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Alle Lügner sind schon da

Sally Potters "The Party" ist messerscharf geschrieben, hat kein Gramm Fett zu viel und wird getragen von einem Ensemble, das keine Vergleiche der Welt scheuen muss. Ein Kammerspiel (und vielleicht bald Theaterstück) über Lügen, einstige Prinzipien, Geheimnisse und Rache, über heuchlerische Politik, verlorene Vernunft und überwältigende Fehleinschätzungen. Es geht um eine Gruppe von älteren Herrschaften bzw. Freunden, die zu Ehren von Janet in deren Wohnung eine kleine Feier zelebrieren, da diese zur Ministerin der Partei aufgestiegen ist. Doch im Laufe des Abends sprengt einer nach dem anderen mit heftigen Leichen im Keller die feierliche Zusammenkunft und eine womöglich tödliche Spirale aus Eifersucht, Übermut und Unsicherheit unterhält uns extrem knappe 71 Minuten hervorragend. 

In Tradition von großen Shakespeare-Stücken oder auch Polanskis "Der Gott des Gemetzels", brennt die Britin mit ihrem zynischen Kammerspiel ein Feuerwerk ab, dass dieses Jahr in Sachen Tempo, Intellekt und Humor erstmal übertroffen werden muss. Um in diesem Ensemble herauszustechen, bedarf es einer Meisterleistung. Aber unser Bruno Ganz schafft das Unmögliche und stiehlt nahezu jede Szene in der er zu sehen ist. Doch jede der Figuren wirkt nicht nur glaubhaft, sondern man versteht bei allen ihre Gründe, Motive und Ziele. Eine Truppe wuchs einem selten in so kurzer Zeit so dicht ans Herz. Und das obwohl kaum einer wirklich liebenswert oder gar unschuldig ist. Addiert man dazu einen feinfühligen Soundtrack direkt von der Platte und schicke Bilder in schwarz-weiß, dann muss jeder anspruchsvolle Filmliebhaber mit der Zunge schnalzen. Eines der Arthouse-Highlights des Jahres und nur ganz selten verkopft oder prätentiös. Gerne hätte ich dem Irrsinn noch ein paar Minuten länger beigewohnt, obwohl ich den ambivalenten Sinn und Kick der letzten Frames durchaus auch etwas abgewinnen kann. 

Fazit: scharfsinnig & scharfzüngig - ein Party ohne doppelten Boden, dafür mit etlichen Lügen, Geheimnissen und legendären Darstellern. Da kriegt die linke gehobene Politik-Mittelklasse gehörig ihr Fett weg - nur die Schlusspointe tendiert für mich fast eher zu enttäuschend als genial, da ich gerne noch ein paar Minuten mehr gesehen hätte von diesem kaputten Haufen intellektueller Wilder. 

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