Review

kurz angerissen*

Man könnte das Suhlen im Blues der letzten Tage als prätentiös empfinden, die Western-Anleihen als gewollt, den Härtegrad nach „Deadpool“ als kalkuliert, zumal „Logan“ als Schlusspunkt völlig mit allen bisherigen Wolverine-Filmen bricht und sich nur mit seiner eigenen Ästhetik befasst, auch wenn sich deren Neuartigkeit einzig auf den X-Men-Kosmos bezieht. Folglich probiert James Mangold nichts Neues, wenn er „Shane“ aus dem Jahr 1953 auf einen rahmenlosen Flachbildfernseher projiziert und zum Muster für seinen eigenen Film erklärt, welcher zwar in der (nahen) Zukunft spielt, jedoch den Futurismus revidiert, den die vorangegangenen Soloausflüge Wolverines noch proklamiert hatten.

So fühlt sich „Logan“ gleichermaßen konservativ wie rebellisch an, je nachdem, in welchem Kontext man ihn betrachtet. Das Pendeln zwischen diesen Eindrücken macht den Reiz aus, gerade weil es die Heimatlosigkeit der Hauptfigur sehr schön reflektiert, die von Hugh Jackman ein letztes Mal unheimlich kraftvoll verkörpert wird.

Geboten wird erfreulicherweise nur wenig von jenen Zutaten, die das Superhelden-Genre weiterhin im Überfluss anbietet. Er weicht grundlegend von deren narrativer Struktur ab. Stattdessen herrscht Ziel- und Richtungslosigkeit vor, Verzweiflung bestimmt das Verhalten der Figuren, nicht Omnipotenz. Nein, „Logan“ ist keine Demonstration universeller Problemlösungsfertigkeiten, sondern die Darstellung der Probleme Einzelner mit ungewöhnlichen Hintergründen. Exkurse wie der Besuch bei einer Familie auf dem Land sorgen für menschliche Momente (und weitere Western-Motivik), die zentrale Dynamik zwischen Hugh Jackman und seiner sehr beeindruckenden Co-Darstellerin Dafne Keen tariert das erzählerische Gleichgewicht.

Typische Strukturschwächen fast aller Marvel-Filme wie die Zeichnung der Antagonisten sind zwar auch hier zu bemängeln, doch schon in der Präsentation der Action weicht „Logan“ wieder von seinen Ursprüngen ab – Zäune erweisen sich beim Durchbruchsversuch auch mal robuster als gedacht und kein Schnitt und keine Perspektive schützen mehr davor, die grausamen Auswirkungen der Attacken Wolverines und seiner Gefährtin betrachten zu müssen.

Die ganze Ironie zeigt sich schließlich darin, dass dieser so ereignislose, triste Film mit seiner Überlänge dennoch zu keinem Zeitpunkt ereignislos erscheint, wohingegen einige andere Überlängen-Orgien Marvels, die mit Spektakel und stumpfer Handlung vollgestopft sind, sich von einer redundanten Szene zur nächsten retten.

*weitere Informationen: siehe Profil

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