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Werke, die auf dem seit Februar 1984 bestehenden amerikanischen Kabel-Sender „Lifetime Television“ laufen bzw. meist auch eigens für eben jenen (oder den später gegründeten Film-Kanal „Lifetime Movie Network“) produziert werden, richten sich hauptsächlich an ein weibliches Publikum, basieren oft „auf wahren Begebenheiten“ und lassen sich vielfach als „qualitativ nicht gerade hochwertige Soap-Operas“ charakterisieren – samt all der quasi mit dazugehörenden Klischees und formelhaft-trivialen Drama- und Krimi-Elementen: Budget-günstige Kost, mit der sich Hausfrauen und Mütter ihre Zeit vertreiben können, sozusagen. Neben unfreiwillig trashigen Biopics á la „Liz & Dick“ (mit Lindsay Lohan) oder „Britney Ever After“ (mit Natasha Bassett als Miss Spears) sind es vor allem jedoch Streifen mit solch markanten Titeln wie „the Pregnancy Pact“, „Death of a Cheerleader“, „My Stepson, my Lover“ oder „Fifteen and Pregnant“ (übrigens mit Kirsten Dunst), die den entsprechenden Ruf jener Veröffentlichungen und Schmiede entscheidend geprägt haben…

Den Verantwortlichen ist das natürlich nicht verborgen geblieben – doch der anhaltende Erfolg gibt ihnen Recht. Zuletzt hat man sich allerdings darauf einzulassen begonnen, die Realisierung einzelner Projekte zu unterstützen, welche die betreffende Art von Filmen auf nicht unreizvolle, sich durchaus in einem gewissen Rahmen ernst nehmende Weise sowohl parodieren als auch ihnen Tribut zollen. „A Deadly Adoption“ (mit Will Ferrell und Kristen Wiig) war 2015 ein solcher Fall – ebenso wie das hier nun zur Rezension vorliegende 2016er „lose Remake“ des 20 Jahre zuvor entstandenen, bei uns als „Amoklauf aus Eifersucht“ erschienenen Thrillers „Mother, may I sleep with Danger?“ (mit Tori Spelling und Ivan Sergei). Das Besondere an dieser „Neu-Version“ ist, dass es sich bei ihr um ein mustergültiges „Reimagining“ der klassischen „nettes Mädel rebelliert gegen ihre dominante Mutter und lässt sich mit einem neuen, sich nicht lange danach als ein gefährlicher Psycho entpuppenden Freund ein“-Geschichte handelt – allein schon weil damals keine lesbischen Vampire mit von der Partie waren…

Ja, ganz richtig gelesen: Dieses Mal geht die Gefahr, der sich die zentrale Protagonistin des Geschehens ausgesetzt sieht, primär von einigen „Blut-Saugern“ aus, mit denen sie in Kontakt gerät. Auf diese echt schräge Idee war kein Geringerer als „Tausendsassa“ James Franco („In Dubious Battle“) gekommen – welcher „Lifetime“ die Idee dann auch „zu verkaufen“ in der Lage war (derartige Flicks sind für gewöhnlich nicht in deren Programm-Portfolio zu finden). Obgleich er (in Addition zur Übernahme eines kleineren Parts) „offiziell“ bloß als Executive Producer und Story-Lieferant beteiligt war, sieht man dem fertigen Ergebnis seine „Handschrift“ überdeutlich an – von der vereinten Cast&Crew über eine Bandbreite an Inhalten bis hin zum Stil der Umsetzung. Mit diversen (vorwiegend attraktiven) Newcomerinnen – unter ihnen Leila George (Hauptrolle), Amber Coney (Drehbuch) und Melanie Aitkenhead (Regie) – begab er sich an die Arbeit – wobei er Spelling und Sergei ebenfalls mit an Bord holte, die in diesem Film nun aber andere Personen verkörpern…

Leah (George) ist eine Studentin, die weiterhin daheim bei ihrer konservativen Mutter Julie (Spelling) wohnt, nachdem ihr Vater vor einigen Jahren getötet wurde. Während sie tagsüber gern angeregt mit einem ihrer Dozenten (Sergei) über Literatur diskutiert und sich außerdem mit ihrem Theater-Kurs auf eine anstehende Aufführung von Shakespeare´s „Macbeth“ vorbereitet, bei der man ihr die Titel-Figur zugestanden hat, trifft sie sich abends so oft es nur geht mit ihrer Freundin Pearl (Emily Meade) – einer ungefähr gleichaltrigen Fotografin, mit der sie ein Paar bildet. Bestärkt durch ihre Gefühle sowie Pearl an ihrer Seite, traut sie sich bei einem gemeinsamen Dinner endlich, sich ihrer Mutter gegenüber als lesbisch zu outen: Eine Offenbarung, die jene (erwartungsgemäß) „nicht unbedingt mit Begeisterung“ aufnimmt. Was Leah aber weder ahnt noch weiß, ist dass Pearl ein sogenannter „Nightwalker“ ist, der von ihrem rein weiblichen Coven (u.a. Gabrielle Haugh und Mirela Burke) inzwischen immer nachdrücklicher dazu gedrängt wird, sie möglichst bald zu „eine der ihren“ zu machen…

„Mother, may I sleep with Danger?“ (2016) ähnelt kaum noch dem Original – allerdings sind verschiedene konkrete (über allgemeine Punkte hinaus reichende) Gemeinsamkeiten dennoch klar erkennbar. Neben vereinzelten bloß leicht abgewandelten Szenen – vorrangig zwischen Leah und Julie – wären da etwa die „literarischen Erörterungen“ im Hörsaal zu nennen: Statt über Gesellschafts-bezogene Novellen á la Henry James' „Daisy Miller“ zu sprechen, wird im Vorliegenden auf bestimmte Aspekte Genre-spezifischer Romane und Gedichte wie Christina Rossetti´s „the Goblin Market“, Bram Stoker´s „Dracula“ und Stephenie Meyer´s „Twilight“ eingegangen. In der Hinsicht empfand ich eine Argumentation Leahs zu letzterer „Saga“ als interessant und erinnert einen das Gebotene unweigerlich an Wes Craven´s „Scream“-Franchise. Vampirismus als Metapher für Homosexualität, Warnung vor Promiskuität oder einer unrechten Dämonisierung, Ausgrenzung und Verfolgung Menschen „anderer Gesinnung“ mag zwar keineswegs neu oder subtil sein – passt aber durchaus gut in den Kontext…

Darüber hinaus bringt sich Leah (anstelle von Leichtathletik und Aerobic) engagiert bei einer Bühnen-Interpretation von „Macbeth“ ein, welche sich just „in der kritischen Phase“ befindet und eben jenen König von Schottland als Frau portraitiert – was anfangs so nicht geplant war, bis sie den Regisseur (Franco) beim Vorsprechen dafür jedoch zu gewinnen vermochte. In Sachen Liebe, Konfrontation und Tod bietet das Stück mehrere Parallelen zu der aktuellen Situation in ihrem Leben: Ein inspirierter, wenn auch nicht sonderlich „vertiefter“ Ansatz, aus dem einige unterhaltsame Momente hervorgehen. Ausgerechnet Bob (Nick Eversman) hat dabei die Rolle Macduffs erhalten – seines Zeichens ein offenkundig „auf sie stehender“ Kommilitone Leahs. Als er mitbekommt, dass sie eine Freundin hat, fühlt er sich prompt „in seinem Stolz“ (sprich: Ego) verletzt, beginnt damit, „einen Keil“ zwischen sie und Pearl treiben zu wollen (u.a. indem er Julie erzählt, jene sei „schlechter Umgang“ für ihre Tochter), und wird im Zuge dessen zunehmend unheimlicher und bedrohlicher in seinem Auftreten…

Auf Leah wirkt also gerade eine Menge ein. Sie hatte gehofft, dass zumindest ihre Mutter auf ihr „Coming-out“ aufgeschlossener reagiert – wohingegen sie nie damit gerechnet hätte, dass Bob ihr auf einer Party Drogen in den Drink mischt und sie anschließend zu vergewaltigen versucht. Bei Pearl genießt sie die Geborgenheit einer derartigen Liebe. Deren Empfindungen sind vergleichbar stark: Genau das lässt sie zögern, Leah zu verwandeln – angesichts all der gravierenden Dinge (Veränderungen und Einschränkungen), welche dieser „Schritt“ vorgibt bzw. umfasst. Selbst als sie Leah mit dieser Gegebenheit konfrontiert – ihr die Wahrheit darlegt – vereinfacht das nichts, da Leah das nur im ersten Augenblick verstört und abschreckt. Als zwischen ihren Emotionen, Leah´s Wohlergehen und dem ausgeübten Druck ihrer „Schwestern“ abwägen müssende „Nightwalkerin“ gefiel mir Emily Meade („Trespass“) rundum prima. Sicher: Dass sie eine Fotografin ist, kommt schon etwas klischeehaft daher – allerdings sollte einen das bei einem „Lifetime Movie“ nun beileibe nicht verwundern…

In „Mother, may I sleep with Danger?“ (2016) war Vincent D'Onofrio´s und Greta Scacchi´s hübsches Töchterchen Leila George („Mortal Engines“) zum ersten Mal „vor der Kamera“ zu sehen: Ein solides Debüt. Diese Leah ist ein selbstsicheres, sympathisches Mädel – keine verletzliche, manipulierbare junge Frau mit einer Ess-Störung mehr. Erfreulich zudem, dass man ihr den grässlichen Frisur-Wechsel „von damals“ erspart hat. Als ihre konservative, gern Wein trinkende, sich förmlich perfekt ins „Lifetime Universum“ einfügende Mutter überzeugt die (dank einer Vielzahl an „Beauty-Eingriffen“) immer „merkwürdiger“ ausschauende Tori Spelling („Scream 2“) – ohne dass das jedoch 1:1 mit der Qualität ihrer Performance an sich verknüpft wäre. Hier ist Julie weniger aktiv darin, „ermittelnd“ tätig zu werden – was sie in der zweiten Verlaufshälfte eher „in den Hintergrund des Geschehens“ befördert. Meiner Meinung nach wäre es übrigens cool gewesen, wenn sie und Ivan Sergei („Dangerous Minds“) erneut dieselben Charaktere (im Rahmen ihrer Parts in dieser neuen Storyline) gespielt hätten – nur halt 20 Jahre später/älter…

Neben Nick Eversman („Hellraiser: Revelations“), der als Bob überwiegend mau agiert, treten überdies u.a. noch Emma Rigby („Plastic“), Gabrielle Haugh („the Institute“), Mirela Burke („They found Hell“), Christopher Allen („Tell me how I die“) sowie Script-Autorin Amber Coney (TV´s „Dead of Summer“) und Socialite Zoë Bleu Sidel (einzige Tochter Rosanna Arquettes) in Nebenrollen in Erscheinung – plus James Franco („Palo Alto“) natürlich, der nie außerhalb des Theater-Saals zu sehen ist, wo er von den Zuschauer-Rängen aus Anweisungen gibt und sich des Öfteren darüber wundern muss, in welche Richtung sich sein Stück da eigentlich so stetig entwickelt Schrägstrich bewegt. Franco war mit sichtlichem Spaß bei der Sache und hat „sein Werk“ durch den kompletten Entstehungs-Prozess begleitet – vom Erdenken und Organisieren über den Casting-Prozess bis hin zur Umsetzung. Auch die zeitgemäße, keineswegs irgendwie „forciert“ (oder so) wirkende „LGBT-Komponente“ ist ja eine ihm unschwer zuordenbare…

Den passablen Score hat kein Geringerer als „Smashing Pumpkins“- und „A Perfect Circle“-Mitglied James Iha („the Tesseract“) beigesteuert – für die arg konventionelle Kamera-Arbeit war Christina Voros („Child of God“) verantwortlich. Zugegeben, sporadisch erinnert der Look und das „Feeling“ des Streifens durchaus an '90er-Teen-Horror-Kost wie z.B. „the Craft“ – doch die häufig eingefügten „Übergangs-Luftaufnahmen“ von diversen Locations innerhalb der City sowie der Anblick regelmäßig in Slow-Motion herumschreitender Personen haben mir auf Dauer kontinuierlich anwachsender missfallen. Melanie Aitkenhead´s Regie-Stil lässt keinerlei „Individualität“ erkennen, hin und wieder gibt es „Pacing-Probleme“ zu registrieren (manche Szenen hätte man getrost „straffen“ können), Spannung und Atmosphäre sucht man nahezu vergebens und obendrein kommt der „Ton“ des Ganzen recht „uneben“ daher: Mal wirkt das Ergebnis tatsächlich wie eine weitestgehend dramatische (nur punktuell amüsante) „Meta-Parodie“ – mehrfach aber wie nichts anderes als ein gängiger Young-Adult-Vampire-Flick…

Wie schon das Original, wartet auch diese Version von „Mother, may I sleep with Danger?“ mit einer relativ schlicht gestrickten und vorhersehbaren Handlung auf – einschließlich einer Reihe „unausgeloteter“ Themenfelder; unter ihnen Gruppenzwang, moderne Progressivität und „Date Rape“. Die Präsentation der „Nightwalker“ geht in Ordnung, es gibt einige sexy Momente und blutige Gewalt-Akte (speziell zum Ende hin) zu verzeichnen, Set-Pieces wie die „Macbeth“-Aufführung und zwei Kostüm-Partys hinterlassen einen positiven Eindruck, Leah und Pearl bilden ein nettes Pärchen und die Entscheidung des Covens, primär Frauen-missbrauchende Männer „auszusaugen“, gefiel mir ebenfalls. Schade bloß, dass ein Großteil des Rests „nicht gerade aufregend“ geraten ist. Hätte man sich „so richtig austoben“ dürfen – frei der restriktiven Grenzen eines „Made-for-Lifetime-TV-Movies“ – hätten wir es möglicherweise nämlich mit einem neuen „Guilty-Pleasure-Schmankerl“ (á la „Embrace of the Vampire“ mit Alyssa Milano) zutun haben können…

gute „3 von 10“

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