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Maik Klingenbergs (Tristan Göbel) Sommerferien drohen eine Katastrophe zu werden: die Mutter (Anja Schneider) ist zum Alkoholentzug, der Vater (Uwe Bohm) auf „Geschäftsreise“ mit seiner Freundin und sein Schulschwarm hat ihn nicht zu ihrer Party eingeladen. Da steht plötzlich sein neuer Mitschüler Andrej "Tschick" Tschichatschow (Anand Batbileg) mit einem geklauten Lada vor der Tür…

Es ist eigentlich ein typischer Fathi Akin Stoff, den der deutsch-türkische Regisseur (geb. 1973 in Hamburg „Gegen die Wand“ 2004, „Soul Kitchen“ 2009, „The Cut“ 2014) für seinen 10. Langfilm wählt, doch eigentlich ist er nur für David Wnend („Feuchtgebiete“ 2014) eingesprungen, der sich mit den Produzenten überworfen hatte. So dreht Fathi Akin erstmals nicht nach eigenem Drehbuch, obwohl er das Script von Lars Hubrich noch schnell mit seinem Freund Hark Bohm („Nordsee ist Mordsee“ 1976) überarbeitet hat. „Tschick“ ist, bei Auslassung einzelner Szenen, die bis in die Dialoge originalgetreue Verfilmung von Wolfgang Herrndorfs 2010 erschienenen, gleichnamigen Jugendroman, der sich 2,2 Millionen Mal verkauft hat.
In einigen Gesprächen, wie sie nur männliche Teenager führen („ohne Sinn!“), erinnert der Film an Rob Reiners großartigen Abenteuerfilm „Stand by me“ (1986), doch eigentlich ist Maik eine Reinkarnation von Tom Sawyer und Tschick zweifellos Huckleberry Finn. Statt einem Floß auf dem Mississippi sind es nun ein alter, aber robuster Lada und die brandenburgischen Landstraßen, auf denen die beiden Ausreißer in die Walachei starten („die gibt’s doch gar nicht, das ist ein erfundener Ort, wie die Pampa“), wo angeblich Tschicks Opa wohnt. Aus Maiks Abneigung vor dem Assi aus dem Marzahner Plattenbau wird schnell Freundschaft als sie einem Dorfpolizisten entfleuchen, bei einer Ökofamilie Risi-Pisi speisen, ein schmuddeliges Mädchen kennenlernen und unter einem Windrad die Nacht verbringen. Fathi Akin hat den Draht zur Jugend nicht verloren und setzt seine beiden tollen Hauptdarsteller mal mutig, mal unbeholfen in Szene, wie Jungs in diesem Alter so sind. Für Menschen zwischen 12 und 15 ist „Tschick“ eigentlich ein Muss, doch auch erwachsene Zuschauer können sich Fathi Akins mit leichter Hand inszenierten und doch anspruchsvollem Road Movie kaum entziehen. (8,5/10)

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