„Von Eden-Äpfeln, frühneuzeitlichen Templern und anderem Quatsch"
Videospiele und ihre Kinoversionen bilden ja seit jeher eine unheilige Allianz. Soll heißen, dass die Abermillionen von Gamern irgendwie nicht den Weg in die Lichtspielhäuser finden und der Otto Normalzuschauer vom „Prädikat" Spieleverfilmung von vornherein abgeschreckt wird. Mit „Assassin´s Creed" sollte wieder mal alles viel besser werden. Immerhin war Michael Fassbender - einer der aktuell hipsten Charakterdarsteller - Feuer und Flamme und übernahm neben der Hauptrolle gleich auch noch einen Produzenten-Posten. Er konnte sogar seine „Macbeth"-Spezies Justin Kurzel (Regie) und Marion Cotillard (weibliche Hauptrolle) zur Mitwirkung überreden und gab dem Projekt damit noch mehr künstlerisches Gewicht. Dem fertigen Film hat das allerdings wenig genützt.
„Assasin´s Creed" fügt sich nahtlos ein in die triste Kolonne schwachbrüstiger Game-Adaptionen, die zu gleichen Teilen blöd, langweilig und substanzlos sind. das Problem ist immer dasselbe. Die Vorlagen bieten in punkto Charaktertiefe, Dramaturgie und Spannungsaufbau bestenfalls Groschenheft-Niveau und sprechen auch ein ganz anderes Konsumentenverhalten an. Die Filmstudios wiederum weigern sich dies zu erkennen und meinen, wenn man Optik und Actiongehalt halbwegs eins zu eins auf die Leinwand bringt, habe man schon gewonnen. Ein Missverständnis, das auch „Assasin´s Creed" böse abschmieren lässt.
Jetzt hat man schon einen wie Fassbender und lässt ihn den halben Film als mürrischen Gefängnisinsassen in einer hoch technisierten Einrichtung der obskuren Abstergo Foundation pausenlos durch graue Interieurs schlurfen. Den Rest verbringt er unter der Kapuze eines Assassinen, der im Spanien des 15. Jahrhunderts gegen den ach so bösen Templerorden kämpft. Die Rolle hätte auch Jean-Claude Van Damme spielen können, ohne dass es dem Film geschadet hätte. Die Oscar-geadelten Jeremy Irons und Marion Cotillard bleiben als zwielichtiges Vater-Tochter-Gespann bloße Staffage und wirken dementsprechend gelangweilt. Eine fast schon aufreizende Verschwendung von Ressourcen.
Kurzel und seine Drehbuchautoren schaffen es zu keiner Sekunde, die im Kern hanebüchene Geschichte mit so etwas wie Tiefe, Dynamik, oder Bedeutsamkeit anzureichern. Also sehen wir dem Schwerkriminellen Callum Lynch geschlagene zwei Stunden dabei zu, wie er sich mit Hilfe eines Computerprogramms mit dem wohlklingenden Namen „Animus" Wissen und Fähigkeiten seines Vorfahren Aguilar de Nerha aneignet, um so für die Abstergo Foundation den ominösen Apfel Edens zu finden, mit dem man den freien Willen der Menschen steuern kann. Der ständige Wechsel zwischen Forschungslabor und 15. Jahrhundert ermüdet allerdings rasend schnell, zumal die Szenen sich permanent wiederholen.
Lynch hängt entweder an einem Computer-gesteuerten Greifarm um so in einem abstrusen Virtual-Reality-Verfahren als Aguilar durchs frühneuzeitliche Spanien zu turnen. Oder er ergeht sich mit Projektleiterin Dr. Riffin (Cotillard) in öden, pseudophilosophischen Plaudereien über Schicksal, Willensentscheidungen und ähnliche Platitüden.
Nimmt man all dies als gegeben hin, sieht auch wohlwollend über den historisch absurden Umgang mit dem Templerorden - der zur Zeit der spanischen Inquisistion gar nicht mehr existierte - hinweg, dann bleibt einem zumindest die Hoffnung auf optische Schauwerte und einen ordentlichen Actionanteil. Tja, Pustekuchen und das ist wörtlich zu nehmen. Wie Kurzel auf die bescheuerte Idee kam, seine aufwändigen Sets, passend gewählten Originalschauplätze und versierten Stuntchoreographien mit einem permanenten Digital-Sandsturm beinahe unkenntlich zu machen, wird für immer sein Geheimnis bleiben. Wenn das Making of bessere Bilder, klarere Farben und eine deutlich geringere Künstlichkeit liefert als das Endprodukt, dann hat jemand auf ganzer Linie versagt. Da die Optik nun frappierend der pixeligen Graphik eines handelsüblichen Computerspiels gleicht, bleibt die Frage nach dem Mehrwert der Filmversion einsam und traurig im Raum stehen.
Und so reiht sich auch „Assassin´s Creed" brav ein in die endlose Reihe gleichermaßen missratener wie überflüssiger Videospiel-Adaptionen. Aber die Industrie gibt die Hoffnung einfach nicht auf. Was schon mal gefloppt ist, kann diesmal nur reüssieren, so die krude Logik, also darf Alicia Vikander Angelina Jolies Offenbarungseid „Tomb Raider" zu neuen Kinoehren führen. Nach dem Motto: es kann doch nicht zwei Oscar-Preisträgerinnen dasselbe grausame Schicksal ereilen. Vielleicht sollte man mal ein Crossover mit „Assassin´s Creed" probieren, Minus mal Minus ergibt doch bekanntlich Plus. Und die Templer sind doch auch so grandiose Schurken.