Review

Krieg & Lieben

Das ist François Ozons Meisterwerk - dieser Gedanke ging mir ziemlich flott durch den Kopf, bei dem Kriegs-Liebesfilm "Frantz". Denn der Franzose hat zwar schon sehr gute Filme gemacht ("Swimming Pool", "8 Frauen"), doch so richtig Peng hat es bei mir & ihm bisher noch nicht gemacht. Doch die gefühlvolle Geschichte über eine junge Deutsche, die ihren Verlobten im ersten Weltkrieg verlor & nun an dessen Grab einen fremden Franzosen sieht, mit mysteriöser Verbindung zu ihrem Frantz, hat mich mehr als gefesselt. Zum einen ist die Optik, in prachtvollem Schwarz-Weiß, mit hoffnungsvollen Farbtupfern voll Freude & Erinnerung, ein optisches Kinohighlight 2016. Dann das klassische, nie wirklich vorhersehbare Liebesdrama, gespickt mit exzellenten Darstellern, deutschen wie französischen, vor einer der schönsten, altertümlichsten Kleinstädte & Settings unseres Landes. Plus Paris. Trotz seiner vielleicht etwas zu ausdauernden Länge, ist der Film ein grandioses Porträt zweier Länder & Gesellschaften nach dem erstem Weltkrieg &, unterschwellig spürbar, vor dem Zweiten. "Frantz" hätte vor 50 Jahren, vielleicht von Truffaut, genauso funktioniert wie heute & ist ein Arthouse-Melodrama mit einem exzellenten Stil. Vielleicht ja ein Kandidat für die Auslandsoscar-Nominierung.

Gute Liebesgeschichten werden nicht alt - und die hier dargestellte ist definitiv eine der besonderen. Doch trotz dem hervorragenden Schauspiel aller Beteiligten, einem Gänsehaut-Soundtrack & Fingerspitzengefühl an jeder Ecke, faszinierte mich vor allem die humane, gleichberechtigte Stimmung in dieser schweren Zeit. Geprägt von Hass, Rache & Unsicherheit, ist dem Leben nach dem Krieg auf beiden Seiten erheblich die Leichtigkeit verloren gegangen. Manchmal verfällt der Film mit Charakteren wie dem schmierigen Deutschen Kreutz oder einem Gasthaus "Zum Adler", etwas in zu seichte Klischees, doch gerade den wichtigeren Figuren gibt Ozon (auch Drehbuchschreiber!) eine beeindruckende Tiefe, Trauer, Melancholie. Wie alle mit dem Verlust der Unschuld, der Liebe & dem Lebensmut kämpfen, bleibt bei mir mit Abstand am längsten hängen. Das Ende ist untypisch & umso eleganter gelöst, der Film ist ein Kunstwerk mit deutschen Filmwurzeln, dass sich jeder Fan klassischer Melodramen oder Arthouse nicht entgehen lassen sollte. Vielleicht ist er etwas zu stilisiert & künstlerisch unterkühlt, um die ganz großen Tränen bei allen Zuschauern hervorzurufen. Doch gerade für uns Deutsche & unsere mittlerweile, zum Glück tief freundschaftlichen, westlichen Nachbarn, war eine Liebes-/Trauergeschichte selten kostbarer. Erinnerte mich in den besten Momenten etwas an "Jules & Jim", nur eben mit einem Toten im Raum. Ganz nahe an einem Meisterwerk des deutschsprachigen Films!

Fazit: wundervolles WWI-Melodrama & einer der wichtigsten Filme zur deutsch-französischen Freundschaft, Feindschaft, Beziehung. Sehr melancholisch & bildhübsch!

Details
Ähnliche Filme