kurz angerissen*
Die kleine Schwester von „The Shallows“ nimmt es nicht ganz so genau mit der Glaubwürdigkeit bei Charakterzeichnung, Konstellation und Verhaltensdarstellung der Tiere, Hauptsache, die Fanfaren der Jump-Scare-Attacken ertönen regelmäßig bei aufblitzenden Zahnreihen. Dass Mandy Moores Charakter sich überhaupt nur deswegen zum Tauchgang überwinden kann, damit sie ihren Freund nach frischer Trennung mit Hai-Selfies beeindrucken kann, entschuldigt schon ein wenig dessen Entscheidung, sein Leben künftig ohne die Hauptfigur dieser Geschichte zu planen (was ihn in Abwesenheit und ohne Möglichkeit zur Verteidigung natürlich als Macho-Arsch darstellen soll).
Als der Organisator der Tauchgänge dann von 6- bis 9-Meter-Exemplaren berichtet, weiß man spätestens, dass man eine Dehnung der Realität zugunsten des dramaturgischen Effekts zu erwarten hat. Bevor die Großen Weißen ihren Auftritt haben, werden aber zunächst die bestialischen Anlagen einiger der männlichen Einheimischen angedeutet – auch der geschmackvoller abgefilmte „The Shallows“ kam ohne diese Anleihen aus dem Backpack-Slasherfilm nicht aus. Diesmal sollen ein paar flapsige Sprüche, abschätzige Blicke und Fußballer-Manieren (einfach mal schön einen Klumpen Rotz aus dem Mundwinkel schlonzen) die Operation „Käfig-Tauchen“ fragwürdig erscheinen lassen, noch bevor es unter die Oberfläche geht. Ein rostiger Käfig hilft dabei auch sehr.
Als dann endlich die Kette reißt und das Geschwisterpaar am Grund des Meers seinen Überlebenskampf antritt, bleibt es zwar dumm, aber die Intensität steigt. Das Drehbuch zaubert allerhand Kniffe aus dem Hut, um die prinzipiell beängstigende Situation nicht zu einer Art „Underwater Bus Stop“ geraten zu lassen. Einiges davon ist recht abenteuerlich, aber man kann nun nicht sagen, dass das Schicksal der Schwestern kalt ließe, was zugegebenermaßen weniger an den Hauptdarstellerinnen liegt, sondern vielmehr an der Unmittelbarkeit des Szenarios, in das man sich fürwahr nicht selbst eindenken möchte. Auch wenn die Verhaltensweisen der Haie sehr oft wider ihre Natur gedehnt werden müssen, was im Sinne eines Genrefilms durchaus legitim ist, erzeugen viele Momente unter Wasser ein Gefühl der Beklemmung, sei es durch den ausgehenden Sauerstoff, durch die abgebrochene Kommunikation an die Oberfläche oder durch das geschickte Wechselspiel aus Klaustrophobie und Agoraphobie, die mit der Angreifbarkeit von allen Seiten ausgeht, so dass auch eine Unterwasserklippe trotz nicht vorhandener Fallgefahr zu einem echten Prüfstein wird.
Weil sich Johannes Roberts mit den realistischen Ansätzen eines „Open Water“ oder „The Reef“ nicht lange aufhält, überrascht auch das von Twists durchgerüttelte Finale nicht mehr. Das Vertrauen in die Wirkung des Unsichtbaren hält nie lange an, was dem Film einen oberflächlichen, reißerischen Anstrich gibt. Doch immerhin gelingen dank effektiv inszenierter Haie packende Spannungsmomente. Und ernstzunehmende Konkurrenz gab es im Jahr 2017 ja nicht...
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