Chris Pratt spielt einen interstellaren Reisenden, der frühzeitig aus seinem Hyperschlaf erwacht, während die anderen Passagiere auf der insgesamt 120 Jahre andauernden Reise noch schlafen. Schnell muss er feststellen, dass er 90 Jahre zu früh aufgewacht und damit dazu verdammt ist, die nächsten Dekaden allein zu verbringen, als Reisender, der sein Ziel zu Lebzeiten wohl nicht mehr erreichen wird. Die soziale Isolation belastet ihn immer stärker und auch der Roboter-Barkeeper, gespielt von Michael Sheen, kann seine Einsamkeit nicht lindern. Stattdessen versteigt er sich in die Fantasie, eine schlafende Mitreisende, gespielt von Jennifer Lawrence, persönlich kennen lernen zu wollen. Das treibt ihn zu einem folgenschweren Entschluss…
Das Drehbuch zu „Passengers“ befand sich lange auf der Blacklist der besten unverfilmten Drehbücher und wer weiß, ob es jemals seinen Weg in die Kinos gefunden hätte, wären nicht zwei potentielle Zuschauermagneten wie Jennifer Lawrence und Chris Pratt für das Projekt gewonnen worden. Doch so wurde „Passengers“ unter der Regie des Norwegers Morten Tyldum, der zuletzt mit „Imitation Game“ überzeugte, doch noch verfilmt. Letztendlich überzeugen Optik und Darsteller allerdings mehr als das mit Vorschusslorbeeren bedachte Drehbuch.
Der Schauplatz des Films, das speerförmige Raumschiff Avalon mit seinen rotierenden Seitenflügeln, ist nicht nur von außen an Opulenz kaum zu übertreffen, auch im Inneren ist es eine Augenweide. Tyldum nimmt die anfängliche Erkundungstour seines auf dem Raumschiff gewissermaßen gestrandeten Protagonisten zum Anlass, dessen Inneres zu erschließen. Der Rundgang durch das Schiff mit seiner futuristischen Ausstattung und seinem innovativen Design gehört zu den Höhepunkten des Films und macht deutlich, wofür das Budget von dreistelliger Millionenhöhe investiert wurde. Die Bilder des Weltraums, die in Bezug auf Opulenz und Bildgewalt auch von einem Ridley Scott eingefangen sein könnten, stehen dem in nichts nach und auch die Action-Sequenzen wissen, nicht zuletzt wegen der brillanten Effekte, zu gefallen. Zu den Highlights ist etwa die Szene zu zählen, in der Jennifer Lawrence bei Ausfall der Gravitation schwebend in einer gewaltigen Wasserblase um ihr Überleben kämpft. Außerdem sind die angenehm ruhig gefilmten, vergleichsweise spartanisch dosierten Action-Szenen eine willkommene Abwechslung zum 0815-Bombast des zeitgenössischen Blockbuster-Kinos.
Und so überzeugt „Passengers“ zu Anfang mit der Erkundung des Schiffs und den Versuchen des Protagonisten, seiner misslichen wie einsamen Situation zu entkommen. Dabei setzt Tyldum auf einen Schuss Humor, wenn sich der zu früh aufgeweckte Mechaniker mit der Bordelektronik auseinandersetzt, vor allem aber auf die Macht seiner Bilder. Und dann wäre da natürlich noch der gewohnt präsente Chris Pratt, der gelungen spielt, vor allem aber einen Bezug zum Zuschauer herstellt. Die Leistungen der anderen Darsteller stehen dem jedoch in nichts nach, so liefert auch Jennifer Lawrence eine gewohnt starke Performance ab, während auch der kurze Auftritt von Laurence Fishburne überzeugt. Ein echter Szenendieb ist außerdem Michael Sheen der als charmanter und durchaus schlagfertiger Roboter-Barkeeper den beiden Top-Stars Lawrence und Pratt fast ein bisschen die Show stiehlt.
Allerdings hätten die Darstellungen von Pratt und Lawrence eine glaubhaftere Love-Story verdient gehabt, als diesen absehbaren Dreiklang aus Annäherung, scheinbarer Katastrophe und Versöhnung. An dieser, aber auch weiteren Story-Schwächen harkt der Film in der zweiten Hälfte ein wenig, weswegen er an Fahrt verliert und zunehmend einen etwas halbgaren Eindruck vermittelt. Es spricht jedenfalls nicht für das Drehbuch und seine Autoren, dass mit dem von Laurence Fishburne gespielten Crew-Mitglied kurzerhand eine weitere Person aus dem Hut gezaubert werden muss, um die Handlung entscheidend voranzubringen und nach dem Erfüllen dieser Aufgabe wieder von der Bildfläche zu verschwinden. Insofern ist es ganz gut, dass Tyldum in der zweiten Filmhälfte das Tempo hoch hält und seinen Film nicht auf der Stelle treten lässt. Allerdings festigt sich der Eindruck, dass mit einer besseren Charakterkonstruktion, einer glaubhaften Liebesgeschichte und etwas epischem Atem so viel mehr möglich gewesen wäre.
Fazit:
„Passengers“ ist ein sehenswerter Sci-fi-Film, großartig bebildert und überzeugend gespielt, der mit einer glaubhafteren Liebesgeschichte noch sehr viel besser hätte werden können.
70 %