Review

Die gute(n) Nachricht(en) zuerst: Der zu Lebzeiten bereits in Teilen als 'Legende' geltende Filmemacher Ringo Lam hat nach längeren Hiatus seiner bis dato doch überschaubaren, für Viele sowieso erst seit 1987 als wichtig im Sinne von auch 'substanziell' seienden Filmographie ein neues Werk hinzugefügt, was als Fakt und Umstand allein schon die Bemerkung und das Frohlocken fast wert ist. Zudem handelt es ebenfalls um ein dem urbanen Thriller- & Crimemilieu zuordbares Projekt, dass gleich in mehrerlei Belangen eine Brücke zu den bis Heute renommeeträchtigen City on Fire [ 1987 ] und Full Alert [ 1997 ] und als geäußerten Abschluss dieser sogenannten 'City - Trilogie' Wild City [ 2015 ] als Comeback schlägt. Ein Genre, dass damals vor zehn bis zwanzig Jahren entscheidend gefragt auch beim Publikum, begehrt bei den Kritikern und mit ursächlich für den ehedem Zuspruch auch im westlichen Ausland vom HK - Kino als ernstzunehmende bis beliebte Größe der Filmlandschaft war. Die schlechte Nachricht: Der Film ist tatsächlich nicht gut, sondern bestenfalls merkwürdig (im Heartfall Arise Stil), was er anfangs noch mit einer kleinen Handvoll wilder Actionszenen, allen voran diversen Stunts per Autokarosserie und so der Zerstörung eines halben Fuhrparks rettet, dann aber (erstaunlicher- und fatalerweise) komplett baden geht:

Der für Sky One, einen höchstmodernen Gesundheitskomplex und den dortigen Firmeninhaber Dr. Tang [ Fan Guang-yao ] tätige Sicherheitschef Tinbo [ Daniel Wu ] gerät in die moralische Zwickmühle, als nacheinander zwei Parteien einen Laster mit regenerierenden Stammzellen stehlen wollen. Da wäre zum einen die kleine Truppe um Poon Ziwan [ Zhang Ruoyun ], dessen Vater und früherer Partner von Tang die eigentliche Erfindung vollbracht, aber kurz darauf in einem verheerenden Feuer im Labor umgekommen ist. Und zum anderen der nur zufällig am Tatort vorbeikommende ehemalige Soldat Jia [ Joseph Chang ], dessen Adoptivschwester Jia [ Amber Kuo ] an Krebs im Endstadium leidet, sich die teure Behandlung allerdings nicht leisten kann. Zwar willigt Tangs ebenefalls forschende Ehefrau Dr. Gao Yu [ Zhang Jingchu ] als Poons Protegé ein, die Kosten zu übernehmen, schickt ihr Ehemann Tang allerdings trotzdem oder vielleicht auch gerade deswegen seine Killertruppe unter Wolf [ Li Hai-tao ] los, so dass sich der noch zwischen allen Stühlen stehende Tinbo, der zudem auch seine Frau an Krebs verloren hat, nunmehr schnell entscheiden muss.

Lam, der wie Woo und Hark und (Kirk Wong) zu den eifrig Erwähnten und Ausgewählten Größen der damaligen Industrie und so auch mit zu den vorübergehenden Übersiedlern in das amerikanische Hollywood gehörte, hat mit seiner Rückkehr schon eher verhaltene Reaktionen ausgelöst; Wild City als auf jeden Fall interessantes Werk, dass gängige Themen behandelt, mit teilweise forschen, chaosartigen Actionszenen vor allem in Bereich der Autoverfolgungsjagd und auch körperlichen Auseinandersetzungen, dem bevorzugt gewählten Terrain des Regisseurs demnach aufwartet und trotz neu auftretender Schwierigkeiten ganz allgemein mit den Drehbedingungen, den politischen und gesellschaftliche Veränderungen und anderen Prämissen des Publikums überaus kompetent auch, allerdings nicht begeisterungsfähig und nach Meinungen Vieler zu sehr standardisiert umgeht.

Dem besseren Durchschnitt der Pflicht dort sollte 2016 mit Sky on Fire die Kür erfolgen; sind die bisherigen Kritiken allerdings wesentlich vernichtender, und noch schlimmer eventuell: das finanzielle Einspiel gerade im wichtigen Markt der Volksrepublik (trotz derzeit mehrerer Blockbuster auch aus dem Genre) mit bloß 5 Mio. USD geradezu vernachlässigens- bis bemitleidenswert, was dann möglicherweise schon wieder das Ende von der Auferweckung Lams und der letzte Nagel zum Sarg ist. [Glücklicherweise gab es als Trost zuvor schon Rechteverkäufe in andere asiatische Länder und auch den USA.]

Das miserable Resultat an den Kinokassen ist dabei eigentlich unerklärlich angesichts auch der Starbesetzung durch Daniel Wu, der vorhergehenden Aufmachung als Action-Kassenschlager und den vergleichbaren Erzeugnissen, die teilweise das 15 - 20fache an Zuwendung durch das zahlende Publikum erhalten haben. Schlechte Kritiken allein können dies nicht verschulden, und durch exorbitant inhaltliche Stärke, dessen Fehlens hier eher offensichtlich ist und auch (völlig zu Recht) vorgeworfen wurde, sind auch die anderen Vertreter wie bspw. Line Walker oder der ähnlich horrende, allerdings auch nicht wirklich an den Kinokassen durchschlagende Heartfall Arise nicht unbedingt aufgefallen. (Beides sind allerdings auch Kinodebüts.) Das von Lam ausgedachte und geschriebene materielle Holper- und Stolperstück hier bietet noch am ehesten Angriffspunkte, ist die durch mehrfache dröge und sich wiederholende Rückblenden gerade auch zu einem fatalen Ereignis von vor 5 Jahren erzählte Geschichte trotz auch des Hineinreichens in durchaus aktuelle Themen wie Medizin und Gesundheitswesen und der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich und der fortschreitenden Zwei-Klassengesellschaft selbst im Bereich von Behandlungen von Krankheiten nicht wirklich viel wert. Zu hanebüchen die pseudo-wissenschaftliche Prämisse, zu stolpernd ihr Bezug zur Geschichte, die das eher als MacGuffin und begehrtes Ziel- und Jagdobjekt für eine Hatz dann nutzt, und zu unausgereift viele oder eigentlich alle der Beteiligten, die über eine bloße Funktion nicht hinauskommen und selbst dieses manchmal nicht aufweisen.

Interessanter als diese Behandlung, die anfangs auch leicht futuristisch angehaucht wirkt, zumindest für den Mittelteil dann (auch durch die Mitwirkung der fernseherfahrenen Wayne Lai, Eddie Cheung und Philip Keung) aber glücklicherweise mehr Bodenhaftung erlangt, ist die visuelle Gestaltung des Ganzen, wobei das Einfangen der Bilder in der hier präsentierten Digitaloptik (gedreht wurde mit der  GoPro HERO4, auf Redcode RAW) sicherlich nicht Jedermanns Sache ist und tatsächlich zu Beginn auch etwas irritiert. Nach einer kleinen Eingewöhnungsphase, die vor allem durch vielerlei nebeneinander und überlappende Bildinformationen auffällt, kann man sich gerade in den Actionszenen allerdings durchaus an das 'neue' Format und deren Inszenierung anpassen, wobei die schon aufwändigen Kollisions- und Stuntszenen – Glasscheiben ins Gesicht, Verfolgungsjagden per Auto durch äußerst enge Nebengassen, per Laster durchs Parkhaus und per Fuß über Häuserdächer hinweg, Stürze eines Motorradrollers rechts in ein Straßencafe hinein und links auf der anderen Seite wieder hinaus usw. – durch diese Verbindung von 'alter' guter Handarbeit in frischen Design durchaus auch gewinnen.

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