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Afroamerikanischer Mann aus New York steht ein Kennenlernen der Eltern seiner weißen Freundin bevor. Und dann?

Das Schöne an „Get Out“ ist ja, dass er keinen Genre-Bausatz liefert, mit dem man sich schon im Voraus die komplette Handlung inklusive Auflösung selbst zusammenreimen kann. Möglicherweise würde sich die Prämisse noch für eine Komödie eignen (wahlweise aus der Kevin-Hart- oder Spike-Lee-Ecke), wohl kaum aber für einen Horrorfilm, als welcher die Blumhouse-Produktion deklariert ist. Das bedeutet also, man kann dem Grundgedanken des Kinos frönen: Sich überraschen, irritieren, überwältigen lassen. Ein dieser Tage fast ausgestorbenes und deswegen ungemein kostbares Privileg.

In Zeiten, da sich die Aufmerksamkeitsspanne des Publikums verkürzt zu haben scheint, da Trailer bereits als Mini-Zusammenfassungen gelten und allen Ernstes schon immer öfter ihre eigenen Mini-Trailer als Sekunden-Montage vorangestellt bekommen, ist der eigentliche Filmbesuch fast schon überflüssig geworden; man kennt ja schließlich schon alles, und wenn man mal nicht schon im Voraus weiß, wie der Hase läuft, muss man sich für sein Unwissen fast schon rechtfertigen.

Wie „Get Out“ hat seit „Cloverfield“ aus 2008 aber kein Film mehr funktioniert. Man ist im Körper dieses jungen Kerls, steht unmittelbar vor einer unangenehmen, aber harmlos wirkenden Situation, hat aber noch die verzweifelte Fratze des Entsetzens vom Cover im Hinterkopf und versucht, sich fieberhaft auszumalen, welche Ereignisse wohl auf diesen extremen Pfad führen mögen.

Dass dies nicht gelingt, ist mehr als begrüßenswert und natürlich einerseits dem diskreten Marketing zu verdanken, andererseits aber auch dem geschickten Umgang Jordan Peeles mit dem Element des Suspense in der ersten Hälfte. Der Horror, den er erzeugt, ist ein schleichender. Er nähert sich über gewöhnliche Situationen und überrumpelt schließlich mit Darstellungen tief liegender Urängste vor dem irrationalen Verhalten von Individuen, schließlich der organisierten Irrationalität einer ganzen Gruppe, die das bis dato als normal Erscheinende zum Anormalen erklärt und umgekehrt. Ob nun der Gärtner nachts grundlos auf den rauchenden Gast zurennt wie ein Berserker oder das Hausmädchen Georgina mit falschem Grinsen künstliche Freude zur Schau stellt (Betty Gabriel gelingt hier ein bizarres Mienenspiel von beinahe schon Lynch'schen Ausmaßen), es geht um die fehlende Fähigkeit der Hauptfigur, das Verhalten seiner Umwelt voraussehen zu können und angemessen darauf zu reagieren – so wie es im übertragenen Sinne so manchem Dunkelhäutigen in einer Runde weißer Kapitalisten ergehen dürfte.

So könnte man meinen, „Get Out“ sei vornehmlich ein Film für schwarze US-Amerikaner, da deren Ängste konkret thematisiert und in einen gesellschaftskritischen Horrorfilm kanalisiert werden. Doch möglicherweise funktioniert er bei einem weißen Publikum sogar noch besser. Ein solches wird nämlich zusätzlich mit einer völlig neuen Perspektive konfrontiert und steht letztlich dem obskuren Gehabe der Armitages und ihrer Freunde ebenso ratlos gegenüber wie alle anderen.

Zwar kann sich das satirisch aufgeladene Possenspiel nicht über die Zeit retten, ohne sich doch noch vor der ein oder anderen Konvention verbeugt zu haben; auch wird der Umgang mit den aufgedeckten Karten zwar raffinierter, auch in Sachen Visualität und Montage angeregter gelöst als vergleichbare Filmhandlungen, statt einer völligen Begeisterung bleibt für die Pointe am Ende allenfalls wohlwollendes Abnicken übrig. Aber es ist ja auch die Skurrilität des Vorangegangenen und das brillant überzeichnete Spiel aller Beteiligten, womit dieser Film überrumpelte und überrascht aufhicksende Rezensenten zurückgelassen hat. Nicht ohne Grund.

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