue Eminenz im Hintergrund letztlich immer hinter allem steckt. Die Bezüge, die dabei zu den Vorgängerfilmen nachträglich hergestellt werden, wirken jedoch wirr und aufgesetzt und das überzogene Overacting der Oscar-Preisträgerin Theron macht es nicht besser. Außerdem kann sich auch „Fast and Furious 8“ nicht wirklich aus dem Dilemma aller Hacker-Filme befreien, dass in allzu viele Szenen Menschen zu sehen sind, die hektisch auf ihre Tastaturen einhämmern. Aber sei`s drum: Wer eine ausgeklügelte Geschichte sehen will, der soll in den nächsten Autorenfilm gehen, „Fast & Furious 8“ ist ein Auto-Rennfilm - und kein schlechter.
Fazit:
„Fast & Furious 8“ schäumt nach bewährtem Konzept vor Adrenalin und Testosteron nur so über. Der Film bietet mit gleichermaßen beeindruckenden wie überzogenen Action-Sequenzen gut zwei Stunden kurzweilige Unterhaltung, hätte aber ein paar schlechte Witze weniger durchaus vertragen. Wer die Reihe mag - und das trifft in Anbetracht der gigantischen Einspielergebnisse offenkundig auf ein großes Publikum zu - der macht auch mit Teil 8 nichts falsch.
70 %