Review
von Leimbacher-Mario
Neustarts & Nublins
Schon allein, dass es „The Cleanse“ auf Netflix nur im O-Ton gibt und nicht in deutscher Sprache sagte mir, dass es sich hier eher um eine Indie-Genre-Obskurität handeln könnte. Einen deutschen Verleih außerhalb des Streamers scheint es jedenfalls nicht zu geben. Dabei stimmt hier die Mischung aus Sektentrip, Beziehungstherapie und Monstermovie erstaunlich lange erstaunlich gut. Man kann darüber streiten, ob hier nicht ein Kurzfilm ausreichend gewesen wäre. Dennoch taten mir die ihm geschenkten 80 Minuten nie weh. Wir folgen einem Mann (Johnny Galecki, mit „Big Bang Theory“-Fame), dessen Leben nicht gerade gelaufen ist, wie er es sich erträumt hat. Gerade die Trennung von seiner Verlobten scheint ihn unterbewusst noch sehr zu belasten und traurig zu machen. Da kommt die Anzeige einer „Detox-Gruppe“ genau richtig, wo er mit ein paar weiteren Kandidaten auf abgelegenen Waldhütten emotional entgiften und sein Leben, seinen Körper und seine Gefühle wieder in eine gesunde Bahn lenken soll - mit ungewöhnlichen Methoden und Getränken, die zu überraschenden Ausscheidungen führen…
Deine schleimige Schattenseite - guckt eigentlich ganz niedlich…
„The Cleanse“ zehrt von einer Idee, einer einzigen Metapher, geht nie in die Vollen, man merkt ihm sein geringes Budget (trotz toller „Monster“!) doch deutlich an und das Ende kommt viel zu plötzlich, simpel, offen daher. Doch im Grunde macht er über seine kurze Laufzeit auch nicht allzu viel falsch. Eben mit angezogener Handbremse. Vielleicht ein Genrefilm für Anfänger. Oder für Dates. Oder für zartbesaitetere Frauen. Gerade auch wegen dem Thema der Beziehungen, der eigenen Entscheidungen, Emotionen, falscher Lebenswege und Liebeskummer. Alles fast eher im romantischen Sektor zu verorten als in Sachen Horror. Und gerade dieser fast „süße“ Anlass lässt „The Cleanse“ zeitweise erstarken und im Gedächtnis bleiben. Mir wird’s nie böse oder heftig, eklig oder fies genug. So wird’s hier sicher den meisten gehen. Doch im Grunde mag man den Film dennoch. Ein Zwischensnack, dessen Ansatz und Idee zum Denken anregen, dessen Darsteller bodenständig, authentisch und liebenswert bleiben, dessen „Kreaturen“ jedem ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Und Anjelica Houston obendrauf. Cronenberg meets Generation Y in mild und mager.
Fazit: emotional und „monstertechnisch“ absolut gute Sci-Fi-/Bodyhorror-Kurzgeschichte, die auch noch nach dem Abspann zum Nachdenken und Reflektieren anregen kann. Jedoch bleibt's „nur“ eine Idee, eine Metapher, eine Shortstory - hier eben deutlich gestreckt. Und dennoch kurzweilig genug. Mit Wohlwollen noch gut, mir etwas zu wenig.