Review

Gemächliches Umschalten im TV-Programm. Irgendwo läuft "Dracula - Tot aber glücklich" von Mel Brooks.
"Laß mal an!", sagt die Freundin mit Vorfreude in der Stimme. Ich lasse. Irgendwann lacht sie. Ich nicht.
"Hab den noch nie gesehen!", versuche ich ein für mich riskantes Eingeständnis. "DU hast den noch nicht gesehen?" Schockschwerenot!
"Nee, soll total unlustig sein." Zustimmendes Nicken. "Isser auch. Hab ihn mindestens schon zehnmal gesehen..."
Versteh einer die Frauen...

Ach was, versteh einer mal Mel Brooks.
Der Mann gehört bei mir nun erklärtermaßen zur Spitzenklasse, auch wenn ich "Robin Hood" angesichts des ZAZ-Outputs eher bieder fand und "Spaceballs" nun wirklich nur beim Nacherzählen lustig ist - dann aber wirklich. Dennoch: der Mann hat es uns in den 70ern allen gezeigt, was enthemmte Komödien betrifft. Den Gag mit dem Katerpult benutze ich heute noch...

Aber das, was sich dann vor meinen Augen abspielte - es war schlichtweg nicht zu fassen.
Da war Mel Brooks als Van Helsing und er jiddelte vor sich hin. Und da war Leslie Nielsen als Dracula mit einem furchtbar bemühten Akzent. Und es war so furchtbar, schrecklich, abgrundtief apokalyptisch unwitzig.
Gut, man erwartet natürlich von einem bald 80jährigen keine megalomanischen Geniestreiche mehr, aber wenn sich jemand wie er und sein Hauptdarsteller dem seligen Lugosi-Original und Coppolas Neuverfilmung annehmen, um diese zu verwursten, erwarte ich etwas anderes als Dracula, der sich aus seinem Grab erhebt und sich am Kronleuchter den Kopf stößt. Oder als Fledermaus gegen ein frisch geschlossenes Fenster fliegt. Und das sind schon fast die Highlights des Humors.

Man kann übrigens nicht sagen, daß in dem Film sonst nichts passieren würde. Angenommen man würde den gewollten Witz rauskürzen, käme immer noch eine gut ausgestattete, solide besetzte und visuell sehr angenehme ernste Dracula-Verfilmung dabei heraus und die wäre wohl kaum kürzer als dieser Film.
Tatsächlich diskutieren die Figuren hier minutenlang Originaldialoge dramatischer Natur aus, ohne daß etwas Witziges auch nur in Sicht wäre, was schon wieder irgendwie komisch zu bewerten ist.

Ansonsten hat man aber wirklich alles falsch gemacht. Da wäre zunächst Leslie Nielsen, der angesichts seines Alters ungemein steif durch müden und einfallslosen Slapstick und eine Menge Grimassen gehetzt wird, bis zu einer wie üblichen gefakten wilden Tanzszene, die man wohl bei "Die nackte Kanone" geklaut hat. Brooks selbst versuchts mit jüdischen Untertönen und bemühtem Wortspiel. Harvey Korman als Dr.Seward hat in seiner Rolle genau einen ständig wiederholten Gag, weil er seinen Patienten fortwährend Einläufe verpaßt. Steven Weber ist so ziemlich der Letzte, den ich für eine Komödienrolle casten würde und steht meistens nur teilnahmslos in der Gegend rum, bis er sich durch eine falsch getimte Slapstickroutine mit einer Blutfontäne müht. Und eine Rolle wie Renfield, der bekanntermaßen schon im Original "nutty" ist und bereits von Heroen wie Klaus Kinski gespielt wurde, durch die Mätzchen eines Peter MacNicol auf Speed noch debiler wirken zu lassen, funktioniert auch nur, wenn ich Bombenmaterial in der Hand habe.

Alles was hier an Gags geliefert wird, kommt mit dreifacher Ansage, ungeheuren Pausen und Vorlaufzeiten oder nach endlosen Durststrecken, hie und da merkt man zwar noch Brooks Handschrift im Stil, aber der Film ist einfach ernst und fade oder schlichtweg einfallslos kindisch, daß man die Uhr mitlaufen lassen kann, wie lange man schon nicht mehr geschmunzelt hat.
Das Nachstellen der klassischen Filmszenen ist zwar gelungen, aber eine Einführung von Helsings, bei der er die klassische "Quincy"-Szene nachstellt (eine rabiate Autopsie, bei der alle Studenten ohnmächtig werdden), ist schon ein ziemlich dreister und einfallsloser Klau.
Was übrigens im Dialog an Witz noch vorhanden war, ruiniert dann gründlich die deutsche Synchro.

Fazit: man soll aufhören, wenns am Schönsten ist oder wenn man es einfach nicht mehr bringt und das hier war (ein Glück) Brooks Schwanengesang. Nielsen allerdings drehte danach noch eine endlose Reihe einfallsloser Ulks ab (dies hier war seine erste Rolle nach dem letzten wirklich witzigen Film seinerseits, dem dritten "Kanone"-Teil), die alle keine Meisterwerke mehr waren (aber teilweise besser als das hier).
Meine Freundin hat übrigens nach einer Stunde das Zimmer verlassen. "Nach x-mal Gucken wird der richtig lustig!"
Glaub ich nicht. (2/10)

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