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kurz angerissen*

Ein historisches Setting (aus der etwas jüngeren chinesischen Geschichte als üblich), ein fahrendes Klettergerüst zum Herumturnen und Robin-Hood-Gesten im Kampf gegen böse japanische Besatzer, mehr braucht es eigentlich nicht, um einen Jackie Chan glücklich zu stimmen. "Railroad Tigers" ist von vorne bis hinten auf den Action-Altmeister abgestimmt und holt tatsächlich noch einmal die letzten Reserven aus der Dampflok. Die kann zwar längst nicht mehr so höllisch aufheizen wie noch vor einem Vierteljahrhundert, gibt aber ausnahmsweise noch einmal eine Ahnung davon, wie es sich damals anfühlte, Chan in Aktion zu sehen.

Auch wenn die Geschwindigkeitsstreifen inzwischen nicht mehr von seinem Körper ausgehen, sondern von der mobilen Kulisse - der Film hält durchweg ein moderates Tempo, das einem zwar nicht gerade den Skalp vom Kopf pustet, aber doch den Wind im Haar spüren lässt. An Orten wird selten lange verweilt, Dialoge dauern meist nur Augenblicke und laufen generell in schneller Frequenz ab. Physische Slapstick erhöht die Kurzweil zusätzlich (wunderbar die Szene, als sich Chan und seine Mannen umständlich eine Mauer hinaufziehen, um ein paar Meter weiter plötzlich eine Leiter zu entdecken), ohne in Hysterie zu verfallen. Zwar fehlen die ganz großen Höhepunkte (der einzige große Action-Klimax, das Finale, ist nun nicht gerade eines der besonders erwähnenswerten Sorte), für Akrobatik ist aber durchweg gesorgt, wobei der Hauptdarsteller diese inzwischen nicht mehr für sich alleine beansprucht, sondern gleichmäßig an seine Mitstreiter umverteilt. Die in satten Ocker-, Rot- und Blautönen gehaltene Optik wirkt recht eigenwillig, hat aber durchaus Charakter.

Insofern ein annehmbares Chan-Spätwerk, das allerdings nach vorgefertigten Schablonen angefertigt worden zu sein scheint. Schon dass jede zweite chinesische Produktion mit historischer Handlung zwanghaft in einen Jetztzeit-Erzählrahmen mit lernbegierigem Kind gepresst werden muss, stört das völlige Eintauchen in die Epoche; auch ist nichts an "Railroad Tigers" in irgendeiner Art und Weise mutig oder progressiv, sei es in Sachen Inszenierung oder in der Darstellung chinesisch-japanischer Beziehungen, die mit unsicherem Tonfall unterlegt werden - phasenweise kollidieren komödiantische Einlagen unschön mit angedeuteter Brutalität. Auch als Neo-Eastern mit Western-Motiven (im amerikanischen Industrialisierungswestern spielte der Eisenbahnbau schließlich eine gewichtige Rolle) ist kein Bemühen darum zu erkennen, das prinzipiell reizvolle Spiel mit den Kontrasten von West und Ost auf eine neue Ebene zu führen. Und dennoch: Lieber noch zehnmal "Railroad Tigers" als auch nur noch ein weiteres Mal "Kung Fu Yoga".

*weitere Informationen: siehe Profil

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