Review

SPOILER!

Ein Märtyrer gegen die Todesstrafe - oh Herrgott, dass man das noch erleben darf! Das ist ebenfalls Auge-um-Auge-Denken, genau wie das eigens behandelte Thema!

Der Film maßt sich an, einen Beitrag zur Diskussion über das wohl strittigste Thema des modernen Rechts zu bringen und verschenkt alles Potential, das er hat, bis bloß noch ein unterdurchschnittlicher Krimi bleibt, der auch nicht besser ist, als diese ganzen Grishamverfilmungen. Aber wie kann man auch kritisch (das heißt übrigens von beiden Seiten!) an eine Sache herangehen, wenn man dabei einen völlig unglaubwürdigen, realitätsfernen, konstruierten und unwarscheinliche Ausnahmefall thematisiert: Ein intellektueller Aktivist gegen Todesstrafe, der "unschuldig" verurteit ist, es aber so will, um ein Exempel gegen die Todesstrafe zu statuieren.

Aus der Nase gezogen ist auch der Rest des Films. Da wäre zum einen die zunächst stur-konsequente Reporterin, die auf einmal zum flennenden bemitleidenden Moralapostel wird. Zum anderen ist da die vom Schicksal geplagte Lebensgeschichte vom Philosophieprofessor Gale und seinen Bekannten (vor allem die leukämiekranke(!) Aktivistin, die sich dann umbringt), wo man krampfhaft Rechtfertigungen und Erklärungen zu Gales Situation abzugeben versucht und ihn als gebeutelten, unglücklichen Menschen darstellen will, der in geistigem Konflikt mit seiner Einstellung steht, während er sich zusäuft. Die Klischeestory (man gibt es ja selbst zu! - auch wenn es nicht um die Noten geht) mit der Studentin hat auch schlicht keinen Boden. (Und die Philosophievorlesung wirkte eher wie eine Ethikstunde in der Schule...)

Der Gipfel zu "Spannung ohne Sinn" ist aber noch die Stelle, wo die Reporterin den Selbstmord nachstellt, fast erstickt, um damit zu beweisen (...), dass es Selbstmord war. Bewegend und nervenaufreibend ist dabei wirklich gar nichts, zumal die Protagonisten zu eindimensional skizziert sind und die Geschichte ziemlich vorhersehbar verläuft und mit den üblichen Krimithriller-Elementen (der zugespielte Hinweis, der unbekannte Verfolger im Auto, etc.), sowie einem oft unpassenden Humor versehen ist.

Völlig nach hinten los geht dann eben das Ende, wo klar wird, dass Gale vom Doppelmärtyrerplan wusste. Ich würde meinen, dass diese Aktivisten nicht nur selten dumm sind, sondern sich auf dem gleichen Niveau aufhalten wie die Befürworter. Zynisch gesagt könnte man (u.a. auch wegen der Schuldfrage Gales) den Film noch eher als Plädoyer für die Todesstrafe sehen...

Eine Aufarbeitung des Themas wird hier also keinesfalls geboten, sondern eine sehr plumpe, ungewollt amerikanisch-konservative Botschaft. Wenn man eine richtige, bewegende Auseinandersetzung mit der Sache haben will, die wirklich kritisch argumentiert, beide Seiten darstellt und nicht einfach auf Sensation aus ist, dann sollte man sich "Dead Man Walking" anschauen. 3/10.

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