Review

„Don´t measure your neighbor´s honesty…
…by your own.“ (American Proverb)


Nach „the Collector“ (2009) und dem zugehörigen 2012er Sequel „the Collection“ lieferte Marcus Dunstan – welchen ich im Rahmen eines Festival-Screenings übrigens als einen ziemlich locker-umgänglichen Typen kennen gelernt habe – 2016 seinen bislang dritten Spielfilm ab: „the Neighbor“ – seines Zeichens ein wiederum von ihm und Patrick Melton verfasster sowie erneut mit Josh Stewart in der Hauptrolle aufwartender düsterer Thriller mit vereinzelten Horror-Elementen, bei dem auch dieses Mal ein spezielles Gebäude den zentralen Schauplatz markiert, in dessen Innern sich „verwerfliche Dinge“ ereignen bzw. abspielen. Unweigerlich erkeimen entsprechende Erwartungen an dieses ursprünglich bereits 2006 konzipierte Werk, das sich tatsächlich bestimmte (in erster Linie stilistische) Ähnlichkeiten mit der genannten Franchise teilt, bei welcher Fans ja weiterhin gespannt auf einen (inzwischen immerhin schon als Drehbuch existierenden) Nachfolger warten – doch anstatt mit „Torture Porn“ oder ausgeklügelten Fallen-Konstruktionen vermag dieser „autarke“ Streifen geneigte Genre-Konsumenten mindestens ebenso prima „auf anderem Wege“ zu unterhalten…

Cutter ist ein kleines, in Mississippi gelegenes Städtchen, in welchem nicht wenige Menschen „ohne Perspektiven“ neben solchen wohnen, die sich ganz bewusst für ein abgeschiedenes Dasein in der Provinz entschieden haben: Farmer, Arbeiter, ehrenhafte Bürger sowie für sich allein bleiben wollende und/oder in kriminelle Machenschaften verstrickte Leute also – fernab der City, nicht selten gewisse (unterschiedlich gewichtige) „Geheimnisse“ verbergend. Rosie (Alex Essoe) und der Ex-Soldat John (Stewart) sind zwei von ihnen: Für seinen Onkel Neil (Skip Sudduth) nehmen sie in ihrer Garage u.a. Geld aus Drogen-Geschäften entgegen, kümmern sich um den Austausch von Nummernschildern – bilden somit quasi eine „Zwischenstation“ für Dealer oder sonstwie mit Neil in Verbindung stehende Personen. Im Gegenzug hat jener ihnen das Häuschen (einige Meilen außerhalb des Ortes) überlassen, bezahlt sie für ihre Dienste – behält sie aber strikt „unter seiner Fuchtel“. Wer ihn hintergeht, muss mit Schmerzen oder gar dem Tod rechnen. Beide wollen aus dieser Situation „ausbrechen“, sich absetzen – haben einige Dollar angespart und warten nur noch auf den passenden Moment…

Der Einstieg gefiel mir gut: Nach einer mit dröhnenden Musik unterlegten, u.a. „beschädigt-grobkörnige Filmfetzen“ und einen durch die Nacht rasenden Wagen aufzeigenden Opening-Credits-Sequenz sowie dem Stopp einer Rauschgift-Kurierin (angeschossen, mit einem Kleinkind auf dem Rücksitz) bei John und Rosie – welche ihre Kennzeichen wechseln und sie notdürftig verarzten, bevor die Frau ihre Route im Anschluss daran fortführt – wird das Tempo erst einmal zurückgefahren, um dem Zuschauer in Ruhe das Entwickeln eines „Gespürs“ für das Paar (inklusive ihrer Lebensumstände und Pläne) zu ermöglichen. Obgleich John´s Onkel ein mobiles Sauerstoffgerät nutzt, ist er dennoch ein bedrohlicher Zeitgenosse mit einer Menge Einfluss in der Gegend. Auch John wird regelmäßig von einer lokalen Polizistin (Jaqueline Fleming) „schikaniert“ – bspw. angehalten und durchsucht. Rosie indes ist meist allein daheim, langweilt sich und beobachtet öftermals das Grundstück ihres einzigen Nachbarn Troy (Bill Engvall) durch ihr Teleskop: Der Mann ist ihr unheimlich – und das nicht nur, da er recht häufig herumhoppelnde Hasen mit seinem Gewehr erlegt…

Als John eine Mülltonne Troys auf der Straße liegend vorfindet, stellt er sie kurzerhand zurück und denkt sich nichts weiter dabei. Am Abend klopft es dann allerdings bei ihm an der Tür: Es ist Troy, der sich ihnen (samt mitgebrachtem Bier) erstmals richtig vorstellt und sich im Zuge dessen danach erkundigt, ob es denn John war, der seinen Besitz betreten hatte. Unterschwellig nimmt das Gespräch einen „warnenden Ton“ an, als der Gast andeutet, mitbekommen zu haben, was in ihrer Garage so vor sich geht – man sich also lieber „aus den Angelegenheiten des anderen“ heraushalten solle. Es wird signalisiert, sich gegenseitig zu verstehen – und sich unverbindlich zu einem neuerlichen „Drink und Schnack“ (irgendwann künftig mal) verabredet. Diese an klassische Crime-Thriller erinnernde „Slow Burn“-Phase des Verlaufs gewinnt nun zunehmend an Suspense – zumal John und Rosie in den nächsten 24 Stunden ihr Vorhaben nun endlich realisieren wollen: Ihr Aufbruch muss jedoch heimlich sowie ohne die rund $100.000 zu stehlen geschehen, welche sie gerade für Neil aufbewahren – um seinen zu erwartenden Zorn nicht zusätzlich anzufachen…

Während John am folgenden Tag ein letztes Mal seinen Onkel in dessen Restaurant aufsucht, behält Rosie das schräg gegenüber gelegene Haus im Auge – hinter welchem plötzlich ein offenbar verletzter Jugendlicher hervorrennt, bis er von Troy nach einigen Metern brutal zu Boden gestreckt wird. Als John zurückkehrt, ist Rosie verschwunden. Da die Tasche mit dem Geld noch da ist, geht er nicht davon aus, dass sie die Stadt ohne ihn verlassen hat. Sein Verdacht fällt umgehend auf Troy, der wenig später wegfährt und ihm somit die Gelegenheit bietet, sich durch eine unverschlossene Tür Zutritt zu verschaffen: Drinnen erkundet John die verschiedenen halbdunklen Zimmer – was ebenso stimmungsvoll wie spannend arrangiert wurde – bis er dumpf vom Keller her erklingende Musik vernimmt, dieser nachgeht und auf ein Untergeschoss stößt, welches wiederum in mehrere Raumabschnitte unterteilt wurde, in denen aktuell drei Personen in metallischen Käfigen festgehalten werden – nämlich Rosie und die beiden Teenager Sarah (Melissa Bolona) und Cole (Mason Guccione). Er benötigt Werkzeug, um sie zu befreien – doch just zu der Zeit trifft Troy erneut vor Ort ein…

John´s militärische Vergangenheit verleiht ihm die Selbstsicherheit, es (u.a. per Zuhilfenahme des Überraschungseffekts) mit Troy aufnehmen zu können – bis sich die Lage auf einmal zu seinem Ungunsten verändert, indem unerwartet auch dessen zwei erwachsene Söhne (Ronnie Gene Blevins und Luke Edwards) auftauchen. Notgedrungen zieht er sich zurück, verbirgt sich in einem noch nicht fertig ausgebauten Bereich des Kellers und wird schon kurz darauf Zeuge, was genau die Männer dort unten eigentlich (mit den unglückseligen Eingesperrten) so treiben. Konkretes in der Hinsicht wird an dieser Stelle natürlich nicht verraten – zumal es tatsächlich mal nicht „das Übliche“ ist. Ähnlich wie bei John und Rosie haben „fehlende Alternativen“ dazu geführt, dass Troy, Harley und Cooper ebenfalls „einen Pfad abseits der Gesetzmäßigkeit“ eingeschlagen haben: Ihre „moralischen Anschauungen“ mussten sie dazu ausblenden bzw. überwinden – allerdings wurde irgendwann der sprichwörtliche „Punkt ohne Wiederkehr“ überschritten, so dass sie inzwischen „über Leichen gehen“ und weiter machen; mit ihren Zielen (an Geld kommen und nicht erwischt werden) fest im Blick…

In der Hauptrolle liefert Josh Stewart („the Hunted“) eine Performance ab, die sich zwar nicht allzu sehr von seiner in der „the Collector“-Reihe unterscheidet, nichtsdestotrotz bestens zu überzeugen weiß. John und Alex Essoe´s („Starry Eyes“) Rosie bilden ein echt nettes Paar – wobei sie eine hübsche, sympathische junge Dame ist, welche sich durchaus auch tough zur Wehr setzen kann (also nicht bloß rein als „Eye Candy“ oder „Damsel in Distress“ fungiert). Einen unverhofft starken, mit feinen Nuancen versehenen Auftritt legt derweil ausgerechnet der US-Komiker Bill Engvall („Delta Farce“) als „raubeiniger“ Antagonist Troy an den Tag: Einträglich merkt man ihm an, dass er „mit Engagement und Vergnügen“ bei der Sache war. Die übrigen Charaktere wurden vergleichsweise oberflächlich gezeichnet – erfüllen aber allesamt die ihnen zugeschriebenen „Zwecke“ innerhalb des Geschehens und wurden u.a. mit Jaqueline Fleming („Contraband“), Skip Sudduth (TV´s „Third Watch“), Ronnie Gene Blevins („Joe“), Luke Edwards („Jeepers Creepers 2“), Melissa Bolona („Shark Lake“) und Mason Guccione („Night of the Wild“) zufrieden stellend ordentlich besetzt…

Dunstan und sein Drehbuch-Co-Autor Patrick Melton – mit welchem er bereits die achtbare Zahl von rund 15 realisierten Projekten (unter ihnen „Saw 4-7“ und „Feast 1-3“) verfasst hat – offerieren dem Publikum hier nichts wirklich Neues, Kreatives oder Nachhaltiges – variieren ihre bisherige „Linie“ allerdings ein Stück weiter weg von offensiv auf Gewalt und Schocks ausgerichteter Horror-Kost zugunsten nachvollziehbar agierenden Figuren und einer möglichst effektiven Suspense-Erzeugung. Seitens des Aufbaus entwickeln sich die Ereignisse linear voran, steigern sich vorbildlich – und das inklusive einzelner „Irrleitungen“, Offenbarungen, Rückschläge, glaubwürdiger Entscheidungen und packender Konfrontationen. Zudem werden bestimmte Klischees erfolgreich umgangen – wie z.B. dass die „Baddies“ nicht ständig mit aufgesetzten Masken herumlaufen, die sie in der Gegenwart der Verschleppten tragen. Dass einem detailliertere Background-Infos über die meisten Leute und ihre Machenschaften verwehrt bleiben, empfand ich indes als annehmbar, da die erhaltenen für einen Streifen dieser Art (jedenfalls meiner Meinung nach) absolut passabel ausreichen…

Nicht nur durch geschickte „Verzögerungen“ gelingt es dem Film wiederholt, den Zuschauer in Anspannung zu versetzen. Es wird Herumgeschlichen, ein „Katz&Maus-Spiel“ entbrennt – und zum Ende hin nimmt der Action- und Gewaltgrad anwachsend zu. Trotz mehrerer brutaler Szenen (á la ein Kampf in einer Grube voller Tierkadaver) hat sich Dunstan insgesamt jedoch zurückgehalten, wie er selbst berichtete. Neben einzelnen „klischeehaft, aber coolen“ Einstellungen (allen voran: sich in Zeitlupe von einem lodernden Feuer entfernen) gibt es überdies einige Referenzen (etwa gen „Rear Window“ oder „the Texas Chainsaw Massacre“) zu verzeichnen – während der klangkräftige Score des einstigen „Nine Inch Nails“-Mitglieds Charlie Clouser („Death Sentence“) und die inspirierte Kamera-Arbeit Eric Leachs („Intruders“) die beklemmende Atmosphäre dienlich potenzieren. Ferner sorgen regelmäßig integrierte „Super 8“-Aufnahmen für einen zusätzlichen „gritty-beklemmenden Touch“ und fördern zugleich das Gefühl, dass es scheinbar stets jemanden gibt, der beobachtend im Verborgenen lauert – egal ob nun ein Nachbar oder irgendwelche „Hintermänner“, wie es Troy im Rahmen des Finales andeutet…

Fazit: „the Neighbor“ ist ein düsterer, kompetent gemachter, unterhaltsamer Thriller: Beileibe kein „Meisterwerk“ – entsprechend geneigten Genre-Fans aber durchaus zu empfehlen…

„7 von 10“

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