Schau ihr in die Augen, Brad!
"Allied" ist der neue Film von Tricktechnik-Meister Robert Zemeckis. Eine sehr klassische Kriegsromanze zwischen zwei Spionen, die sich ineinander verlieben & dann geprüft werden, ob sie sich wirklich vertrauen können bzw. ob einer für die Nazis spitzelt. Nachdem mir "The Walk" letztes Jahr besser gefallen hat als fast allen anderen & Zemeckis gleich mehrere meiner Alltime-Favoriten in seiner Filmographie hat, inklusive dem massiv unterschätzen Grusler "What Lies Beneath", war meine Freude auf "Allied" ebenfalls größer als beim durchschnittlichen Kinogänger.
Der ähnliche & oft zitierte "Casablanca" ist wohl einer der wenigen perfekten Filme, ich vertrage Kitsch gut, liebe das Retro-Hollywood-Feeling & verehre beide Hauptdarsteller. Dazu die pikante Affäre am Set zwischen Pitt & der mysteriös-umwerfenden Französin, die nicht nur zur Scheidung von Brangelina führte, sondern auch die Leinwandfunken fliegen lassen sollte. Doch leider kam alles anders, als erhofft... und nach diesem Film bleibt einem noch nichtmal mehr Paris. Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sieht auch anders aus. Und das Brad ihn nochmal spielen soll, das würde ich mir ebenfalls nicht wirklich wünschen... Casablanca-Zitate Ende.
Wenn man als Film so viele kleine Anspielungen auf einen so unsterblichen Klassiker preisgibt, muss man dem Vergleich auch standhalten. Zumindest minimal. Das tut "Allied" allerdings nicht im Geringsten & ich halte ihn für einen der schwächeren Filme des Regisseurs. Und dabei gehöre ich zu mehreren der angesprochenen Zielgruppen. Wer mit Genre, Darstellern oder Epoche weniger anfangen kann, wird sich wohl in den Schlaf langweilen. Da helfen noch nichtmal die tollsten Kleider & das prachtvollste Old Hollywood-Setting. Die technische Seite besticht, aber der Rest vom glitzernden Fest ist blass, harmlos & belanglos. Schneller vergessen als die Werbung vor dem Film.
Dass der Film viel eher Romanze als Kriegsfilm oder Spy-Thriller ist, damit kann ich leben. Doch das der Mix höchst ungleichmäßig ist, der Film eklatante Längen hat & er eigentlich kaum weiß, was er denn nun sein will, ist ärgerlich. Doch all das, hätte ein neues, sexy Hollywood-Traumpaar vergessen machen können - aber nix da! Die zwei wirken bestenfalls bemüht & amüsiert, im schlechtesten & meisten Fall gelangweilt, fehlbesetzt & leidenschaftslos. Absolut unfassbar bei der Hintergrundstory. Cotillard lässt ihr Genie aufblitzen, doch Pitt lässt mich hier kalt zurück wie Catherine Tramells Eispickel. Doch vielleicht sind die zwei ja so gut in ihre Rollen abgetaucht, dass sie selbst zu unscheinbaren Spionen & Ehebrechern wurden. Meta-Acting auf neuem Niveau ;). Spaß beiseite - Optik, Flair & ein aufwühlender Soundtrack fesseln, doch die Grundpfeiler wackeln vor lauter Langeweile, Non-Innovation & Anti-Charisma. Eine mittelschwere Enttäuschung!
Fazit: Oldschool-Kriegsromanze, die zwar schick aussieht, von den Darstellern bis zu den superben Kulissen & Kostümen, doch so glatt gebügelt & steril daherkommt, dass man meint, Cotillard & Pitt würden mit aller Macht versuchen, ihre On Set-Affäre geheim zu halten. Mehr als eine kleine Hommage an "Casablanca" ist er nie. Im Gegensatz zu dem unerreichten Meisterwerk wird "Allied" noch weniger als eine schnell vergessene Fußnote bleiben - und das nicht nur filmhistorisch, sondern sogar in Zemeckis' Schaffen.