Review

In 1964, long before Bruce Lee was a global phenomenon, he had an epic fight with a Shaolin master named Wong Jack Man.

Many believe Wong´s goal was to punish Lee for teaching Kung Fu to Westerners.

This film was inspired by that fight.


Okay, ich muss gestehen, von diesem Kampf, der tatsächlich damals stattgefunden hat, noch nie etwas gehört zu haben, bevor ich auf das 2016er Martial-Arts-Action-Drama „Birth of the Dragon” aufmerksam geworden bin. Neugierig hatte mich u.a. gemacht, dass das Projekt von George Nolfi in Szene gesetzt wurde – seines Zeichens Regisseur der unterhaltsamen Philip K. Dick Adaption „the Adjustment Bureau“ sowie Mitverfasser von Werken wie „the Bourne Ultimatum“ und „Spectral“ – sowie dass Jason Blum das Ganze mitproduziert hat (viele vergessen ja, dass die „Blumhouse“-Schmiede nicht nur Genre-Kost á la „the Bay“, „the Visit“ und „the Purge“ herausbringt, sondern überdies auch Veröffentlichungen wie „In a Valley of Violence“, „Whiplash“ und „BlacKkKlansman“). Dass die „WWE Studios“-Filmgesellschaft im Vorliegenden ebenfalls „mitgemischt“ hat, habe ich indes einfach mal ein Stück weit „verdrängt“. Auf Michael Dorgan´s 1980er Artikel „Bruce Lee´s toughest Fight“ basierend, entschieden sich die Drehbuch-Autoren Stephen J. Rivele („Pawn Sacrifice“) und Christopher Wilkinson („Ali“) bewusst dagegen, die Materie in Gestalt eines klassischen Biopics „aufzuarbeiten“: Stattdessen konzipierten sie eine diverse fiktive Elemente aufweisende Geschichte sozusagen um das betreffende reale, geradezu „legendäre“ Ereignis herum…

Von Anfang an war die gewählte Herangehensweise eine diskutierbare, aus bestimmten Gründen letztlich jedoch uninspiriert-ungeschickte – denn welch besseren Ansatz mag es wohl geben, als den „Schlag-Abtausch“ einer bis heute in aller Welt bekannten Kampfsport-Persönlichkeit wie Bruce Lee mit einem deutlich traditioneller orientierten Kung-Fu-Meister ausgerechnet aus der Perspektive einer ausgedachten, aus dem US-Bundessaat Indiana stammenden Figur zu präsentieren, welche die zwei obendrein in einen (gleichermaßen frei erfundenen) Konflikt mit einer Gruppe chinesischer Gangster verstrickt?!? Der Gedanke dahinter war bzw. ist klar – nämlich dem „kaukasischen Publikum“ dadurch einen „erleichterten Zugang“ zu dem Geschehen und einigen der damit verknüpften Inhalten (bspw. den dazugehörigen fernöstlichen Philosophien) zu offerieren – und so ist es nun also ein Herr namens Steve McKee, welchen wir (die Zuschauer) vorrangig durch den Verlauf begleiten, während Lee und Wong ihm (vom Umfang ihrer Parts her) „untergeordnet“ sind. Als „Birth of the Dragon“ schließlich seine Festival-Premiere feierte, wurde er aus genau jenem Grund stracks heftig kritisiert – was darin resultierte, dass die Verantwortlichen McKee´s Screen-Time nachträglich noch um ungefähr 10 Minuten reduzierten…

Im Jahr 1964 ist Bruce Lee (Philip Wan-Lung Ng) gerade dabei, sich im Raum San Francisco einen Ruf als Martial-Arts-Trainer aufzubauen, der eine „Street-Style-Wing-Chun-Variante“ lehrt sowie dank seiner Fähigkeiten überdies eine Karriere im Kino und Fernsehen anstrebt. Es ist eines Tages, dass der in entsprechenden Kreisen hoch geachtete Shaolin-Mönch Wong Jack Man (Xia Yu) in der „City by the Bay“ eintrifft, um dort in einem Lokal in Chinatown als Teller-Wäscher „demütig Buße zu tun“, nachdem er sich zuvor bei einem Demonstrations-Fight in der Heimat „von seinen Emotionen hat mitreißen lassen“ sowie im Zuge dessen beinahe seinen Kontrahenten (Wang Xi'An) getötet hätte. Beide haben voneinander gehört – vertreten allerdings unterschiedliche Ansichten hinsichtlich der Würdigung und Verbreitung ihrer erlernten, seit Generationen überlieferten „Künste“: Wong ist der Überzeugung, dass Kung Fu „nur für Chinesen“ sei – wohingegen Lee das Beherrschte „zu kommerzialisieren und zu verbreiten“ versucht sowie Schüler jeder Herkunft unterrichtet. Einer jener ist der ja bereits erwähnte Steve (Billy Magnussen), welcher prompt auch Kontakt zu Wong aufnimmt, da er „ein großer Fan“ ist und ihm gegenüber „seinen Respekt bekunden“ möchte – woraus sich mit der Zeit eine gewisse Freundschaft zu entwickeln beginnt…

Via Steve lädt Lee Wong zu einem Schau-Kampf zwischen ihm und einem Karate-Champion (Darren E. Scott) ein, den er auf seine gewohnt selbstsichere, die Betrachter zu unterhalten wissende Weise dominiert und gewinnt – nur um Wong im Anschluss daran vor allen Leuten zu einem eigenen „Kräfte-Messen“ herauszufordern, welches der jedoch ablehnt. Da sein Stil eher „spirituell“ und weit minder „egozentrisch“ ist, ärgert Wong die Arroganz und „mangelnde Tiefgründigkeit“ Lees zwar – doch ist er keineswegs an einer Auseinandersetzung mit ihm interessiert. Parallel dazu hat sich Steve in die hübsche Kellnerin Xiulan Quan (Qu Jingjing) verliebt, welche von „Auntie Blossom“ (Jin Xing) illegal ins Land geholt wurde, die Kosten dafür nun in deren Restaurant abarbeiten muss und somit quasi „Eigentum“ der örtlichen Triaden-Fraktion ist. Als ihre Treffen bemerkt werden, droht man ihm kurzerhand mit Gewalt sowie ihr, sie künftig in einem Bordell „zu beschäftigen“ – allerdings unterbreitet „Blossom“ Steve einen Vorschlag, als sie seinen Kontakt mit Lee und Wong registriert: Sollte er letzteren dazu überreden können, Lee zuzusagen, würde sie das Mädel freilassen, da die Wett-Einnahmen eines solchen Events stattlich ausfallen dürften. Eventuell vermag dieser neue Sachverhalt ja Wong´s Meinung zu ändern – zumindest hofft der anwachsend unter Druck geratende Steve das…

„Birth of the Dragon“ wurde mit einem Budget von rund 31 Millionen Dollar realisiert. Am Look des Streifens gibt es nichts auszusetzen, die Dreh-Locations wurden gut ausgewählt und die Ausstattung geht in Ordnung. Einzelne Kleidungsstücke und Auftritte der Akteure wirken jedoch „etwas zu modern“ für 1964 – und generell hat sich das Skript auch in Sachen „Einbindung zeitbezogener Details“ so manche „Freiheit“ herausgenommen: Lee z.B. hat erst Jahre später in den Staaten „vor der Kamera“ zu agieren angefangen – während er hier bei einem nächtlichen Film-Shoot gezeigt wird – der Begriff „Chopsocky“ war damals ebenfalls noch keiner und Hollywood-Ikone Steve McQueen – welcher unverkennbar als Vorbild des Steve-McKee-Parts diente – war erst gegen Ende der '60er zu einem Schüler Lees geworden (als Bruce im Juli 1973 starb, gehörte Steve gar mit zu dessen Sarg-Trägern). Mich selbst haben diese Punkte nicht weiter gestört: Ich war mir darüber im Klaren, dass es sich bei dem Werk um keins mit einem gehobenen Anspruch auf Akkuratesse oder Authentizität handelt, sondern die Macher in erster Linie darauf aus waren, dem Publikum ein prägnantes Ereignis in Lee´s Leben innerhalb des Rahmens eines „Entertainment-orientierten Produkts“ darzubieten, welches durchaus mit vereinzelten „augenzwinkernden Momenten“ aufwartet…

Wie eingangs schon angeführt, markiert die Entscheidung, ausgerechnet eine fiktive Figur wie Steve in den Fokus der Geschichte zu rücken, das offenkundigste Problem: Zum einen, weil er zu sehr vom eigentlichen Wong-Lee-Konflikt ablenkt – zum anderen, da „seine Story“ vor Klischees nur so strotzt. Sicher hätte man die Rolle auch als einen asiatisch-amerikanischen Burschen anlegen können – doch dann wäre die „interkulturelle Romanze“ zwischen ihm und Xiulan in der Form ja nicht möglich gewesen. Jene wird von den Schleusern ausgebeutet und am Angehen ihrer Träume (Ausbildung, Job, Selbständigkeit etc.) gehindert, liest heimlich Zeitschriften, um ihr Englisch zu verbessern, und entwickelt Gefühle für Steve, welcher ihr zu helfen versucht und ihr u.a. erläutert, wie man Baseball spielt. Der gesamte Sub-Plot – inklusive dass sie „in die Prostitution geschickt“ werden soll – ist ein überaus „pulpy-altbackener“, der aber wiederum ein zusätzliches Maß an „Dringlichkeit“ und Action beisteuert sowie alles in allem immerhin noch „annehmbar“ anmutend daherkommt – passabler Leistungen von Billy Magnussen („the East“) und Qu Jingjing („Time Raiders“) sei Dank. Dennoch verbleiben sie vom vermittelten und hinterlassenen Eindruck her jeweils „blass“ – woran der Vorlage allerdings eine gehörige Mitschuld zuzurechnen ist…

Wenigstens ist es „Birth of the Dragon“ gelungen, Lee und Wong überzeugend darzustellen: Bruce ist „dem Westen und der Öffentlichkeit zugewandt“, präsentiert sich ambitioniert und voller Selbstvertrauen – was häufig einen großspurig-arroganten Anschein heraufbeschwört – wogegen Wong eine zurückhaltende, Traditions-bewusste, quasi „in sich ruhende“ Person ist, der es weder daran gelegen ist, Lee zu bestrafen noch zu belehren. Neben den effektiv-beeindruckenden „Skills“ Lees registriert er rasch, dass ihm dessen „mächtiges Ego“ unweigerlich „im Wege steht“ und er nicht genügend „Seele“ in seinen Stil mit einbringt. Der 1977 in Hongkong geborene, perfekt durchtrainierte Philip Wan-Lung Ng („Once upon a Time in Shanghai“) portraitiert Lee mit solidem Charme und Charisma – obgleich (der Beschaffenheit der Rolle entsprechend) zum Teil bloß eingeschränkt sympathisch – während der ein Jahr jüngere, aus der chinesischen Provinz Shandong stammende Xia Yu („Shadow Magic“) den bewanderten, bescheidenen, ganz anders als Lee auftretenden Wong ebenfalls frei einer Veranlassung zur Klage verkörpert. Des Weiteren sind u.a. noch Simon Yin („the Man with the Iron Fists 2“) als Steve´s Kumpel Vinnie, Jin Xing („the Protector“) als „Auntie Blossom“, Ron Yuan („Mall“) als Gangster sowie Darren E. Scott („Cartels“) als Karate-Champ mit von der Partie…

Wie wir ja wissen, sagt Wong schließlich zu – allerdings gibt er eine Bedingung vor, durch welche Lee (entgegen seiner ursprünglichen Absicht) daraus kein „Spektakel“ zu machen in der Lage ist: Statt vor Publikum und Presse soll der Fight „hinter verschlossenen Türen“ vor nur einer Handvoll Beiwohner abgehalten werden. Termin und Ort des Geschehens werden festgesetzt – eine leere Lagerhalle nahe der Golden Gate Bridge – das Wett-Geschäft floriert und die obligatorische „Trainings-Montage“ darf natürlich auch nicht fehlen. Es ist ein klimaktisches Aufeinandertreffen unterschiedlicher Männer Schrägstrich Meister, Techniken und Ideologien, bei dem der Film keine Seite konkret präferiert: Die klassischen Anschauungen und „geschmeidig-kontrollierten“ Bewegungen der Shaolin-Mönche (Wong trägt dabei sogar die altehrwürdige orangene Robe) vs. die „modernen“ Ansichten und das extrovertierte „Fists of Fury“-Gebaren Lees: Ein Kontrast, der bei der Gestaltung des Kampfs ergiebig mit einbezogen wurde. Die Choreographie weiß zu gefallen, ein paar per „Wire-Work“ arrangierte „Moves“ (ebenso wie die punktuelle Verwendung wechselnder Abspiel-Geschwindigkeiten) haben mich bloß minimal gestört und der Verzicht aufs Aufzeigen bzw. Benennen eines eindeutigen Siegers deckt sich offenbar wohlig-akkurat mit der Realität…

Mit diesem „Finale“ hätte „Birth of the Dragon“ ohne Weiteres enden können – doch nein, der Story-Strang rund um „Auntie Blossom“ ist da ja noch „unverschnürt“: Also tun sich Lee und Wong kurzerhand zusammen und prügeln sich mit mehreren Schergen kreuz und quer durch ein Restaurant – was mit einzelnen „Nods“ (á la „Kratz-Wunden“ wie bei „Enter the Dragon“ oder den berühmten „1-Inch-Punch“) angereichert wurde, ein amüsantes „B-Movie-Feeling“ erzeugt und somit prima zur nicht lange danach „durchstartenden“ TV-Karriere Lees passt (vgl. „the Green Hornet“). Fraglos ein vergleichsweise banaler Action-Showdown – aber einer, der „Laune bereitet“. Handwerklich haben „Martial-Arts-Designer“ Cory Yuen („the Transporter“), Cinematographer Amir Mokri („Man of Steel“) und Regisseur Nolfi kompetente Arbeit abgeliefert, das Entfaltungs-Tempo lässt nie unvorteilhaft weit nach und der Score wartet mit einigen netten Gitarren-Riffs auf. Schade halt, dass das Drehbuch nicht besser geraten war, mehrfach zwischen „cheesy“ und ernst schwankt und sich derart stark auf Steve konzentriert hat. Irritierend zudem, dass spezielle Menschen aus Lee´s nahem Umfeld überhaupt nicht im Film auftauchen – allen voran seine Ehefrau Linda, zumal sie bei eben jenem Fight damals selbst (schwanger mit Sohnemann Brandon) einer der Anwesenden war…

Fazit: Weder bin ich ein „Bruce Lee Fanboy“ noch haben die Verantwortlichen hinter „Birth of the Dragon“ jemals behauptet, etwas anderes als eine semi-fiktive Geschichte auf der Basis bestimmter wahrer Begebenheiten erzählen zu wollen. Sofern man sich (mit keiner „falschen“ Einstellung oder Erwartungshaltung im Vorfeld) darauf einlassen kann, ist ihnen in diesem abgesteckten Rahmen ein durchaus unterhaltsamer, ordentlich realisierter, an sich nicht uninteressanter Streifen gelungen – markanter unverkennbarer, nicht zu leugnender Schwächen zum Trotz…

„6 von 10“

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