Trotz der niedrigen Altersfreigabe ist der prosaisch betitelte Kundschafter des Friedens schon getreu seiner Prämisse, der Erzählung selber und der entsprechenden Mitwirkung seiner natürlicherweise älteren Darsteller von der Zielgruppe her, dem reinen Interesse des Publikums eher für ein dann auch älteres Klientel angesetzt. Der Jahrgang sollte zumindest etwas Einblick auch in die hier besprochene Zeit bzw. den Rückblick darauf haben, was in dem Fall dann großteils die Achtziger Jahre des Vergangenen Jahrhunderts, die Phase des Ausläutens des Kalten Krieges dann ist:
Als der BND-Agent Frank Kern [ Jürgen Prochnow ] bei dem Schmuggel des designierten Präsidenten von Katschekistan über die Landesgrenzen hinaus enttarnt und beide gefangen genommen werden und wie vom Erdboden verschwinden, wird beim Geheimdienst in aller Panik aus der Not eine Tugend gemacht, und der ehemalige DDR-Auslandsagent Jochen Falk [ Henry Hübchen ], ein früherer "Kundschafter des Friedens" re-aktiviert. Dieser kennt die Gegend von damals und die Gewohnheiten des abgeschiedenen, ehemals zur Sowjetunion zugehörigen Landes, und er kennt auch Kern, was für die die Operation leitende BND-Agentin Paula Kern [ Antje Traue ], der Tochter von Frank, ausreichend und entscheidend für die Wiederbelebung des Pensionärs ist. Allerdings sträubt sich Falk gegen eine Zusammenarbeit mit den Jungspunden und möchte vor Ort nur sein altes Team haben, bestehend aus dem Tüftler Jäcki [ Michael Gwisdek ], dem Organisationstalent und windigen Geschäftemacher Locke [ Thomas Thieme ] und dem Romeo-Agenten Harry [ Winfried Glatzeder ], der auch nicht mehr taufrisch und faltenfrei ist, aber noch ganz viel auf sich hält.
Glasnost und Perestroika also mit als Schlagworte, KGB und BND und Stasi, das Geschehen vor dem Fall der Mauer, die heutzutage auch nach mehr als einem Vierteljahrhundert bei Manchen noch in den Köpfen vorhanden und bei manchen auch wieder erwünschenswert ist. Miterlebt oder zumindest darin aufgewachsen sein in der Trennung des Deutschlands, in einem geteilten Lande, wo die eine Seite im Kapitalismus herangezogen wurde und die andere im Sozialismus, wobei man die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede, und die Vor- und die Nachteile wohl auch nur von außen aus der Perspektive des Neutralen bewerten kann und aus der ganz eigenen Sichtweise des Lebens her mal nicht. [Regisseur Thalheim hat zuvor u.a. Westwind, 2011, aus diesen eigenen Erfahrungen inspiriert gedreht.]
Denn zu viel spielt dann noch eine Rolle, der Umgang mit dem Thema in der Familie, in der nahen Gesellschaft, die Erziehung und die eingeschlagenen Lebenswege, die Interessen und Motive, die bei jedem unterschiedlich sind und deren Abgleich über einen gemeinsamen Nenner nicht möglich ist. Der Film als Agentenkomödie spricht natürlich zuvorderst die positiven Seiten an und bedient die Nostalgie, die sentimentalen Empfindungen, in denen gerade im Nachhinein alles halb so schlimm war oder manchmal auch die vergangenen Tage und Zeiten eben doch die besten sind. Zeiten vor der Globalisierung, vor dem Internet, vor der all andauernden Hektik und wo die Verhältnisse und Beziehungen noch überschaubar waren und je nach Perspektive alles Weiß und alles Schwarz und nicht so viel Grau auf Schritt und Tritt. Getragen wird dieser Grundton der Überzeugung auch durch den Titel mit und seine Wahl der Darsteller (Glatzeder v.a., aber andererseits bzw. von der anderen Seite der gedanklichen Mauer auch gerade ein Prochnow), wobei der durch Film und Fernsehen bekannte Hübchen sicherlich überaus präsent, aber jetzt auch rein ein Vertreter der Harmlosigkeit, die Verkörperung des 'Kuschelbären' quasi und alles andere als ein Unruheherd, und kein verbitterter Quälgeist und zynischer Polemiker ist.
Entsprechend dessen wird hier auch mehrfach die Vergangenheit gleich zu Beginn und dies mit viel Liebe und (Detail)Treue beschwört, gerade im Vorspann und den Zwischensequenzen, die im Retro-Stil gehalten und an diverse Spionage- und Kintopperzählungen vor allem aus den Sechzigern und Siebzigern erinnern und musikalisch teilweise direkt von der DEFA-Bearbeitung Das Unsichtbare Visier [1973–1979 ] übernommen worden sind. Ähnlich 'altbacken' im allerdings auch durchaus ansprechenden Sinne (und nicht so nassforsch wie etwa R.E.D. – Retired Extremely Dangerous) ist die Inszenierung, die Bearbeitung der Handlung, die allgemeine Farbgebung, die Wahl von Schauplatz (gerade die Bilder in Berlin und von "Katschekistan") und natürlich die Dekoration (im Stil eines gemäßigten Codename U.N.C.L.E.) gehalten, die bei den betagten Männern auch vermehrt aus Utensilien der 'Vorzeit' bestehen und wo die heutzutage 'hippe' Wegwerfgesellschaft noch nie gefragt war und jetzt auch nicht mehr zählt. Entsprechend der Zielrichtung der seit 2011 geplanten, Herbst 2015 gedrehten Produktion, zu dessen Gunsten man auch die ebenso betitelte Produktionsfirma "Kundschafter" gegründet hat, hat man mit der Erzählung wie bspw. auch bei Hübchens Alter und Schönheit (2008) genau diese 'Best Ager' im Blickfeld, deren Höhepunkte eigentlich vorbei sind und wo vermehrt das Antiquarische, die Erinnerung, das Sammeln und sich Laben in Relikten und nicht der stetig verändernde Fortschritt zählt. Dabei sind die hier in Augenschein genommenen Personen allerdings, und das auch obwohl man sie sichtlich als Hauptfiguren und in die Sympathie setzt, eher die vergrantelten Typen, die schon einen wenig nachtragend ob all der Veränderungen und dabei mit unleidig auch ihren (eher deppenhaft gezeichneten) 'Nachfolger' vom Westen mit sind.
Sprüche werden also geklopft und der Gegenüber vorgeführt, wobei man diese humoristische Herangehensweise auch etwas lockerer handhaben kann und hier manches gerade zu Beginn doch zu steif, zu bemüht, und sprichwörtlich zu 'deutsch', d.h. ohne eine Lockerheit oder den Überraschungsmoment inszeniert wirkt, aber mit zunehmender Laufzeit und der späteren Programmierung von Prochnow (und seinem Buddy Picture mit Hübchen) plus natürlich der feschen Antje Traue doch noch gewinnt. Die 'Zonen-Rentner' selber sind entweder Tagediebe, die schon frühs mit dem Flaschennetz durch die Gegend schlurfend an der nächsten Trinkhalle den Nachschub holen, oder sich finanziell verspekuliert haben und nicht gerade die ehrliche Masche fahren, einzig der Reparaturdienst von Jäcki ist so was wie ein ehrbares und auch im späten Lebensalter nachvollziehbares Projekt, dass nicht gerade wie ein Verlierertum wirkt, der den Anderen auch nicht unbedingt zu Unrecht vorgeworfen wird.