Eine umfangreiche Filmografie führt fast zwangsläufig dazu, dass manche Filme von Historikern und Fans quasi zu Tode analysiert werden, während andere ein ominöses Schattendasein führen, was sich niemand recht erklären kann, es sei denn, niemand kann mit dem Film etwas anfangen oder die Rechtsfrage verhindert eine Veröffentlichung. Oder natürlich, wir haben es mit einem absoluten Langweiler zu tun, der niemanden mehr recht interessieren kann.
Im Falle von „Theatre of Death“ aka „Haus des Schreckens“ von 1966 kommt die scheinbare Ignoranz aber doch etwas verwunderlich rüber, denn der Film wuchert immerhin mit seinem Hauptdarsteller Christopher Lee als dominant-satanischer Regisseur der guten, alten und blutigen Grand-Guignol-Theaterschule, wo zur Ergötzung des sensationslustigen Publikums die Effekte und die literweise verarbeitete rote Soße noch handgemacht war.
Aber „Hemisphere Productions“ waren eben nicht Hammer und das Oeuvre der Firma beginnt bei Action, setzt sich über kostengünstige Horrorproduktionen (die sich an gängige Moden dranhängen) fort und endeten bei frivolen Komödien mit viel nackter Haut.
Da sticht dann eine unabhängige englische Produktion, die in Frankreich spielt und mit verschiedensten europäischen Darstellern besetzt ist, schon heraus – vor allem wenn dem Amerikaner Samuel Gallu tatsächlich ein interessantes Werk gelang, welches gern auch in Psychotronic-Nachschlagewerken erwähnt wird, qualitativ aber eine stabile Produktion ist.
Im titelgebenden Theater kreuzen sich zwei Handlungsstränge: einmal der des gnadenlosen Theaterkünstlers Philippe Darvas, der seine hübschen Darstellerinnen in seinen mittelalterlich angehauchten Folter- und Exekutionssequenzen notfalls per hypnotischem Einfluss zu neuen Stadien des darstellerischen Realismus befeuert, was natürlich die Besucher begeistert. Weil er auch die hübsche Dani nicht schont, ist deren Freund-in-spe, der Polizeiarzt Charles Marquis nicht so erfreut von Darvas, aber der quält auch lieber Danis Mitbewohnerin Nicole. Im zweiten Strang geht ein Mörder durch die Stadt, der seine bevorzugt weiblichen Opfer mit einem spitzen Instrument im Nacken piekt und sie später blutleer zurücklässt, so dass alle an einen Vampir denken (warum auch immer) – ein Fall, den auch Charles untersucht.
Dass in diesem Plot natürlich kein übernatürliches Monstrum rumeiert, kann man zwei Meilen gegen den Wind riechen, aber es sind auch mehr die intensiven Performances von Lee und Till, die den Reiz der Proben und Theatersequenzen ausmachen.
Um so interessanter, als der Film dann kurz nach der Halbzeitmarke nicht nur die Richtung wechselt, sondern sich auch – zumindest psychologisch und motivatorisch – in den Bereich des Giallo verabschiedet, denn zumindest eine der Figuren hat eine gar psychisch deformierende Kindheit erlitten und arbeitet nun dieses Trauma ab. Die Erklärung ist zwar absoluter Mumpitz, aber so schräg, dass sie schon wieder zu dem Grand-Guignol-Motiv passt.
Präsentiert wird das alles zwar vornehmlich in Studiokulissen, aber neben den Theaterbühnen gibt es noch reichlich spinnenwebenverhängte Geheimgänge und maskierte Figuren, all das präsentiert in knalligen Farben und einer popkulturell modern (für 1966/67) aufgemachten Swinging-Paris-Atmosphäre.
Klar, hier und da zieht es sich etwas und wahrlich gut durchdacht ist das alles auch nicht – und ich hätte dann doch noch etwas dafür gegeben, wenn nicht ausgerechnet die Vampirmorde so enorm blutleer aus POV-Perspektive gedreht worden wären, aber das ist einer der weniger Filme, bei denen Lee so präzise over the top agiert, dass er sich für die Performance mal nicht schämen muss.
Vielleicht buddelt ja einer mal die alte deutsche Kinosynchro aus, aber bisher ist der Film noch ein weißer Fleck auf der Landkarte aller möglicher Silberlinge, was das Germanenland angeht. Aber ihn im Internet zu mit Lees originalem Duktus zu erfahren, macht eh mehr Spaß. (6/10)