Ein einsam gelegenes Haus in waldiger Gegend: Ein alter Herr hat seine vier Söhne herbeigerufen, da die Mutter im Sterben liegt. Bevor die Söhne, jeweils paarweise aus erster und jetziger Ehe der Mutter, eintreffen, erhält der Vater Besuch von einem Mann in Zivil, der ihn eindringlich bittet, eine Tasche anzunehmen mit gewissen Dingen für die Mutter. Nur sehr widerwillig wird die Tasche angenommen, um kurz darauf im Küchenmülleimer zu verschwinden. Dann treffen die Söhne, der eine mit Freundin, am Haus ein und die Nacht senkt sich über das hellerleuchtete Anwesen...
Hinter dem Allerweltstitel "Mercy" verbirgt sich ein kleiner aber feiner Thriller, der recht konventionell beginnt, dann aber zunehmend Spannung erzeugt und erst nach und nach die eigentlichen Hintergründe preisgibt.
Zunächst die mit unterschiedlichen Erwartungen angereisten Söhne, die sich auch untereinander nicht einigen können, wie sie mit der an Geräte angeschlossenen Mutter umgehen sollen; der patriarchalisch auftretende Vater und die ominöse Tasche im Mülleimer. Währenddessen schleichen maskierte Gestalten um das Haus, die etwas vorhaben, sich aber gänzlich anders als vergleichbare Kommandotrupps verhalten. Seine Spannung bezieht "Mercy" auch aus der Tatsache heraus, daß die Hausinsassen zunächst gar nicht ahnen, daß sie in Gefahr sind. Die ersten Toten scheint es mehr aus Zufall bzw. aus der Verkettung unglücklicher Umstände heraus zu geben.
Ein besonderer Kniff ist, daß nach etwas mehr als der Hälfte des Films, der bis dato fast nur in der dunklen Nacht im und um das Haus spielt, ein paar Stunden "zurückgespult" wird und das Geschehen, vor allem dessen Vorbereitung am hellichten Tag noch einmal, diesmal jedoch aus Perspektive der Invasoren gezeigt wird, bevor dann die Stränge wieder zusammengeführt werden und die Handlung bis zum frühen Morgen weiterläuft. Ein Kunstgriff, der einige Fragen beantwortet und zudem die Spannung am köcheln hält.
Während die Hausinsassen dezimiert werden, haben die Invasoren ebenfalls Ausfälle zu beklagen und einer von ihnen steigt wegen Gewissensbissen sogar aus, bevor dann am frühen Morgen nach Sonnenaufgang ein kurzer showdown die Sache beendet, aber dennoch einige Fragen offenlässt.
"Mercy" kann zwar nicht mit allzu überraschenden Wendungen aufwarten, auch haben sämtliche Protagonisten viel zu wenig screentime, um irgendein Profil zu entwickeln (sympathisch ist ohnehin keiner von ihnen), der Film weiß jedoch auf unspektakuläre Art zu unterhalten. Die dezente, zurückhaltende Bildführung, meist im Halbdunkel, der Verzicht auf grelle Effekte oder Schnellschnitte lassen eine stets in der Dunkelheit verborgene Unruhe über die bevorstehenden Ereignisse entstehen, welche die Spannung konstant hochhält. Von mir 5 Punkte.