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Während mancher Versuch eines Shared Universe in der Filmwelt derzeit gern mal übers Knie gebrochen wird, geht der Versuch von der Produktionsfirma Legendary von filmübergreifender Monsterkloppe alte Traditionen zurück, die vor allem von den japanischen Toho-Studios mit ihren Godzilla-Filmen gepflegt wurden.
Nun also soll „Kong: Skull Island“ im Monster-Universum nach der „Godzilla“-Neuauflage von 2014 das zweite Schwergewicht des Genres jetzt rebooten. Und im Gegensatz zu Legendarys „Godzilla“-Film hat „Kong: Skull Island“ verstanden, dass King Kong und sein Design jedem Zuschauer bekannt sind, weshalb der Affe schon früh seinen ersten Auftritt hat, nämlich in der 1944 spielenden Auftaktsequenz, in der ein japanischer und amerikanischer Pilot über die titelgebenden Insel abstürzen, sich erst gegenseitig bekriegen und dann den Riesenaffen treffen. Der könnte in späteren Filmen gegen Godzilla antreten, was hier bereits eingeleitet wird: Ein Post-Credit-Sequenz verweist auf den mythischen Charakter von Godzilla, Mothra, Rodan und Co., aber es gibt weitere Querverbindungen.
Eine solche Verbindung stellt der Wissenschaftler Bill Randa (John Goodman) dar, der nach einem (von jeder Menge dokumentarischen Aufnahmen) Sprung ins Jahr 1973 die Szene betritt. Der Vietnamkrieg ist beendet und er will schnell eine Expedition zur mittlerweile von Satteliten entdeckten Insel zusammenstellen – die er mit dem Verweis darauf, dass die Russen ihnen bald zuvorkommen könnten. Schnell stellt „Kong: Skull Island“ noch das dazugehörige Figureninventar vor, was zu dieser Expedition gehört, darunter der britische Fährensucher James Conrad (Tom Hiddleston), die (Anti-)Kriegsfotographin Mason Weaver (Brie Larson) und Colonel Preston Packard (Samuel L. Jackson), der Kommandeur der Hubschraubereinheit, die sie nach Skull Island eskortieren soll.

Den Dauersturm, der die Insel umgibt, an deren Küsten immer wieder Schiffe und Flugzeuge verschwanden, überwindet man erfreulich gut, doch die Versuche den Boden durch bombeninduzierte seismische Aktivitäten zu vermessen, ruft den Riesenaffen Kong auf den Plan, der die Hubschrauber aus der Luft holt. Und die Überlebenden merken bald, dass er nicht das einzige Riesentier auf Skull Island ist…
Gewissermaßen ist „Kong: Skull Island“ ein filmgewordener Wunschtraum für die Fans klassischer Monsterstreifen, da er schnell zur Sache kommt und vor allem auf seine gigantischen Stars setzt und das noch dazu mit dicker Hollywoodknete im Rücken. Dabei ist, ähnlich wie Guillermo del Toros „Pacific Rim“, Vielfalt Trumpf: Kaum eine Monsterbegegnung wiederholt sich, auch wenn einzelnes Viehzeug wie die Riesenspinne oder der Riesenkrake dann auch nur für einzelne Szenen im Film auftritt. All die Tiere, seien es nun Kong, die echsenartigen Skullcrawler, die als seine Erzfeinde etabliert werden, oder andere Vertreter der gigantischen Fauna, sind mit Liebe zum Detail animiert und wirken trotz (nötiger) CGI-Herkunft stets richtig am Platze, sind keine Fremdkörper, auch da sie mit viel Sachverstand animiert wurden. Dass der Film dabei immer noch auf eine gewisse Menge von liebevoll ausgestalteten Sets, realen Drehorten (u.a. auf Hawaii) und handgemachten Tricks wie Explosionen arbeitet, trägt zum Spaßfaktor bei, da „Kong: Skull Island“ nie zum seelenlosen Greenscreen-Spektakel verkommt.
Und das Gebotene hat es in sich: Eine ganze Hubschrauberflotte gegen den Riesenaffen, danach Scharmützel zwischen Menschen und Riesengetier am Boden sowie Monster-vs-Monster-Fights. Unterstützt von Second-Unit-Regisseur und Stunt Coordinator Spiro Razatos entfacht der aus dem Indie-Bereich stammende Regisseur Jordan Vogt-Roberts in seiner ersten Großproduktion eine Actionsause, die sich gewaschen hat, aber seine Actionszenen stets auf die richtige Länge bringt, im Gegensatz etwa zum nicht enden wollenden Kampf von Kong mit den drei Dinosauriern in Peter Jacksons „King Kong“ von 2005. Die Action hat Drive, ist einfallsreich inszeniert (etwa wenn Kong Bäume als Wurfgeschosse und Schläger verwendet oder sich fleischfressende Vögel in einen Kampf zwischen Menschen und Skullcrawlern einmischen) und liefert abwechslungsreiche Gefechte, die wunderbar über den Film verteilt sind und sich bis zum Finale zu steigern wissen.

Wie dieses Finale aussehen wird, das ahnt der Zuschauer spätestens ab dem Zeitpunkt, an dem Hank Marlow (John C. Reilly), der abgestürzte US-Pilot aus der Eingangssequenz, die Überlebenden darüber aufklärt, dass die Skullcrawler von einem besonders großen Exemplar angeführt werden, das dann hervorkommen könnte, wenn es eine Chance wittert Kong zu besiegen. Denn Kong ist wichtig für das Ökosystem der Insel, womit der Film kleine politische Spitzen in Richtung ökologischen Raubbaus austeilt. Eine andere Thematik, die überdeutlich über dem Film schwebt, ist der Vietnamkrieg, der nach seinem offiziellen Ende nun auf die Dschungelinsel getragen wird: Nicht nur ist der Heldenname James Conrad bereits eine Anspielung auf den Schriftsteller Joseph Conrad, dessen Buch „Heart of Darkness“ die Grundlage für Francis Ford Coppolas „Apocalypse Now“ war, auch Packard erscheint wie eine schwarze Version von Colonel Kurtz, wenn dieser fanatisch daran denkt seine Männer zu rächen und Kong auszulöschen. Dass dabei natürlich Napalm ins Spiel kommt, versteht sich inmitten der Vietnamreferenzen fast von selbst.
Jedoch ist Packard eine starke Nebenfigur. Ein Soldat, der außer dem Kämpfen nicht viel hat, der einen Feind braucht. Ebenso sieht es bei seinen Männern aus, die nicht nur reine Metzelmasse bleiben: Von Mills (Jason Mitchell), der heim zu seiner Mutter möchte, bis zum verschrobenen Cole (Shea Whigham) sind hier diverse Charakterköpfe dabei, auf deren Überleben man hofft, weshalb viele der Monster- und Abenteuerszenen echte Spannung auslösen. Da verwundert es, dass ausgerechnet die Hauptfiguren in genauso knappen Pinselstrichen wie der Supportcast gezeichnet werden: James ist ein Soldatensohn, der den Vater verlor und sich deshalb in Krisengebiete flüchtet, Mason ist halt gegen Krieg und fotographiert deshalb seine Schattenseiten, das war es auch schon.

Immerhin beweist der Film dafür bei der Besetzung ein gutes Händchen: Tom Hiddleston überzeugt auch in der eher ungewohnten Rolle als muskulöser, tougher Actionheld mit Umsicht, während Brie Larson als starke Frau immer Männerhaufen ebenfalls zu bestehen weiß. Stark ist Samuel L. Jackson als fanatischer Militär, während von seinen Untergebenen vor allem Shea Whigham als leicht neben der Spur stehender, kaum aus der Ruhe zu bringender Cole Akzente setzt. John Goodman ist gewohnt gut, kommt aber kaum zum Zug, während John C. Reilly sowohl für emotionale Momente als auch für humoristische Auflockerung sorgt. Der Rest der Nebendarsteller ist routiniert, auch wenn Leute wie Corey Hawkins und Jing Tian etwas zu kurz kommen, doch andrerseits ist klar: Die Stars kommen hier aus dem Rechner. Für Kongs Motion Capturing hat man den bereits affenerfahrenen Toby Kebbell („Dawn of the Planet of the Apes“) verpflichtet, der noch dazu als Schauspieler eines Soldaten auftritt.
Unterlegt ist die Affensause mit zeitgenössischen Hits wie „Bad Moon Rising“ von Creedence Clearwater Revival, „Ziggy Stardust“ von David Bowie und (in einer der eindrucksvollsten Szenen des Films) „Paranoid“ von Black Sabath, während Vogt-Roberts starke Bilder findet (etwa bei den Zeitlupenaufnahmen der Helikopter) und noch dazu störenden Ballast über Bord wirft – dies ist dankbarerweise ein Kong-Film, in dem der Affe sich nicht in das holde Menschenweib verlieben muss. Zudem besitzt „Kong: Skull Island“ sehr viele Elemente des klassischen Abenteuerkinos, die ausgesprochen stimmig mit dem Effektspektakel verflochten werden und dabei manchmal sogar leicht in Richtung des Horrorkinos gehen, denn mancher Tod ist doch recht unangenehm. So wirkt dann ein humorvoll gedachter Umschnitt auf den Biss in ein Schinkensandwich, nachdem ein Soldat in Richtung von Kongs geöffnetem Maul fällt, als unschöner Stilbruch, aber es bleibt diesem einen Faux Pas und die sonstigen, meist dezenten Gags funktionieren wesentlich besser. Zudem sind nicht immer alle Figurenentscheidungen ganz glaubwürdig, etwa wenn James und Mason sich entscheiden die Militärs doch aufhalten zu wollen, nachdem sie sie kurz zuvor haben ziehen lassen.

Doch insgesamt ist „Kong: Skull Island“ ein wahrgewordener Traum für Fans der Monsterfilms, der reichlich (und abwechslungsreiche) Action mit den gigantischen Kreaturen bietet, nebenher mit zahlreichen Verweisen auf den Vietnamkrieg(sfilm), das Zeitgeschehen und das Monstergenre aufwartet und gut besetzt ist. Natürlich lässt der Film nie Zweifel daran, dass die wahren Stars hier aus dem Rechner kommen und erzählerisch hakt es an zwei, drei Stellen minimal, aber das mindert den Spaß an dieser edel bebilderten Monster-Actionsause nicht.

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