Review
von Leimbacher-Mario
An das Hollywood und die Gesellschaft von heute angepasst
„Ben-Hur“ von 1959 - ein legendäres Epos, noch immer Oscarrekordhalter, Kino von monumentalsten Ausmaßen. Und eine Geschichte, die nicht alt wird, egal wie oft sie erzählt und verfilmt wird. Und das wird sie gefühlt alle paar Jahrzehnte. Dennoch war diese mit der Charlton Heston-Version eigentlich in Perfektion dargeboten und muss, auch mit heutigen Effekten und Möglichkeiten, nicht wirklich auf „den neuesten Stand“ gebracht werden. Meiner bescheidenen Meinung nach. Deshalb habe ich um dieses Update lange Zeit einen großen Bogen gemacht. Zu lächerlich war schon der Trailer (mit Freemans Rastafrise), zu groß waren die Fußstapfen, zu unbegabt alle Beteiligten. Nun kam ich aber nicht drumrum und musste mir den Murks antun. Taugt er immerhin als Big Budget-Trash? Ist er unfreiwillig komisch wie der Trailer? Oder ist er gar ein überraschend guter Abenteuerfilm mit religiösen Nebenschauplätzen? (Leider) keins von alldem. Die Geschichte um Judas Ben-Hur, einem Juden auf Rachefeldzug gegen seinen römischen Quasi-Bruder, hat sich kaum verändert, wurde nur deutlich beschleunigt, verknappt und mit falschem Glitzer bestreut. Doch zu einem guten Film macht ihn das genauso wenig wie zu einem unterhaltsamen Fehlschlag. Er befindet sich irgendwo dazwischen - was einfach nur zu mega viel Leerlauf und Langeweile führt und die zwei Stunden gefühlt wesentlich länger erscheinen lässt, wie das (immerhin fast doppelt so lange) Original. Keine Errungenschaft, auf die man stolz sein kann...
„Ben-Hur“ von 2016 hat ein solides Wagenrennen zu bieten und eine klasse Sequenz auf See mit kämpfenden Sklavenschiffen (die jedoch eher an „300“ als an die Vorlage erinnert). Außerdem gaben sich beide Hauptdarsteller zumindest Mühe, ihre komplizierte Beziehung steht nun noch deutlicher im Mittelpunkt und ich kann Rodrigo Santoros Jesus-Darbietung überraschend viel abgewinnen. Das waren kurz und knapp die positiven Dinge, die einen GAU verhindern. Der aber wie gesagt wesentlich unterhaltsamer hätte sein können. Das hier ist einfach nur belanglos und schneller vergessen als das Mittagessen von vorgestern aus der Kantine. Emotionen kamen bei mir nie auch nur in Ansätzen hoch, die Actionszenen sind oft zu schnell geschnitten und unübersichtlich (aber dennoch wie gesagt die Highlights des Films!) und das religiös-kitschige Ende liegt irgendwo zwischen bescheuert und unverschämt und grandios schlecht. Immer, wenn von der Vorlage abgeweicht wird, werden falsche Entscheidungen getroffen. Immer wenn man Neues wagt, wirkt das gehetzt und oberflächlich. Es gibt Massen an unnötiger Erklärungen, Voice Overs und Exposition, das Medium Film wird oft komplett außen vor gelassen und das Publikum eindeutig für Dummies gehalten. Das ist frustrierend und einfach nicht gut. Auch ganz ohne den Vergleich zum unsterblichen William Wyler-Vehikel, das nicht nur greifbarer und packender war, sondern dem Remake auch in jeder anderen Beziehung, sei es schauspielerisch oder technisch oder intellektuell, haushoch überlegen ist. Das hier ist ein besserer Cashgrab. Der zum Glück und mit Ansage völlig in die Hose ging.
Fazit: schneller, flacher, blasser - „Ben-Hur“ von 2016 hat keine Daseinsberechtigung und macht in keiner Kategorie etwas besser als das Original. Und selbst losgelöst vom '59er-Meilenstein ist die aktuelle Version nur ein sttömlinienförmiger, unnötiger und langweiliger Abklatsch für Begriffsstutzige. Mit einem Fremdschämende, das einen ungläubig zurücklässt.