Schwere Herzen voller Glück
Kurz war ich mir nicht sicher, ob der oscarnominierte "Mein Leben als Zucchini" bei den gespannt guckenden Kindern im Kinosaal gut ankam, ob er nicht etwas zu erwachsen, real & traurig war... doch als das kleine Mädchen in der Reihe hinter mir ganz verzaubert ihrem Opa ins Ohr säuselte "Das ist ein so wunderschöner Film!", fiel mir ein Stein vom Herzen. Es wurde mir der Glauben an kindlichen/(groß-)elterlichen Filmgeschmack in Zeiten der "Minions" zurückgegeben. Ich kann ihr da nur zustimmen - was für ein unglaublich bezaubernder Film! Ich hätte niemals gedacht, dass letztjährige Highlights wie "Kubo" oder "Moana", oder auch der Kurzfilm "Piper", emotional noch getoppt werden können - doch dieses französische 66-Minuten-Wunder traf mich tiefer als je erwartet. Eine echte Schande, dass er so limitiert momentan in unseren Kinos läuft!
Der leider etwas zu kurze aber enorm kraftvolle & ehrliche Stop-Motion-Film, handelt vom Waisenjungen Zucchini, der in einem Waisenhaus andere Kinder & neue Freunde kennenlernt, die mindestens genauso traumatische Dinge durchgemacht haben. Die kleinen Menschen wachsen zusammen, in mehrfacher Hinsicht, machen Ausflüge & werden zu einer echt eingespielten Gemeinschaft. Und wie diese Truppe reifer wird, mit vollkommen erwachsenen Themen kindlich umgeht, ist auf einem selten erreichten Level für einen "Kinderfilm". Gerade deshalb so kostbar für die Kleinen. Ohne Zuckerschicht, ohne Weichspüler, ohne Lügen. Manche Szenen, Themen & Emotionen können kleinere Kinder sicher etwas aufwühlen & über deren Köpfe schießen, trotzdem empfehle ich jeden aufgeklärten Eltern & ihren Kleinen kaum einen Film dieses Jahr mehr. Nicht-Eltern, Animationsfans & Filmliebhabern natürlich auch - bitte nicht von dem "Kids Kino"-Slogan abschrecken lassen!
Optisch gibt es sicher hübschere Filme seiner Art, die kurze Spieldauer reißt einen zudem früh aus der emotionalen Achterbahnfahrt. Trotzdem reicht diese gute Stunde um einen zu verzaubern & sich tief in die Filmseele zu spielen. Die Clique von Waisenkindern wächst einem ans Herz, jeder hat liebenswerte Eigenarten & wen berühren traumatisierte Kinder nicht. Der Film knackst dein Herz an, hat aber so ein Feingefühl, dass er einen am Ende doch mit einem guten Gefühl entlässt. Man lacht, man weint, man strahlt & man weiß, dass man einen ganz besonderen Film in sich aufgenommen hat. Keine leichte Kost & ungewohnt düster, reif, tiefschürfend. Hätte er noch 15 Minuten drangehangen, müsste man wohl von einem Animationsmeisterwerk sprechen. Ein gern gesehenes Wunder im Molloch flacher Filme für die Kleinen & im Herzen Kleingebliebenen. Irgendwo zwischen "Kubo", den "Peanuts" & "Coraline", doch fester in der Realität verankert. Voller Angst & Hoffnung, Freude & Gefahr, Kindheit & erwachsenen Problemen. Ich kenne keinen Film "ab 0", der so reife, mutige, universelle & ambivalente Fragen stellt. Nicht mal ansatzweise. Die Franzosen mal wieder!
Fazit: kompakt, emotional, magisch, menschlich - eine kurze Animationsperle, die in mein Herz schlug, wie lange kein Film mehr. Das einzige Negative ist sein Ende, das einfach zu schnell da ist!