Die Handlung von "Tell Me Something" wirkt zunächst einmal recht unelegant zerstückelt - passend zu der Art und Weise, wie die Opfer des unheimlichen Serienkillers aus dem Leben scheiden. Auch eine gewisse Langatmigkeit scheint diesem doch sehr deprimierenden Thriller phasenweise den Thrill zu nehmen und man ist gelegentlich versucht, sich einfach etwas mehr Tempo, mehr Action, mehr Drive zu wünschen. Denn enttäuschenderweise ist das Dargebotene auch grafisch kaum so schockierend, wie es die eigene Erwartungshaltung erhoffen (oder befürchten, je nachdem) lässt.
Zwar kommt der rote Saft wirklich kübelweise zum Einsatz und auch an Leichen mangelt es nicht, die man in anschaulichen Nahaufnahmen (zumindest 'teilweise') aufgetischt bekommt; dennoch berührt, bzw. beunruhigt das zumindest den Genre-Vielseher nicht wirklich. Da hatte Finchers "Sieben" bereits drei Jahre zuvor doch visuell eine wesentlich heftigere Wirkung, als Chang Yoon-Hyuns Regiearbeit von 1999. So ist man alsbald geneigt, den Film irgendwo im Mittelfeld handelsüblicher Serienkiller-Flicks einzuordnen, die zwar nicht wirklich enttäuschen, sich jedoch auch kaum durch Nachhaltigkeit auszeichnen.
Aber setzt man sich etwas reflektierter mit "Tell Me Something" auseinander, eröffnet sich unter Umständen doch eine gänzlich andere Perspektive.
Verlässt man dafür die bequeme, da passive Position des unbeteiligten Zuschauers, der vielleicht gewohnheitsmäßig lediglich darauf wartet, dass ihm die Auflösung des wüsten Treibens vom ermittelnden Cop am Ende auf einem Silbertablett präsentiert wird und beteiligt sich stattdessen an der analytischen Interpretation der Vorgänge und versucht sich an einer Rekonstruktion des Psycho-Puzzles, dann erweist sich diese südkoreanische Darbietung doch als wesentlich vielschichtiger, als auf den ersten Blick fassbar.
Das Frösteln stellt sich unter Umständen (perfiderweise!) erst nach dem Abspann ein, wenn sich die möglichen psychologischen Motive des Täters allmählich ins Bewusstsein drängen und retrospektiv ein Gesamtbild entsteht, welches eine Deutung vieler - zunächst scheinbar belangloser - Details zulässt. Was sich ergo während des erstmaligen Sehens noch als prototypischer Serienkiller-Plot darstellt, bietet im Nachhinein Anreiz für wildes, diagnostisches Spekulieren, da eine eindeutige Interpretation der Handlungen und Motive des Täters vielleicht möglich, jedoch anhand des Gezeigten nicht unbedingt zweifelsfrei belegbar ist.
Diese Ambiguität betrifft vor allen Dingen die persönliche Beziehungsebene zwischen dem Täter und den weiteren Beteiligten. Bei der zweiten Sichtung des Films ist man ob der nun vorhandenen Kenntnisse jedenfalls deutlich motivierter, auf gewisse Untertöne zu achten, die vieles in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen. Scheinbar unbedeutende Nebensätze erhalten plötzlich Gewicht und vielleicht ist man als Zuschauer nun auch sensibilisiert, vermeintlich marginale Gefühlsregungen der Akteure wahrzunehmen -- schlichte Gesten, Blicke und Symbole, die einem zuvor einfach entgangen sind.
Da stört es kaum, dass quasi keiner der Beteiligten die Bezeichnung eines Sympathieträgers verdient. "Tell Me Something" ist in seiner Wirkung schlichtweg kalt, hart, dunkel und distanziert. Eine Emotionalisierung des Zuschauers nach den Regeln Hollywoods findet erfreulicherweise nicht statt. "Tell Me Something" bietet inhaltlich jedoch deutlich mehr, als die vermeintlich vordergründige Thematik und bisweilen sehr plakative Präsentation vermuten lässt. Da der Replay-Faktor entsprechend hoch ist, ist eine sehr gute Bewertung wohl durchaus angemessen. (7,5 / 10)