Review

Mit "Camp" bezeichnen die Engländer eine bestimmte Stimmung, die Inszenierungart eines Films, nur leider kann man das schlecht übersetzen. Die Deutschen machen oft Trash daraus, aber das stimmt nicht ganz, cheesy trifft es ein bißchen, aber schräg und immer ganz genau ein wenig neben der Spur, die man erwarten könnte, ohne beabsichtigt komisch zu sein, kommt der Sache näher.

Wenn man über so einen Film stolpert, ist das Zwerchfell vor nichts und niemand sicher und "Freibeuter des Todes" ist so ein Streifen, bei dem einem das Gebiß aus der Fassung fallen kann vor Lachen.
Aber ich will das genauer ausführen: beim deutschen Titel denkt man an einen Piratenfilm, beim Original ("The Island" an Robinson und die blaue Lagune. Das Poster schließlich zeigt eine düstere Insel, ein dümpelndes Boot und im Vordergrund stößt eine narbige Hand mit einem verdammt scharfen Messer durch die Wasseroberfläche?
Slasherfilm?
Nein. Doch. Irgendwie von allem etwas.

Die Vorlage jedenfalls, so lernen wir, ist von Peter Benchley und der schrieb "Der weiße Hai". Wird also wässrig, was anderes kann der gar nicht.
Auftakt in der hintersten Karibik: eine pichelnde Ausflugsgruppe breitärschiger Saftsäcke macht einen dicken Fang und gibt sich dann abends verdient die Kante. Plötzlich schwebt ein Kanu mit Plane daher, eine Hand hängt raus! Olala, gibt es schon Zerstückeltes? Klar, aber nicht wie erwartet: die Plane wird gehoben, ein Schatten wächst hoch und der erste Sack, bzw. sein Ersatzgummikopf (herrlich künstlich trotz nur einer halben Sekunde) bekommt eine Axt in die Omme, aber frontal. Dann noch ein Bein abgehackt, der Rest ist für die Fische.
Bald darauf müssen auch noch zwei Familien dran glauben, das Mütterlein schön plastisch mit einem Draht erwürgt, beinahe enthauptet.

Inzwischen ist Michael Caine, als rieselnder Reporter aber schon unterwegs to Bacardi Island, weil er die Story seines Lebens wittert. Leider hat er an diesem Weekend seinen 12-Jahre-Sohnemann am Hacken, schleift ihn aber locker nach Florida (nach erfolgtem Kauf einer Handfeuerwaffe für den Kleinen, muharhar...) und dort an Bord einer schrottreifen Frachtmaschine, die auf "The Island" dank nicht ausfahrbaren Gestells die Biege macht.
Dort gestrandet macht man dank mangelnder Infos erst mal eine Fischertour, bei der man ein Teenagermägdelein retten will, die aber mit irrem Blick den Sohnemann in die Tiefe reißt. Gleichzeitig greift ein Vollbartzombie Michael an und wird in die nächste Welt geschossen, nicht ohne den Star des Films durch das wackelnde Boot in eine Ohnmacht fallen zu lassen, als er sich den Kopf an der Reeling stößt. Der Caine...äh Kahn war sein Schicksal!

Als man wieder aufwacht, ist offenbar Karneval im Atlantik. Caine findet sich angebunden zwischen einer Horde Faschingsfiguren, die aussieht, als hätten die Insassen einer Anstalt ein Einkaufszentrum geplündert. David Warner sitzt in der Mitte und alle labern ein fremdartiges, mit verständlichen Wörter nur selten gewürztes Sing-Sang-Kauderwelsch, während sie lückenhafte Zähne präsentieren.
Man braucht wie Caine den halben Film, um zu begreifen, was hier los ist: das sind die Nachfahren echter Freibeuter, die immer noch wegen Lebensunterhalt fleißig im Bermudadreieck Boote klarmachen, am besten mit der Axt. Verstehen kann man die Jungs auch kaum, dafür sabbeln sie zuviel Schwund, auf jeden Fall adoptiert Warner mal eben Sohnemann, der einer 48-Stunden-Schnell-Gehirnwäsche unterzogen wird und dann Tuborg oder so ähnlich heißt, nachdem man ihm die Augenlider mit Zahnstochern hochgehalten hat (juhajuha...)
Caine hat gleichzeitig mit seinem Fangschuß das Sakrileg begangen, den Männe von einer der wenigen noch nicht durch Inzucht grenzdebilen Frauen ausgelöscht zu haben und wird nun zum Samenspender befördert.
Natürlich muß die Schöne ihn noch annehmen per Zeremonie, wozu sie als frische Witwe mal eben mit einer Schlammmaske par excellence in den Kral tritt. Zum Glück sieht sie sonst schöner aus.

Den Rest des Films muß man dann frustriert miterleben, wie Caine nie so recht von der Stelle kommt, in seinem Bemühen, von der Insel zu entweichen. Ein Besucher erweist sich als Falle, ein hilfreiches Boot soll ihn in die nächste Welt befördern und beim Schwimmfluchtversuch kommt er einer Giftqualle in die Quere. Dafür wird aber nicht er erschossen, sondern seine Angeklebte bekommt das Gummivieh über die Brüstung gezogen. Das zwiebelt.

Zwischendurch darf er dann auch mit auf Beutefahrt, wo die Jungs ein stämmig-großes Segelschiff (Dreimaster) niedermachen. Die fröhlichen Jungs und Mädels wollten doch nur Sonne und Saufen und werden gnadenlos niedergemäht. Mittendrin ein sinnfreies Intermezzo, in dem ein offenbar schwules (er trägt knappste Shorts und ein vor dem Bauch geknotetes T-Shirt) Muskelmännlein mit wallender Haarpracht angesichts von fünf Dutzend schwertbewaffneter Irrer versucht, das Deck per lächerlicher Kung-Fu-Tritte zu säubern, bis er ein Eisen in die Rippen kriegt. Wer jetzt nicht jodelnd in den Seilen hängt, dem ist nicht zu helfen.
Gerechtfertigt wird das Massaker, bei dem Sohnemann einen prachtvollen Kopfschuss ansetzt, dadurch, daß die Twens kiloweise Kokain mit sich rumschippern. Schuld und Sühne a la Hollywood.

Alsbald kennt Sohnemann seinen Daddy nicht mehr richtig und pustet ihm in Wilhelm-Tell-Manier schon mal eine Kürbis aus den Gräten. Trotzdem will Caines Martyrium nicht enden, auch nicht, als er das Pulvermagazin sprengt und die draußen schippernde Drogenfahndung der US-Marine auf sich aufmerksam macht. Tatsächlich metzeln die Freibeutel die komplette Besatzung bei nur drei Mann Verlust nieder und das sind nicht wenige - dennoch nervt die schlechte Quote der Marine bedenklich.
Doch schließlich muß ein Happy-End der Marke unausstehlich folgen, aber was für eins! Selbstjustiz ist immer in und bei Michael läuft nach dem letzten Massaker die Haßmaske so richtig amok und er greift zur bordmontierten Artillerie mit Durchlaufmunition und pustet die ganze Sippe in die nächste Welt.
Johoho und ne Buddel voll Rum, ich kann die Camp-Fans jubeln hören. Daraufhin stellt er sich Sohnemann, der den Megastar natürlich plötzlich nicht umlegen kann, so daß das finale Duell mit Warner entscheiden muß, wer im La-La-Land der bessere Vater ist.

Es ist wahrhaft unglaublich, man muß diesen infantilen Kasperquatsch gesehen haben, der mehr offene Enden zurückläßt, als Tausendfüßler Beine haben. Das Wunder der Evolution wird hier präsentiert, die ach so unglaubliche abgeschieden lebende Gemeinschaft in der Isolation, die ohne Massaker an modernen Booten vermutlich was anbauen müßte. Aber alles ist vorhanden: eigene Gesetze, ein Verhaltenskodex in einem dicken Buch, die großen Legenden aus dem 17.Jahrhundert. Trotzdem sehen alle aus wie kostümierte Deppen, nur Warner kleidet sich halbwegs brauchbar, während Caine die ganze Zeit verbissen abwesend durch seine Woody-Allen-Brille schaut, als sei er im falschen Film. Immerhin wird hier mal der männliche Darsteller regelrecht bestiegen, sonst auch eher selten.

Wem also dieser filmische Torf über den Weg laufen sollte, greife schnell nach der nächsten Haftcreme und ordentlich Hochprozentigem und tue sich das Teil auf Geweih und Verderb an: selten war Komik unfreiwilliger und hatte einen Plot, der so fassungslos macht, daß man unbedingt wissen will, wie es weitergeht. (4/10)

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