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"I never saw anything funny that wasn't terrible. If it causes pain it's funny; if it doesn't, it isn't" - W.C. Fields.

1995 wurde das die Dekade mitbestimmende Duell Jackie Chan - Stephen Chow erstmals wieder von Chan gewonnen; zumindest belegten Rumble in the Bronx und Thunderbolt Platz 1 bzw. 2 in der Jahresendliste. Dafür besetzte Chow als ausgleichende Gerechtigkeit gleich vier Plätze in den Top 10; Out of the Dark macht den Abschluss und stellt sich auch als ungewöhnlichstes Projekt in der medial routinierten Hitliste dar. Zumindest was die Zielrichtung und damit auch die Auswahl von Stoff und Methodik einschliesst und bis heutzutage mit ein Grund dafür ist, dass das Werk eher den Ruf als Geheimtipp besitzt. Man ruhte sich nicht mehr auf den üblichen Settings, Themenstellungen und Quintessenzen auf, sondern legt mit dieser anarchisch-derben Blutklamotte einen Weg abseits des sonstig programmierten Affenzirkus ein. Eine Gangart von Nonsens mit Härte und Tiefsinn, die je nach Sichtweise entweder zu früh oder zu spät beschritten wurde.

Der Film ist nicht nur zeitlich merkwürdig unfixiert und stand vorübergehend allein und ledig auf weiter Flur; möchte man den vergleichenden Blick auf etwas Ähnliches oder gar einen Ursprung im Genresystem werfen, muss man einige Jahre zurückgehen und landet bei dieser umschauenden Klein-Retrospektive auch gleich bei seinem entscheidenden Mitwirkenden: Filmemacher Jeff Lau, der ein Jahrzehnt zuvor seine langlebige und vielseitige Karriere damit aufgebaut hat, Horrorwerke oder dessen verbindenden Komödien zu produzieren, zu schreiben oder auch eigenhändig in Privatinszenierung zu drehen. Dabei entstanden eine Handvoll verdienter Klassiker, die von The Imp [ 1981 ] über The Haunted Cop Shop 1 + 2 [ 1987/88 ] und Operation Pink Squad 2: The Hunted Tower [ 1989 ] bis hin zu Funny Ghost und Mortuary Blues [ 1989/90 ] reichen. Der vorliegende Film ist sowohl auswertende Aufbereitung als auch ausspinnende Weiterführung, die Zugang zu diesen bestimmten Anspielungen und Querverweisen ermöglicht und sie für die fortgeschrittene Zeit vererbend überreicht; der drei Jahre darauf entstandene Bio-Zombie nutzt ebendiese Fußstapfen.
Die Blockade der Erinnerungen schliesst auch denselben Schauplatz mit ein. Ein speziell abgeschottenes Gebäude, dass eigentlich Normalität und Sicherheit darstellen soll, aber für einen Moment den Besuch der Hölle des Immergleichen bereithält:

Ein modernes Hochhaus, einschliesslich mit im Erdgeschoss befindlichen Geschäften, wird nach dem Tod einer alten Dame zum Ort des Grauens. Die mehrköpfige Wachmannschaft unter Führung von Security Captain Lu [ Lo Hung ] ist dem Spuktreiben machtlos ausgeliefert und soll nach Anordnungen des Besitzers Wu [ Leung Kar Yan ] auch Stillschweigen gegenüber der Öffentlichkeit bewahren. Nur der sich wegen seiner überbordenden Fantasie in der lokalen Psychiatrie befindende Leon [ Stephen Chow ] kann Abhilfe schaffen, wobei dieser die aufgedrehte Kwan [ Karen Mok ] benötigt.

Die Handlung ist wegen seiner turbulenten Kürze von nicht einmal 80min auf das Nötigste eingeschränkt, was auch für Raum und Zeit gleich mitgilt und dem Szenario ein willkommenes Gefühl der zurückgezogenen Isolation beigibt. Eine fragmentarische Vision mit der Dramaturgie von Wiedererkennung, Umschwung und Verfremdung. Das architektonische Stahlmonstrum ist Hauptstandort, bekommt auch keine anliegende Umgebung zugefügt und scheint sich trotz einer offenkundig erschlossenen Urbanität tatsächlich irgendwo in der antirationalen Einöde zu befinden. Vergleichbar mit dem Apartment-Komplex in Cronenbergs Parasitenmörder, vielleicht noch mit einem Hauch von Maas' entlegenem Fahrstuhl des Grauens; sowieso erwecken einige Szenen den Eindruck, dass man sich nicht dem Einfluss von ausländischen Filmen verschliesst und neben der eindeutig chinesisch-respektvollen Religiösität auch den Schrecken einer kalten, leblosen, übertechnisierten Welt zeigt. Der Zweikampf von Mensch gegen Maschine, oder auch die Verschmelzung von Objekt und Subjekt, wie er in dem Zeitraum z.b. auch in The Tower oder Der Killer im System angewandt wurde und woher hierfür ebenfalls einige inspirierende Stimulationen bezogen werden.

Zwar spukt hier nicht das Gebäude an sich, werden durch die auftretenden Geisterkräfte aber Türen zugeschlagen, Lichter an- und ausgeschaltet, Gegenstände bewegt, gelangen Deckenventilatoren, Fernseher, Stromleitungen, Heizungen etc. zu einem furchterregenden Eigenleben und stellen so eine ungebräuchliche Extremform der Gefahr dar. Die folgende Nonstoprevue noch zusätzlich gesteigert durch Possession von Menschen und ein reales Mordpaar. Dabei weisst die Darbietung abseits eines durchgehend abstrusen Tones durchaus seine Momente von radikalen Bildern auf, die neben einer indirekt organlosen Atmosphäre ohne Probleme eine gewisse Beängstigung erreichen kann. Be- oder Anwohner sind kaum vorhanden und lassen sich schon gar nicht bei der nächtlichen Schauderjagd blicken. Treppenhäuser, Fahrstühle und Geschäfte sind stetig leer. Unzureichende Beleuchtung und Gitter vor den Zimmertüren als weitere Merkmale des zuweilen frostigen Porträts. Ein merkwürdiges Gemisch von widerstreitenden Gefühlen. Satirische Ansätze, aber mit aggressiven Tendenzen. Die Beengung, die Anonymität und die Als-ob Wirklichkeit, die aufgrund von Halluzinationen, Illusionen und fassungslos zurücklassender Obskurität mehr Ähnlichkeit mit einem Baudrillardschen Simulacrum hat als mit einer globalisiert aufgeklärten Postmoderne.

Auch die Suche nach dem "neuen Fleisch" hält seinen Einzug, nur in seiner Übertreibung, der offenkundigen Parodie und der Schwarzhumorigkeit neben dem Schreckens- oder gar Splattereffekten auch zur Erzeugung von comigalen Spitzen, scharfen Ironien, Doppelbödigkeit und Hintersinn genutzt. Leute bekommen ganze Kühlschranke auf dem Kopf, steigen nach diesem Slapstick der Vorsehung aber karikaturhaft-ungerührt von innen daraus hervor und schimpfen nur nach oben. Humoreske Kontexte entstehen generell aus der bösartigen Intention, dem Schaden Anderer und dem entsprechenden Spott, Sarkasmus und Zynismus. Chow und sein gleichwertig gesetztes Team agieren mit spürbar-mitreissender Freude an Kalauern, Zoten und Selbstreferenz. An Verständnisschwierigkeiten auf der sprachlichen Ebene, eloquenten Bonmots, scharfen Erwiderungen, körperlichen Missgeschicken, falschen Erwartungen, unvorhersehbaren Ereignissen, Stegreifauftritten und Paradoxien.

Mehrmals wird in Eile zum Krankenhaus gerast, weil ein Russisch Roulette Spielchen mit Zündschnur und Dynamit danebenging. Das "Emergency" - Schild vorm OP-Saal funktioniert ähnlich wie das "Beep Beep" des Road Runners, dessen Charakterzüge auch ein zweites Mal zitiert werden: Wenn man nicht an das glaubt, was man sieht, kann einem auch nichts passieren; die Bedeutung der Angst wird hier ganz wie beim aktiven Cartoon definiert. Die Figur fällt hier wie dort auch nur dann in den Abgrund, wenn sie mitbekommt, dass unter ihr statt Boden nur Luft ist.
Eine grandios übersteigerte Wiederbelebungsszene in kindlicher Beharrlichkeit fusioniert Komik und Gewalt ähnlich wie beim hyperaktiven Re-Animator und schickt ebenfalls laufende kopflose Körper durch die Gegend. Ins schelmisch Surreale kippende Goreinlagen mit Messer, Axt und Kettensäge und anderweitige Zerstörungsorgien werden in hysterischer Theatralik vollzogen und grenzen sich so selber in die lächerlich machende Denunziation und augenzwinkernde Demontage aus; ohne aber Peinlichkeiten, sondern eskalierende Sketche mit harten Pointen zu bemühen. Das Ergebnis ist ein travestierendes Zerrbild mit rauher Oberfläche und viel Sympathie und Herz. Die etwas andere Variante von Harold Lloyds Ausgerechnet Wolkenkratzer. Ein herzhaft-deftiges Kirmesvergnügen ohne die Lärmschutzwände von Moralität, gutem Geschmack und politischer Korrektheit, dafür aber mit Dosenwerfen, Hüpfburg, Karussell und eben auch Geisterbahn in einem.

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