Schnitzeljagd durch ein magisches NY
Obwohl die "Hobbit"-Trilogie abschreckend bewies, wie man mit einem aufgeblähten Cash-Cow-Prequel, eine Legende an die Wand fahren kann, hatte ich Vertrauen in das Harry Potter-Universum - zu reichhaltig, zu groß, zu magisch & zu episch ist die von J.K. Rowling erschaffene Welt, die uns vor fast zwei Dekaden literarisch wie filmisch in seinen Bann zog, unsere Jugend prägte. Aus dieser unerschöpflichen Magie & dem fantastischen Ideenreichtum einer glaubhaften Zauber-Parallelwelt, zieht auch das 70 Jahre vor Harrys Abenteuern spielende Prequel "Phantastische Tierwesen & wo sie zu finden sind" seine größte Faszination. Die geplanten fünf (!) Teile dieser neuen Reihe sind zwar eindeutig zu viel des Guten & zu weit in die Zukunft gedacht, zu sehr die noch immer anhaltende Pottermania ausquetschend, aber der Film ist trotzdem einer der schöneren geworden, die man dieses Weihnachten im Kino erleben kann. Es ist kein Harry Potter pur & außer ein paar Insidern & etwas Namedropping, gibt es gar nicht so viele Querverweise zur originalen Saga. Doch Fans nehmen eh alles was sie kriegen können & genießen erstmal die Rückkehr in ihre Lieblingswelt, ihre Kindheit. Selbst wenn die Geschichte nun auf einem anderen Kontinent spielt & schon jetzt wesentlich erwachsener wirkt, als die Anfänge Harrys... was Vor- & Nachteile mit sich bringt.
Die Geschichte um den jungen britischen Zauberer Newt Scamander, dem bei der Ankunft in New York ein paar seiner Tierwesen aus seinem großen Koffer entkommen & die Stadt ins Chaos stürzen, verblüfft mit einer ganz neuen, extrem hübschen & verspielten Seite des Potter-Universums. Das Setting im magischen NY der 1920er ist das größte Highlight im Film & die Computereffekte lassen sich natürlich nicht lumpen, haben zu der originalen Reihe nochmal einen sichtbaren Sprung gemacht. Dadurch werden auch die vielseitigen Tierwesen süßer als erwartet & eine Pracht zum Verlieben, Knuddeln & Träumen. Dazu ist Eddie Redmayne ein klasse neuer Lead mit der richtigen Mischung aus Held, Understatement & Mysterium. Vor allem seine Vergangenheit & Geheimnisse im Ärmel machen Lust auf mehr. Auch seine Unterstützung, egal ob männlich, weiblich, Muggel oder nicht, kann sich sehen lassen & die Chemie stimmt mehrfach auffällig. Akustisch vermischt James Newton Howars das klassische Theme mit dunkleren, beinahe "Saw"-artigen Tönen, zu einer gänzlich neuen Gänsehaut. Technisch geht es momentan nicht fantastischer.
Leider plätschert der Film oft etwas vor sich hin & hofft zu sehr auf das Wohlwollen & die Geduld der Heerscharen von Fans. Die Jagd nach den ausgefuchsten & ausgebuchsten Biestern, kann alleine einfach kaum einen ganzen Film tragen. Und da hilft eine ebenfalls auf der Stelle tretende, das Franchise auf etwas wackelige Beine stellende & wenig mit der Tierjagd harmonierende Hauptstory, um einen neuen großen Bösewicht, ebenfalls wenig. Das überdrehte, CGI-satte Finale, ohne wirklich spürbare Einsätze, Verluste oder Ängste, ist eine echt überladene Enttäuschung. Trotz gelungener Überraschung um den Bösewicht, falls man nicht schon vorher über zu viele Spoiler im Netz stolperte. Der Film ist süß & hat ein gutes Herz, hat sogar kindliche Züge durch die süßen Monster, wenn auch lange nicht so eine Anziehungskraft für die Kleinsten, wie damals Harry, Voldemort & Co. Doch man wird das ungute Gefühl nicht los, dass die Story hier viel zu dünn getreten wurde, für viel zu viele Filmminuten geschweige denn weitere Fortsetzungen. Insgesamt wurde ich jedoch trotzdem gut unterhalten & unterlag der Magie, die so keine andere Filmreihe entfaltet. Doch dieses positive, wohlige Heimkehr-Gefühl hatte ich nach dem ersten Hobbit-Teil ebenso...
Fazit: gedrosselte Erweiterung der Potter-Zauberwelt, die zwar optisch fasziniert & Fans endlich wieder in Staunen versetzt, aber inhaltlich nie wirklich den Leerlauf abschaltet. Nicht mehr als eine süße Einführung in eine viel zu verdünnte neue Zauberreihe, die gerade eben so viel hinwirft, dass man neugierig genug bleibt... in der Potter-Reihe wäre das der klar schwächste Film. Fans kommen trotzdem nicht drumrum.