Papa ist der Beste... ?
"The Glass Castle" ist ein klassisches Familienmelodrama in modernem Gewand, wie es sie heutzutage nicht mehr viele gibt und dass jeden Menschen mit Familie zu Tränen rühren oder zumindest zum Nachdenken bringen sollte. Also eigentlich jeden. In Teilen ein etwas kitschigerer Nachfolger im Geiste des letztjährigen "Captain Fantastica", geht es wieder um eine Familie am Rand der Gesellschaft. Der Vater ein Aussteiger, Trinker, Träumer, mal liebend, mal nervend, mal gefährlich. Die Mutter Künstlerin, verliebt, verträumt, verkappt. Die Kinder schon früh auf sich allein gestellt, absolut frei in der Natur und auf ihrer Dauerflucht, zugleich vollkommen eingesperrt und diktiert. Ein Film voller Gegensätze. Voller Kitsch, Stimmungswechsel, Herz, Wut, Schweiß und Tränen. Und gar nicht so weit von der Realität entfernt wie es sich anhört. Nicht nur da die unglaubliche und doch nachvollziehbare Geschichte auf der Biographie der wahren Chaosfamilie Wells beruht.
Familie kann man sich nicht aussuchen. Man liebt und hasst sie. Mal nerven sie, mal bescheren sie einem unvergessliche Momente. Mal hell, mal dunkel. Selten bis nie perfekt. Mit Marotten und schwarzen Schafen, mit Makeln und Highlights, mit Gründen und Lastern, Vergangenheit und Zukunft. Darum geht es in diesem zerbrechlichen Schloss. Das Ende ist vielleicht etwas zu weichgespült, Tränen sind jedoch trotzdem unaufhaltsam. Außerdem macht der höchst ambivalente und realistische Rest das vorhersehbare Quasi-Happy End locker wieder wet. Umso mehr Leben hinter einem liegt und umso mehr Erfahrungen man mit der eigenen dysfunktionalen Familie gemacht hat, desto mehr trifft der Film ins Schwarze. Indiekino war 2017 selten packender. Der Soundtrack geht unter die Haut, die Darsteller spielen durch die Bank grandios und man hat wirklich das Gefühl, hier einer Familie beizuwohnen, die trotz aller Hürden auf ihr Leben stolz sein kann und sich liebt.
Fazit: Major Spectacular. Die bucklige Verwandtschaft, Geschenk oder Fluch? "Schloss aus Glas" ist eine emotionale Achterbahnfahrt und eine Ode an alle wunderbar kaputten Menschen, Familien, Väter. Niemand ist nur böse oder nur gut. Lebt die Momente. Liebt die Menschen. Taschentücher nicht vergessen!