Mit besonderen Erwartungen sah ich mir „Der Herr der Ringe: Die zwei Türme“ an – und kann nicht genau sagen, ob sie enttäuscht wurden oder nicht.
Doch fangen wir mit dem Anfang an: „Die zwei Türme“ unterteilt sich (wie die Buchvorlage) in drei Handlungsstränge, die den einzelnen Abenteurern folgen. Nach einem effektreichen Beginn (Der Kampf Gandalf vs. Balrog während des Fallens wird gezeigt), der die Aufmerksamkeit der Zuschauer fangen soll, setzt der Film richtig ein. Reisegruppe Nr.1 besteht aus Frodo (Elijah Wood) und Sam (Sean Astin), die den Ring nach Mordor bringen wollen, den Weg aber nicht finden. Allerdings können sie Gollum, der ihnen schon tagelang heimlich folgt, gefangen nehmen, als er den Ring klauen will. Dafür dass sie ihn laufen lassen, zeigt er ihnen den Weg nach Mordor – auch wenn ihnen nicht ganz klar ist, ob sie der schizophrenen Kreatur trauen können.
Handlungsstrang Nr. 2 erzählt das Schicksal der im ersten Teil von Orks gekidnappten Hobbits Pippin (Billy Boyd) und Merry (Dominic Monaghan). Diese können entfliehen, als die Orkhorde von einer menschlichen Armee des Reitervolkes von Rohan dahingemetzelt wird. In einem Zauberwald werden sie von einem Ent, einem Baummenschen, gefunden. Dieser Handlungsstrang ist der kleinste, da im Grunde nur geschildert wird, wie Pippin und Merry zeugen eines Ent-Things werden, bei dem die Ents entscheiden, ob sie in den Krieg um Mittelerde eingreifen sollen.
Der Löwenanteil entfällt allerdings auf die Handlung um Gimli (John Rhys-Davies), Legolas (Orlando Bloom) und Aragorn (Viggo Mortensen). Zuerst verfolgen sie die gekidnappten Hobbits, können sich aber nach deren Rettung durch die Ents anderen Aufgaben widmen. Flugs wird noch der wiederauferstandene Gandalf (Ian McKellen) aufgesammelt; für alle, die das Buch gelesen haben oder auch nur den Trailer kennen, keine große Überraschung. Dieser Handlungsstrang dreht sich um den kriegerischen Aspekt der Ring-Saga, wobei der Kampf um das Königreich Rohan im Mittelpunkt steht – inklusive von Intrigen (der König ist durch Sarumans Magie geschwächt), neuer Mitstreiter und natürlich einer gewaltigen Schlacht.
Auch wenn es schon länger her ist, dass ich das Buch gelesen habe und ich es nicht mehr zu 100% im Kopf habe, so folgt Peter Jacksons neuester Streich recht genau der Handlung des Buches. Mir sind nur zwei besonders große Veränderungen aufgefallen (für kleine Änderungen reicht meine Erinnerung nicht aus): Zum einen verändert Peter Jackson die Episode um Faramir, die leider insgesamt etwas zu hastig abgehandelt wird. Hätte man sie ausführlicher behandelt (und dann auch so wie im Buch geschildert, nicht in der leider etwas schlappen Jackson-Version), würde sie mehr hermachen; hier wirkt sie leider nur „reingequetscht“, auch wenn sie einen elementaren Plotpunkt (im Bezug auf Gollum) enthält.
Die zweite Veränderung betrifft die Schlachten. Das zweite Buch war mein persönlicher Liebling innerhalb der Trilogie, was an den zahlreichen Kampfszenen lag, die vor allem im Mittelteil des Buches vorkamen. Jackson reduziert die Kämpfe jedoch und packt diese ans Ende des Films, um dort die wirklich furiose Schlachtszene um Helms Klamm zu zeigen. Davor wird der Zuschauer mit kleinen Actionhäppchen (z.B. der Angriff der Wargreiter) zufriedengestellt und insgesamt muss ich sagen, dass diese Veränderung sogar nachvollziehbar ist (dieser Film braucht nun mal eine derartige Klimax, um auch als eigenständiges Werk bestehen zu können).
Die Gewichtung in diesem Film liegt eindeutig im Kampf um Rohan, wobei Aragorn etwas zurücktritt (trotzdem bleibt der klar der Held dieses Films) und dafür Gimli und Legolas etwas weiter ausgebaut werden. Die beiden arbeiten beinahe wie ein Gespann aus Buddy Movies, wobei Gimli für diverse Lacher sorgen kann und die komischste Figur im Film wird. Im Gegenzug sinkt das Humorpotential von Pippin und Merry gegen Null. Diverse Figuren aus Teil eins (Arwen, Galadriel etc.) bekommen Alibiauftritte, die meiner Erinnerung nach auch nicht in der Form im Buch vorkamen. Gerade die Arwen-Episode ist zwar nett gefilmt, aber erscheint dem Zuschauer nur als Vorwand, damit Aragorn der Königstochter Eowyn (Miranda Otto) beruhigt hinterher schauen darf.
Nichts zu meckern gibt es an der Inszenierung: Bombastisch, pompös und fesselnd gestaltet Jackson den Mittelteil der Trilogie und legt an Dramatik zu. Verständlich, denn nach dem eher lockeren Hack’n’Slay des ersten Teils wird hier der weitaus dramatischere Krieg um Mittelerde und das Leid der Menschen beschrieben, was über flottes Monstermetzeln hinausgeht. Auch ansonsten ist der Film düsterer und ernster geworden, was sich an den Locations zeigt: Statt dem Auenland gibt es Totensümpfe, die umkämpften Ebenen Rohans und sogar das schwarze Tor von Mordor zu sehen. Dabei gefallen mir die Örtlichkeiten ebenso gut wie die von Teil eins, was für „Die zwei Türme“ spricht, denn an sich bin ich kein spezieller Freund besonders düsterer Filme. Die FSK 12 verwundert dabei doch recht arg, denn die dunkle Stimmung und die gelegentlichen Härten (z.B. als der Ork von seinen Kumpanen zerfleischt wird) würden eine höhere Freigabe mehr als rechtfertigen.
Ebenfalls ein Augenschmaus sind (wie zu erwarten war) die Effekte: Vor allem das aufgestockte Bestiarium weiß zu überzeugen, denn es gibt Ents (Baummenschen), Wargs (raubkatzenartig Reittiere für Orks), Olifanten (eine Art Elefant) und sogar Drachen zu sehen. Wie schon bei Teil eins sind die Effekte samt und sonders großartig, aber in einem Punkt ist „Die zwei Türme“ eine wahre Meisterleistung: Gollum. Die Animation der Kreatur ist dermaßen gut, dass sie sogar zu schauspielern scheint (der innere Konflikt Gollums ist herzzerreißend dramatisch dargestellt). Da kann sich Astro-Spacke Jar Jar Binks noch zwei bis drei Scheiben von Abschneiden.
Deutlich zugelegt hat der Film an Tempo, da die Einführung in die Welt Mittelerdes und in die Figuren nicht mehr sein muss (allerdings wird der Film auf diese Weise für alle Nicht-Kenner von „Die Gefährten“ wenig bis gar nicht verständlich). Mit der Steigerung von Tempo und Dramatik legt auch der Actionaspekt zu, der weitaus größere und ausgiebigere Schlachten als Teil eins hergibt. Die Kämpfe sind furios und optisch opulent, auch wenn in der finalen Schlacht leider ein wenig der Überblick verloren geht. Doch im punkto Action lässt „Die zwei Türme“ „Die Gefährten“ schließlich hinter sich.
Die Schauspieler sind durch die Bank weg klasse, wobei ich hier das Team Orlando Bloom/John Rhys-Davies ins Herz geschlossen haben; für mich die heimlichen Stars dieser Episode. Auch der Rest der Gefährten kann sich sehen lassen, vor allem Elijah Wood: Sehr glaubhaft spielt er, wie sich Frodo und Gollum immer mehr zu ähneln beginnen. Die neuen Gesichter sind ebenfalls recht gut, wobei allerdings nur Brad Dourif als Grimar Schlangenzunge wirkliche Begeisterung hervorrufen kann; die anderen sind halt „nur“ gut.
Eine abschließende Bewertung von „Die zwei Türme“ fällt dann schwer. Sicher, der Film hat einige, kleine Schwächen und Abweichungen vom Buch, die „Die Gefährten“ nicht hatte. Auf der anderen Seite stehen meine Vorliebe für das zweite Buch und die Tatsache, dass „Die zwei Türme“ mehr Action, Effekte und Tempo bietet als der Vorgänger. Eines ist aber sicher: Ein Erlebnis ist auch „Die zwei Türme“, bei meiner Bewertung suche ich sozusagen nur noch nach der „Feinabstimmung“.