Ich habe 'Get out' gestern Abend gesehen und weiß immer noch nicht, was er mir verdammt noch mal wirklich sagen wollte.
Massive spoilers included:
Ein Schwarzer, Chris, will mit seiner weißen Freundin, mit der er vier Monate zusammen ist, zu deren Elternhaus zwecks Kennenlernen fahren, es befindet sich relativ isoliert an einem See. Natürlich hat die hypertolerante Rose Mama und Papa nicht darüber in Kenntnis gesetzt, welche Hautfarbe ihr neuer Loverboy hat, laut ihr wäre es auch nicht nötig. Sogleich soll man wohl an degenerierte Rednecks, elitäre Supremacists oder Undercover-Neonazis denken, inkl. diverser Demütigungen.
Auf der Fahrt wird der von den Eltern gesponserte SUV des Püppchens von einem Reh attackiert. Der hinzugerufene Officer der Highway Patrol wird von der saumutigen Rose eiskalt angezickt, als dieser auch den Ausweis des Beifahrers kontrollieren will. Im Haus angekommen, wird Chris wider Erwarten herzlich empfangen, allerdings fallen ihm ein schwarzer Gärtner und eine schwarze Haushälterin auf, die schon für die verstorbenen Eltern des Hausherrn, Dean, gearbeitet hatten. Was natürlich gar nicht geht, weil wohl heutzutage trotz des Fakts, dass es sich um freiwillige Lohnarbeit handelt, für Weiße gefälligst auch nur Weiße zu dienen haben. Mutter Missy, die für ihr Leben gern Leuten im Kopf herumwühlt, allerdings auf andere Art und Weise als ihr Mann, der Neurochirurg, bemängelt hingegen, dass Chris es wagt, im Beisein ihres kleinen Engels tatsächlich Zigaretten zu rauchen. Am liebsten würde sie ihm gleich an Ort und Stelle die Sucht austreiben, schließlich hat es ja bei Dean auch schon funktioniert.
Im weiteren Verlauf der trägen Handlung findet eine Hausparty statt, Chris lernt einen weiteren "Bruder" kennen, der sich ebenso wie der Gärtner und das Hausmädchen höchst seltsam verhält, beinahe wie ferngesteuert.
Anscheinend soll man den Eindruck erlangen, Chris wäre in dieser Welt der bösen Weißen der einzig Normale. Doch wo ist hier der "Alltagsrassismus", von dem überall so viel zu lesen ist? Über fast die gesamte Spielzeit bekommt man es eher mit scheißtoleranten Liberalen zu tun, die auch ja in kein Fettnäpfchen treten wollen, ein relativ genaues Abbild der Gesellschaft.
Das größte Fragezeichen steht aber nach wie vor über der Grundaussage des Films. Ein Partygast meint, "Schwarz wäre das neue Weiß". Ich erinnerte mich kurz an Derek Vinyard aus American History X, welcher sinngemäß bemängelte, dass es "heuztutage scheinbar verdammt cool ist, schwarz zu sein". Will die Familie, die, als das letzte Viertel anbricht und somit viel zu spät endlich mal Action in die Sache kommt, vor lauter Ekel vor ihrer eigenen Rasse lieber schwarz sein?
Oder liegt es eher an der "genetischen Überlegenheit", die sowohl Dean als auch sein Sohn Jeremy, dessen Potenzial als Medizin studierender Maniac viel zu wenig ausgeschöpft wird, Chris zuschreiben? Wird hier allen Ernstes der plumpe Versuch gestartet, u.a. basierend auf dem kurz erwähnten Erfolg eines Jesse Owens in den 30ern, eine schwarze Herrenrasse zu erdichten?
Oder liegt es an Chris' Fähigkeiten, stinknormale Fotos zu schießen, die den sehbehinderten Kunsthändler Jim dazu bewegen, sein Hirn in Chris' Körper transplantieren lassen zu wollen?
Was ein netter Psychoflick mit Gewaltszenen hätte sein können, verkommt zur Farce ohne Sinn und Verstand, "Satire" oder "Comedy" hat man vergebens gesucht. Natürlich setzt man sich am Ende heroisch über das Klischee hinweg, in Slashern oder anderen Horrorfilmen würde der Schwarze immer zuerst sterben, als der Anti-Held überlebt und dafür umso mehr böse Weiße ihr Leben lassen müssen. Natürlich gerettet durch einen "Bruder", der sich als totaler Vollhorst entpuppt und es wagt, einen Seitenhieb an die Polizei auszuteilen. Diese hatte ihm nach einer hanebüchenen Story um Sexsklaven die Mithilfe bei der Suche nach Chris verweigert. Natürlich war der weibliche Detective ebenfalls schwarz, aber voll drin in der krassen Unterdrückungsmaschinerie, versklavt von den Weißen, sogar ihre Ghettokluft musste sie für Businesskleidung ablegen, yo.