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Die wüsten Iren werden zu Wüsten-Iren

Es geschehen noch Wunder & Zeichen. Ok, dass Netflix gute Eigenproduktionen ankurbelt, mittlerweile nicht mehr nur im Serienbereich, spricht sich langsam herum. Aber dass Jamie Dornan aka Mr. Grey, richtig gut spielen kann, dass es noch unverfilmte, wahre Kriegs-Heldengeschichten gibt & dass die westliche Völkergemeinschaft in einem westlichen Film mal ihr grausames Gesicht zeigt, sind alles keine alltäglichen Dinge. "Jadotville" führt all diese raren, unerwarteten Dinge zusammen & erzählt die wirklich heldenhafte, Jahrzehnte lang unter Verschluss gehaltene & schändlich verdrehte Geschichte einer UN-Truppe von irischen Soldaten, die Anfang der 60er in Afrika, Jardotville, einer Übermacht Legionäre Paroli bot. Eine Geschichte, so groß & sagenhaft wie die der Brücke von Arnheim, der Schlacht in Gettysburg, der Normandie oder der 300 Spartaner - doch bis 2005 wurden die 60 irischen Soldaten auf Grund politischer Gründe als Feiglinge, Aufgeber & Verräter abgestraft. Dabei sind sie wahre Helden, jeder einzelne von ihnen. Unfassbar, wütend machend, traurig. Alle diese Emotionen plus gute Unterhaltung & krachende Kriegsaction packt "Jadotville" in 110 Minuten. Ein grandioser Kriegsfilm auf wahren, unglaublichen Begebenheiten - wenn das Wortüberfällig" je für einen Film galt, dann für diesen.

Egal ob man Kriegsfilme mag oder nicht, ob man Ire ist oder nicht, ob man Netflix hat oder sich noch den Probemonat gönnen muss - "Jadotville" tritt das Erbe von "Black Hawk Down" meets "The Last King of Scotland" an & ich kann ihn nur herzlich empfehlen! Das afrikanische, heiße & eigentlich wunderschöne Setting, ist eine exotische Abwechslung zu den sonstigen Kriegsschauplätzen & der Film balanciert knallharte Action sehr gekonnt mit nachvollziehbaren Charakterisierungen der irischen, noch so jungen & unerfahrenen Helden. Man will keinen Soldat der Truppe fallen sehen (was zuerst unrealistisch erscheint) & fiebert maßlos mit, wenn es gegen die Übermacht geht. Doch fast noch erschreckender ist das Verhalten der UN beziehungsweise der Führung, der eigenen Seite. Während des Gefechts genauso wie nachher.  In Sachen Gewaltdarstellung bleibt die Schlacht zurückhaltend, doch unsere Sympathie liegt so stark auf der jungfräulichen Armee & deren Kommandant, dass man gar nicht wirklich blutige Schau- bzw. Abschreck-Werte fordert. Optisch, akustisch & emotional ist auch so genug geboten - und wenn es nicht die Wahrheit wäre, würde man den Ausgang der eigentlichen Schlacht fast als kitschig & unrealistisch abtun. Doch so war es wirklich. Wahnsinn!

Jamie Dornan verdient ein Extralob - wie er Kommandant Pat Quinlan verkörpert, hat etwas & er ist der geborene Held. Selbst wenn er immer etwas zu hübsch für solch einen Krieg & Posten wirkt, hätte man ihm so etwas nach dem "50 Shades of Grey"-Debakel kaum zugetraut. Hier ist er ein echter Sympath & seine filmische letzte Würdigung, verursacht Gänsehaut. Man versteht nicht immer genau das politische Hintergrund-Geschwafel & warum Frankreich & Belgien Legionären gegen die Blauhelme der Vereinten Nationen versenden, doch in seinen Grundaussagen, menschlich, emotional & auch politisch, bleibt der Film klar verständlich, niederschmetternd & heroisch zugleich. Alle Iren sollten stolz auf diese Truppe sein, ebenso wie auf diesen Film. Wer also eine der besten Kriegsgeschichten, die nie erzählt wurden, endlich erleben will, kompetent & mitreißend arrangiert, der kommt um "Jadotville" nicht herum. Wichtig, wuchtig, längst nötig gewesen. Ich hoffe es sind noch genug Soldaten dieser irischen Ausnahme-Legion am Leben, um das zu sehen. Auch wenn es nur ein kleiner Trost sein wird. Ich jedenfalls ziehe den Hut vor dem Taktik-Ausnahme-Talent Quinlan & seinen mutigen Männern. 

Fazit: ein zukünftiger Kriegs-Klassiker? Auf jeden Fall eine weitere klasse Netflix-Eigenproduktion, die irischen Helden viel zu spät die Ehre erweist. Fifty Shades of Green. 

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