Review

"Rogue One" liefert das endlich nach, was seit dem Ende der ersten klassischen Trilogie nicht mehr gelungen ist: Den wohlgeschätzten klassischen Star Wars-Charma und -Charakter einzufangen - ohne den ganzen peinlichen Kinderkitsch und übermäßigen Einsatz von quirligen und obendrauf schlechten Spezialeffekte (gemeint sind z.B. die völlig überfüllten Schlachtfelder, der hüpfende Yoda oder der Ritt von Obi Wan auf einer Riesenechse o.ä.). Sehr positiv ist hier, dass noch Platz für echte Schauspielkunst ist und nicht alles voller hektisch-geistlosem Geprügel und Geschieße ist. Hier sieht man noch deutlich, dass Soldaten Angst haben, dass Mord etwas Schlimmes ist, dass die Figuren nicht nur einer Story entlang hetzen, sondern auch noch Tiefgang haben.

Natürlich gibt es auch Stoff für Kritik, diese fällt Summasummarum aber im Verhältnis zum Positiven gering aus. Wieso tragen die Star Wars-Truppen superschicke Rüstungen, wenn sie Null-komma-Null schützen? Wieso sind die Strumtruppler immer nur charakterloses Kanonenfutter? Wo kommen die unzähligen Resourcen zum Kämpfen her - das ganze müßte Unsummen an Geldern und Material sowie Personal verschlingen? Wieso sind die imperialen Truppen so schlecht koordiniert, tauchen aber immer wie aus dem nichts in großer Anzahl auf? Wieso ist das imperiale Personal so unachtsam bezüglich der Sicherheit und Zugangsbefugnisse? Wieso ist das Imperium so doof und zentralisiert sich, und macht sich damit angreifbar? Wieso sind imperiale Sternenkreuzer so unwendig? usw.

Sehr schön sind die vielen verschiedenen Rassen, hier hat z.B. im Vergleich Star Trek keine Chance. Es ist ein Genuß, die vielen verschiedenartigen Spezies zu bewundern. Wobei ohne zu Spoilern das Beamen an der ein oder anderen Stelle hilfreich gewesen wäre. ;)

Toll sind die altbekannten Gesichter, die mit modernster Computer eingefügt wurden, man sieht nur an den glubschig-leblosen Augen kleinste Abweichungen, diese erinnern etwas an "Gollum" aus den Tolkin-Verfilmungen. Die deutschen Synchronstimmen sind teilweise etwas mißglückt, z.B. die Stimme von Lord Vader wirkt viel zu weich, hoch und freundlich. Die Weltraumkämpfe hingegen sind schon oberste Liga, v.a. wird auch endlich mal getroffen und nicht immer nur geballert. Positiv werte ich auch, dass es keine Superhelden-Rambos gibt, wer austeilt und seine Deckung aufgibt, muss auch einstecken - so ist das realistisch. Noch etwas zu kurz kamen für meinen Geschmack die Portraitierung der Charaktere und der Sinn für Humor. Es dürfte ja z.B. auch mal ein Blaster runterfallen, der dann jemand erschießt (wie in Lethal Weapon) oder ein Strumtruppler ausrutschen, stolpern oder ähnliches...

Die Auswahl der Schauspieler ist nicht mißlungen, aber die Darsteller reichen von Ihrer Leistung sicher nicht an einen Harrison Ford, Bruce Willis oder z.B. Christian Bale heran. In einigen Szenen kommt die Mimik etwas zu kurz. Jyn (was für eine depperter doppeldeutiger Name!) hat zwar wunderschöne Augen und einen tollen Kussmund, aber ich hätte mir gewünscht, dass ich sie nicht nur mit dem Gesichtsausdruck starrend, weinend und erzürnt zu sehen bekomme.

Zu guter letzt sei noch ein Vergleich mit der Weltpolitik erlaubt: Das Imperium erinnert durchaus an die "Weltgemeinschafts"-Globalisierungs-NATO und die Allianz bzw. die Rebellen an deren Gegner bzw. andersdenkende Nichtmitglieder, die ihre eigene Kultur wahren und unabhängig "protektionistisch" bleiben wollen. Die Unterstützer des Imperiums sind sich überwiegend darin einig, dass man nur das "Gute" erreichen will und Uneinsichtige mit Waffengewalt zu überzeugen hat...

Fazit: Die beste Neuverfilmung seit "Teil VI Die Rückkehr der Jedi-Ritter" und "Kampf um Endor", nur wenig Schwächen, dafür viele Stärken. Für Scifi- und Star-Wars-Fans ein absolutes Juwel, für den Rest ebenfalls sehenswert. Es gibt endlich auch mal Handlung, statt nur immer Kämpfe. (8/10)

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