Harold Ramis Regiedebüt aus dem Jahr 1980 hat bei mir irgendwie einen mystischen Schleier hinterlassen. Selten im Fernsehen gezeigt, an Einzelheiten kaum noch erinnernd und dennoch öfter auch mal als Kultkomödie abgestempelt, kommen die alten Erinnerungen langsam wieder hoch, wenn man die Chance auf eine erneute Sichtung wahrnimmt. Für Ramis war „Caddyshack" jedenfalls ein echter Glücksfall, nicht nur der finanzielle Erfolg an den Kinokassen, auch seine Nachfolgefilme wie „Die schrillen vier auf Achse" und „Und täglich grüßt das Murmeltier" machten ihn endgültig zu einem etablierten Regisseur, ganz zu schweigen von seinen Arbeiten als Drehbuchautor zu den beiden „Ghostbusters"-Filmen.
Bei „Caddyshack" fühlt man sich ein wenig an eine Art Wiederauferstehung der britischen „Carry-On"-Filme erinnert, diese hatte mangels Ideenreichtums Ende der 70er Jahre mittlerweile ihren Tiefpunkt und dann auch ihr unweigerliches Ende erreicht. Die Formel hieß auch hier, irrwitzige, mitunter auch zotige Dialoge und - leider nicht immer gelungen in der Übersetzung - auch Kalauer gepaart mit slapstickähnlichen Einlagen zu mischen und die Handlung dabei in den Hintergrund treten zu lassen.
Auch „Caddyshack" hat keinen durchgehenden Faden, vielmehr werden einige Episoden lose miteinander verbunden, die natürlich alle irgendwie etwas mit Golf zu tun haben. Ich kenne nicht wirklich viele Komödien, die sich mit dem Thema Golf beschäftigt haben, wobei diese Sportart doch eine herrliche Steilvorlage zum Verarschen bietet. Angefangen von den Witzen der Marke „Haben Sie noch Sex oder...", bis zum elitären und auch dekadentem Status einer von Snobs betriebenen Sportart, die Klischeekiste ist reich gefüllt davon. „Caddyshack" ist in der Hauptsache eine Sportkomödie, der Golfplatz der zentrale Hintergrund für all die zur Schau gestellten Peinlichkeiten der hier versammelten Typen. Doch auch wenn über die Kaste der Golfspieler all die oben genannten Vorurteile bedient werden, gelingt Ramis dennoch eine erstaunliche Differenzierung in den Nuancen, wobei der Spielspaß aller Beteiligten dennoch in den Vordergrund gerückt wurde. Denn eins ist der Film bestimmt nicht - eine auf den Punkte gebrachte Satire, sondern eher ein locker-vergnüglicher Trip ins Grüne, wobei der Film gleich auf verschiedenen Ebenen punkten will.
Zentrale Figuren sind zum einen die feinen Herren, deren Leben in ganz eigenen Bahnen zu verlaufen scheint und hier aufeinander losgelassen werden. Eigentlich gibt's in dieser Konstellation keine Unterlegenen, und ohne Standesunterschiede wohl auch kaum Reibungspunkte. Sollte man meinen.
Da wäre zum einen der Richter Elihu Smails, dem in „Bushwood Country Club" die Regeln so was von heilig sind und peinlich genau auf Standesdünkel achtet. Der Caddy ist für ihn nur ein unterwürfiger Angestellter, und rassistische Witze („Treffen sich ein Neger, ein Jude und ein Katholik...") werden auch mal gerne in Anwesenheit von Betroffenen erzählt. Wie schön wird doch hier einen zutiefst verlogener Charakter persifliert, der nach außen nur die glänzende Fassade sichtbar werden lässt. Da wird beim Golfspielen schon mal gern der Ball mit dem Fuß zur Seite zurück ins Fairway gestoßen oder inoffiziell um Geld gespielt. Smails ist mit einem Wort der perfekte Ekeltyp.
Ganz im Gegensatz dazu steht das Mitglied Ty Webb. Gewohnt furztrocken in den Dialogen konnte Chevy Chase hier erstmals seine Duftmarke a la Familienoberhaupt Griswold setzen, wobei leider sein Part neben den anderen Darstellern etwas unterzugehen droht. Vielleicht hat man seine Art von linkischem Humor noch etwas unterschätzt, jedenfalls hätte er mehr Spielzeit verdient gehabt. Entgegen der sonstigen Gewohnheiten eines Golfspielers schreibt Ty sein Score nicht auf. Das erweckt natürlich den Eindruck, er könne nicht Golf spielen, doch dem ist nicht so. Dadurch wirkt die Person irgendwie sympathisch auf den Zuschauer, wenngleich das persönliche Umfeld sehr im Dunstkreis versinkt, so auch sein Beruf. Oder was sollen die ganzen nicht eingelösten Schecks in seiner Wohnung, wie sich auch eine seiner zahlreichen weiblichen Bekanntschaften fragen musste? Ty verkörpert auf jeden Fall den mysteriösen Unnahbaren, genau wie das Golfspiel selbst. Denn auch wenn Golf heute volksnaher geworden sein, dennoch wirkt auch heute dieser Sport auf viele genauso suspekt wie diese Type.
Der eigentliche Platzhirsch in „Caddyshack" heißt allerdings Al Czervik, wahrhaft eine Paraderolle für den Komiker Rodney Dangerfield. Was hier auf den Zuschauer für Witzkanonaden einprasseln, ist kaum zu glauben. Am besten gleich noch einmal zurückspulen und noch mal genießen. Mag sein, dass nicht alle Witze heute noch ein gültiges Haltbarkeitsdatum haben, doch in dieser Gagdichte fällt das nun wirklich kaum auf. Er reißt der feinen und verlogenen Gesellschaft die Maske hinunter und stellt sie dermaßen bloß mit ihrem vornehmen Getue, dass es eine wahre Freude ist. Dabei gehört er als reicher Baulöwe selbst zu der Gesellschaft, die er so gepflegt anpisst, das macht ihn ohne Zweifel zu einer widersprüchlichen Person und dem Paradiesvogel schlechthin.
Auf der zweiten Ebene funktioniert „Caddyshack" aber auch als Teenagerfilm. Mit dem Caddy Danny wird hier ein wenig mit Sozialkritik eingelocht, gleichwohl mit dem Schläger nicht ganz so weit ausgeholt wird. Schön übertrieben dabei natürlich Dannys Großfamilie, wo dann schon mal ein Dutzend Geschwister rum springen. Das hier das Geld für ein Stipendium mit der Lupe zu suchen ist, scheint klar zu sein. Doch Danny macht auch sonst nicht gerade den hellsten Eindruck. Ein sympathischer Verlierer sieht irgendwie anders aus, und auch mit seinen weiblichen Annäherungsversuchen kann er kaum Pluspunkte sammeln. Bei Richter Smails übrigens auch nicht, deren Nichte er anbaggert. Arm und reich müssen halt sauber getrennt bleiben.
Kommen wir aber nun zur dritten Handlung, zum ominösen Gopher und seinem unermüdlichen Jäger, dem Platzwart Carl Spackler. Es hat seinen Grund, warum ich erst jetzt auf den bereits in der Anfangsequenz auftretenden niedlichen Golfplatzzerwühler zu sprechen komme. Obwohl man dieses Tierchen oft als markantes Filmmaskottchen hochstilisiert, stellt es hier bestenfalls nur einen nebensächlichen Charakter dar. Dass die Animation dabei etwas grobschlächtig-ruckelig ausgefallen ist, kann man noch locker verschmerzen, doch leider ist Bill Murray in der Rolle des Carls etwas zu debil geraten, seine maulig-gelangweilte Art wirkt selten erheiternd und erinnert eher an einen zurückgebliebenen Sonderschüler auf Drogen.
Dramaturgisch gelungen ist das Finale des Filmes, in dem alle Figuren noch mal zum Zuge kommen und Danny als unfreiwilliger Ersatzgolfer die Chance hat, sein Ticket für seinen Collegebesuch zu lösen, was ihm der Richter vorher versprochen hatte. Etwas märchenhaft wirkt zwar sein Entschluss, gegen seinen Förderer das Eisen zu schwingen - und damit seine Zukunft zu versauen -, doch wird damit mit Augenzwinkern der feinen Gesellschaft noch einmal ein gehöriger Arschtritt verpasst. Es zählen also doch noch Tugenden wie Ehrlichkeit, Fleiß und Anstand statt schnödem Mammon. Und ein Hurra darauf, dass die heile Welt der Reichen durch einige gezielte Explosionen gehörige Risse bekommen hat, denn Platzwart Spackler greift im Kampf gegen das pelzige Untier zu äußersten Mitteln, was dann auch noch das Herz eines Actionfans erwärmt.
Was ist „Caddyshack" nun wirklich? Nun, ich finde, dass diese Komödie immer noch den Einheitsquark heutiger Komödienschmieden locker schlägt. Und wenn man eine zeitliche Einordnung vornimmt, könnte man Ramis Erfolgsfilm durchaus als Geburtshelfer der Streifen aus dem Abraham-Zucker-Kosmos bezeichnen, deren Gene ähnlich gestrickt waren. Leider wirkt aber „Caddyshack" teilweise etwas wild zusammengeschustert und damit selten wie aus einem Guss. Trotzdem, eine nette Anarcho-Komödie und einen dicken Bonuspunkt für den unvergleichlichen Rodney Dangerfield und einer zwerchfellerschütternden „Jaws"-Verarsche an einem Swimmingpool...