Review

Ein Zufall legte den Grundstein für „Twins“: Nachdem Regisseur Ivan Reitman in kurzer Folge erst seinen Kumpel Danny DeVito, dann Arnold Schwarzenegger traf, keimte in ihm die Idee auf ein gemeinsames Projekt für die beiden Schauspieler zu finden.
Auf Basis dieser Idee zimmerten ganze vier Drehbuchautoren – William Davies, William Osborne, Timothy Harris und Herschel Weingrod – dann ein High-Concept-Script um ein Regierungsexperiment. Zur Schaffung des perfekten Menschen wurden die Gene von sechs herausragenden Männern in die Eizelle einer jungen Frau eingepflanzt, die danach allerdings Zwillinge gebar. Das Übermenschenexemplar der beiden Twins wurde auf einer fernen Tropeninsel zum superklugen, komplett belesenen Muskelpaket Julius Benedict (Arnold Schwarzenegger) herangezogen. Das ist, trotz des Genrewechsels, auf Schwarzenegger und sein Starimage zugeschnitten, der immer die etwas unnahbaren Alphatiere spielte, schon an seiner ersten Leinwandrolle in „Herkules in New York“ zu sehen.
Sein Zwillingsbruder war dagegen nur ein Nebeneffekt des Experiments, kam ins Waisenhaus und wuchs in Amerika zu dem windigen Kleingauner Vincent (Danny DeVito) heran. Genau nach diesem sucht Julius, nachdem er von Vincents Existenz erfahren hat und findet ihn dann natürlich im Gefängnis. Denn Vincent ist das Gegenstück zu dem herzensguten Naivling Julius: Ein Womanizer und Betrüger, der seine Strafzettelt nicht bezahlt, sich als Sportagent versucht und seine Knete de facto durch Autodiebstähle und andere schräge Touren verdient.

Dementsprechend sieht Vincent in Julius auch nicht mehr als eine Chance aus dem Gefängnis freizukommen, zumal er kein Wort der Zwillingsgeschichte glaubt. Als er jedoch den Wert von Julius‘ Fähigkeiten bemerkt, versucht er diesen mit Lügen für seine Gaunereien einzuspannen…
Dass Arnold Schwarzenegger schon verhältnismäßig früh mit dem Versuch begann sich ein zweites Standbein im Komödiensektor aufzubauen, hängt auch mit seinem Starimage zusammen: Waren Arnies Lager-than-Life-Figuren meist mit einem Augenzwinkern angelegt, so war der Schritt zur Komödie weniger klein als etwa beim meist ernsteren Sylvester Stallone. Zudem muss Schwarzenegger hier in erster Linie naiv und leicht belämmert durch den Film stolpern, was keine so schwere Aufgabe ist, während Danny DeVito seine Paraderolle als diebischer Windhund mit Elan und Freude spielt. Vor allem aber funktioniert das Zusammenspiel der beiden, es stimmt die Chemie, was einen Großteil des Reizes von „Twins“ ausmacht. Auch die Komik baut oft darauf, dass der hünenhafte Schwarzenegger und der kleine DeVito Bewegungen synchron ausführen, das Zwillingsein so visuell erfahrbar machen, womit der Film definitiv einen Pluspunkt hat. Natürlich darf in einem Arnie-Film dieser Ära auch nicht der obligatorische Stallone-In-Joke fehlen: Kurz nach seiner Ankunft in Amerika vergleich Julius seine Oberarme mit denen des Titelhelden auf einem „Rambo III“-Poster und zieht kopfschüttelnd ab.
Da sehen die Nebendarsteller meist relativ blass aus, zumal sie teilweise in verschiedenen Filmen mitzuspielen scheinen, da „Twins“ diverse Genres begrenzt gelungen mischt. Kelly Preston und Chloe Webb sind für die romantischen Parts da und geben die Schwestern Marnie und Linda Mason – letztere ist Vincents Freundin, erstere verguckt sich direkt in dessen Prachtexemplar von Bruder und so haben die beiden Darstellerinnen bzw. ihre Figuren wenig mehr zu tun als den jeweiligen Mann anzuhimmeln, ab und zu mal in Gefahr zu geraten und schmückendes Beiwerk zu sein. Ist auch irgendwie Programm des Films, in dem sie Supergene natürlich ausschließlich von Männern kommen und die Mutter in erster Linie Austrägerin der Zwillinge war. In kurzen Rückblenden spielt Heather Graham die junge Zwillingsmama, später ist Bonnie Bartlett in der Rolle der gealterten Mutter zu sehen.

Denn nach einiger Fish-out-of-Water-Comedy mit dem naiven Julius in der abgebrühten Großstadt wird „Twins“ in Hälfte zwei zum Road Movie – Julius will die Mutter finden, von der jahrlange behauptet wurde sie sei tot, Vincent will den Prototypen eines Triebwerks, den er im Kofferraum eines geklauten Wagens fand, für viel Geld verticken. Und hier lässt der Film schnell nach, hat sein Pulver mit den sich ständig wiederholden Witzen darüber verschossen, dass Übermensch Julius bei all seinem Bücherwissen und seinem Intellekt eigentlich ein großes Kind ist, das noch nie Sex hatte, noch nie Auto gefahren ist und keinerlei Erfahrungen in sozialer Interaktion hat. Vincent wird im Gegenzug zahmer, sodass seine amüsanten Fiesigkeiten wegfallen und die kitschigen Versuche an die Familienidylle zu appellieren und Gefühlskino aus dieser einfältigen Komödie zu machen scheitern an ihrer Halbherzigkeit und ihrer Unbeholfenheit.
Obendrein gibt es noch einen völlig egalen Krimiplot um den Profikiller Webster (Marshall Bell), der das gestohlene Gut eigentlich überbringen sollte und nun hinter den Zwillingen und ihren Herzdamen ebenso her ist wie eine aus Brüdern bestehende Knallchargen-Gaunertruppe, der Vincent noch Geld schuldet. Doch die Finstermänner tauchen so auf wie es dem Drehbuch gerade beliebt und wirken wie pflichtschuldig reingeschriebene Handlungsmotoren ohne große Motivation. Für ein paar Muskelspiele und Fäusteleien reicht das noch, damit Arnie kurz seine Actionstarpersona aufblitzen lassen kann, doch wirklich interessante Schauwerte kommen bei der kindgerechten Kloppe mit dummen Sprüchen nicht herum. Immerhin macht Marshall Bell das Beste aus seiner vom Script vernachlässigten Schurkenfigur, während einer der Schuldner-Brothers von Arnies Weggefährten Sven-Ole Thorsen gespielt wird, der häufig als Stuntman und/oder Nebendarsteller bei dessen Filmen mitwirkte. Einen weiteren Cameo hat Cary-Hiroyuki Tagawa als Julius‘ Kampfkunstlehrer, während David Caruso in einer Nebenrolle als Parkwächter auftritt, der Vincent Tipps über wertvolle klaubare Autos im Parkhaus gibt.

Fish-out-of-Water-Comedy, Buddyfilm, Road Movie, Familienkitsch, romantische Komödie und Kriminalfilm – „Twins“ will vieles auf einmal sein, ist aber unterm Strich nichts so richtig. So bleibt ein putzig-belangloses Filmchen, das immerhin vom gelungenen Zusammenspiel seiner beiden Hauptdarsteller profitiert, ansonsten aber eine egale Komödie mit mittelprächtiger Trefferquote bei den Gags ist.

Details
Ähnliche Filme