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Keanu Reeves spielt erneut den Killer John Wick. Der hat sich soeben sein Auto von einem russischen Gangster zurückgeholt und mit diesem Frieden geschlossen - eigentlich beste Voraussetzungen für Wick, um sich endlich wie geplant zur Ruhe zu setzen. Doch dann sucht ihn ein Gangsterboss auf, in dessen Schuld Wick steht und erteilt diesem den Auftrag, die eigene Schwester zu töten, um deren Platz am Tisch der mächtigsten Unterweltgrößen einnehmen zu können. Wick erfüllt den Auftrag gezwungenermaßen, womit er zum Gejagten wird.

„John Wick“ - Die neue Kultfigur des Actionfilms? Keanu Reeves nun in einer Reihe mit Willis, Schwarzenegger und Stallone? Das dürfte beim 2014 erschienen Erstling zumindest intendiert gewesen sein, schließlich wurde dieser ganz selbstbewusst nach dem von Reeves verkörperten Killer benannt. Nach dem Erfolg des Films dürfte der Name „John Wick“ nun tatsächlich jedem Actionfan ein Begriff und Keanu Reeves nach allerlei Flops wieder einigermaßen rehabilitiert sein. Da war es abzusehen, dass man nicht lang auf eine Fortsetzung würde warten müssen, die nun endgültig versucht, Titelfigur und Hauptdarsteller in den Action-Olymp zu katapultieren. So wird der Protagonist, den bis hin zum Feuerwehrmann jeder im Film zu kennen scheint, kurzerhand zur Legende in der globalen Profikillerszene erhoben. Und Wick wird, obwohl er eigentlich nur seine Ruhe haben will, seinem Ruf mehr als gerecht und fegt als grimmig dreinblickende Ein-Mann-Armee ganze Privatarmeen seiner Gegenspieler dahin.

Dabei wird das Schema des Vorgängers im Großen und Ganzen übernommen und erneut auf eine eher simple Rachestory gesetzt - und das bei etwa 20 Minuten (verzichtbarer) zusätzlicher Laufzeit. Was in Teil 1 noch ganz gut aufging, weil die simple, aber gleichermaßen gradlinige Geschichte um einen toten Hund und einen geklauten Wagen einer gewissen Ironie nicht entbehrte und den Actionfilm zügig in Gang brachte, funktioniert hier kaum noch. Beim Sequel schleichen sich nach einem blutigen wie bleihaltigen Beginn einige Längen ein, die weder genutzt werden, um der überschaubaren Handlung etwas Substanz zu verleihen, noch, um den eindimensionalen Figuren etwas Profil zukommen zu lassen. Reeves, der als dienstmüder, melancholischer aber auch eiskalter Killer regelrecht mit seiner Rolle verschmilzt und sich charismatisch wie nie präsentiert, hätte etwas mehr Background und emotionalen Ballast zu seiner Figur jedenfalls problemlos schultern können. Dass es stellenweise auch mal amüsant wird, wie etwa beim ironischen Auftakt oder bei der „Wein- und Waffenprobe“ sorgt in der ersten Filmhälfte zumindest für gepflegte Langeweile - bis es dann endlich losgeht.

Die Actionszenen, die vornehmlich in der zweiten Filmhälfte angesiedelt sind, entschädigen zumindest für manches. Während mit den bleihaltigen Schießereien, bei denen Blut und Hirnmasse bei Dauerfeuer nur so spritzen, der Bodycount in die Höhe getrieben wird, kommt es auch zu längeren Nahkampfszenen, die nicht nur dann überzeugen, wenn Wick mit Hilfe eines Bleistifts mehrere Gegner ausschaltet. Diesen Kampf-Sequenzen, die ohne allzu hektischen Schnitt gefilmt und im Stile eines Hong-Kong-Actionfilms fast tanzartig choreografiert sind, sieht man durchweg an, dass mit dem ehemaligen Stuntman und Stunt-Koordinator Chad Stahelski wie bei Teil 1 ein echter Experte für diese Materie Regie führte.

So brillant die Action-Szenen aber auch gemacht sind, wirklich packend ist „John Wick: Kapitel 2“ leider zu keinem Zeitpunkt. Wick ist, wie die Kampfmaschinen aus Zeiten des 80er-Jahre-Actionkinos, mit seinen übermenschlichen Fertigkeiten und seinem kugelsicheren Designeranzug schlicht und einfach unbesiegbar. Dass er ernsthaft verwundet werden könnte ist genauso unwahrscheinlich, wie, dass einer seiner unzähligen Gegner auf die Idee kommen könnte, mal auf den Kopf des Protagonisten zu schießen - während dieser selbst Kopfschüsse wie Bonbons verteilt. Gerade dann, wenn Wick selbst zum Gejagten wird und hinter jeder Ecke der Tod lauern könnte, hätte etwas mehr physische Verwundbarkeit seitens des Protagonisten durchaus für Spannung sorgen können.

Visuell ist „John Wick: Kapitel 2“ wie der Vorgänger perfekt durchgestylt und kühl in Szene gesetzt, das gilt z.B. für Schauplätze wie den Nachtklub in den antiken Ruinen Roms oder das Spiegelkabinett, in welchem sich das Finale abspielt. Getaucht werden diese Sets oft in surreal anmutende Neonfarben, die in ihrer Intensität mitunter fast an Dario Argentos „Suspiria“ erinnern. Die streng komponierten Bilder dokumentieren letztlich aber nicht mehr und nicht weniger als das krampfhafte Bemühen um oberflächliche Coolness und tragen in keiner Weise zum Aufbau einer Atmosphäre bei.

Dabei ist „John Wick: Kapitel 2“ nicht nur optisch, sondern auch inhaltlich in einer Parallelwelt angesiedelt, in der sich die Kriminellen einem strengen Kodex unterworfen haben und in einer eigenen Währung bezahlen. Sie steigen in speziellen Hotels ab, in denen Waffenruhe herrscht und niemand seinen Geschäften nachgehen darf. Nachdem all das im Vorgänger angedeutet wurde, entfaltet sich die Welt der Gangster und Killer hier stärker, ohne, dass dabei etwas wirklich Interessantes oder Packendes zu Tage kommen würde.

Fazit:
„John Wick: Kapitel 2“ ist nur dann wirklich unterhaltsam, wenn in den perfekt durchchoreografierten Action-Sequenzen geschossen und gekämpft wird. Ansonsten schleppt sich der substanzlose und krampfhaft um Coolness bemühte Actionfilm insbesondere in der ersten Filmhälfte allzu zäh dahin.

48 %

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