Die Story vom ewigen Verlierer, der sich am Ende zum Sieger aufschwingt, gehört seit je her zum beliebtesten Komödienstoff, weil er noch Chancen in einer Situation vermittelt, die in der Realität nicht existieren. Auch Hugo Wiederkehr (Walter Roderer) gelingt der Absprung vom wenig geschätzten Aschenbecher-Reiniger einer Bank, dem sein im Gefängnis inhaftierter Vater (Willi Fueter) nichts zutraut und der von seiner Mutter (Walburga Gmür) noch wie ein kleiner Junge behandelt wird, zum angesehenen Geschäftsmann und zukünftigen Ehemann einer schönen Blondine (Sabine Sesselmann) - zudem Tochter eines Millionärs (Gustav Knuth) - nur dank eines Coups, der kaum Nachahmer finden wird. Um an die Geldsendung seiner Bank von Zürich nach Genf per Flieger zu gelangen, schließt der Hobby-Erfinder sich selbst in eine Holzkiste ein - innen bequem ausgestattet und mit ausreichend Werkzeug, Proviant und sonstigen Hilfsmitteln versehen - stiehlt während des Flugs den Inhalt des Sacks im Frachtraum und verlässt die Kiste als dreifacher Millionär.
"Der Herr mit der schwarzen Melone" versucht gar nicht erst, dem Raub einen realistischen Anstrich zu geben. Schon während des Flugs geht fast alles schief, was schief gehen könnte. Ein als Versuchstier transportierter Hund schlägt an und die Kiste fällt fast zusammen, nachdem Hugo sie von Innen geöffnet hatte. Notdürftig flickt er sie zusammen, muss aber die Bretter auch dann noch von Innen richten, als der Gabelstapler die Kiste schon aus dem Frachtraum abholt. Da der von ihm befreite Hund ständig bellend um den Stapler läuft, wird ein Zollpolizist aufmerksam, im richtigen Moment aber durch ein flüchtendes Fahrzeug abgelenkt. Wohin die Kiste geliefert werden sollte und wie Hugo ihr letztlich unentdeckt entkam, beließen die Macher um Regisseur und Drehbuchautor Karl Suter gleich für sich, denn für die Wirkung des Films spielte das ebenso wenig eine Rolle, wie das hochwahrscheinlich positive Ende vorauszusagen.
Entscheidender ist der Schweizer Charakter des Films, der als zweite Zusammenarbeit von Produzent Erwin C.Dietrich, Regisseur Suter und Kabarettist Walter Roderer nach "So ein Mustergatte" (1959) entstand und mit populären Darstellern wie Gustav Knuth, Charles Regnier, Hubert von Meyerinck und Sabine Sesselmann auch auf den deutschen Markt abzielte. In "So ein Mustergatte" hatte Roderer schon eine Heinz Rühmann-Rolle gespielt, der für die Darstellung des am Ende siegreichen kleinen Mannes berühmt wurde, aber der schlacksige, langhalsige Roderer ist ein gänzlich anderer Typus. Gemächlich agierend und ruhig formulierend, wird er leicht von seiner Umgebung übersehen und nicht ernst genommen. Diese Unsichtbarkeit ermöglicht es erst durch die Maschen Schweizer Gründlichkeit zu schlüpfen, deren behauptete Perfektion sich als Trugbild erweist.
Dieser selbstironische Gestus, gepaart mit einem amüsanten Seitenhieb auf europäische Befindlichkeiten der späten 50er Jahre - Hugo gerät an der Seite der hübschen Christine und ihres Vaters Generaldirektor Meißen (gewohnt sympathisch und locker von Gustav Knuth verkörpert) in eine europäische Wirtschaftskonferenz - unterscheidet "Der Herr mit der schwarzen Melone" wesentlich von den in der Regel aktionistischen, oft auch zu Albernheiten neigenden deutschen Komödien dieser Zeit. Selbst die abschließende Fluchtsequenz, in der Hugo ohne Führerschein mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Stadt rast, gelang eher als Persiflage auf vergleichbare Komödiensequenzen - die Männer, die mit der Leiter eine Straße überqueren, kommen unbeschadet davon.
Von den Anspielungen auf hochnäsige Bankbeamte, bekanntlich besonders staatstragende Persönlichkeiten in der Schweiz, oder auf die Verhaltensmuster der High Society - sobald Hugo über Geld verfügt, benötigt er keines mehr - eine tiefergehende Gesellschaftskritik zu verlangen, wie es die zeitgenössische Presse bemängelte, wäre zu viel erwartet. "Der Herr mit der schwarzen Melone" versteht sich als unaufgeregte, sanft ironische Komödie in Schweizer Mundart (hochdeutsch untertitelt), die ganz auf den von Roderer gespielten Charaktertypus abgestimmt wurde und erstaunlich zeitlose Unterhaltung ohne peinliche Ausbrüche bietet, vorausgesetzt der Betrachter lässt sich auf das ruhige Tempo des Films ein. (7/10)