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Der titelgebende Toro (Mario Casas) ist der jüngste dreier Brüder und als tougher, sportlicher Enforcer beim Paten von Málaga (José Sacristán als Romano) engagiert, als er beschließt, seiner Freundin zuliebe doch einen anderen Karriereweg einzuschlagen. Beim letzten Coup, der Mobiliar-Zerkleinerung eines zahlungsunwilligen Restaurantbesitzers, geht jedoch etwas schief und er wird geschnappt (einer seiner Brüder sogar erschossen). Die folgenden 5 Jahre Knast, zu denen Toro verurteilt wird, bringt er ohne größere Probleme fast hinter sich und darf am Schluß sogar als Freigänger nach draußen, wo ihn prompt sein Bruder López (Luis Tosar) anhaut, der immer noch für Romano arbeitet und derzeit gröbere Probleme mit diesem hat - denn der exzentrische Boss hat López´ kleine Tochter Diana entführt, bis dieser mit einer größeren Summe angeblich unterschlagenen Geldes bei ihm auftaucht. Widerwillig erklärt sich Musterhäftling Toro, der mit den alten Geschichten nichts mehr zu tun haben will, aber immer noch ein gutes Standing bei Romano hat, zu einer Vermittlung für seinen Bruder bereit - doch das Treffen eskaliert und die beiden Brüder müssen mit dem Kind fliehen, verfolgt vom unerbittlichen Romano...

Viel Licht aber auch viel Schatten gibt es in dieser spanischen Produktion zu entdecken, die sich nach obiger, kurz abgehandelter Einleitung hauptsächlich auf die Flucht der beiden Brüder konzentriert. Daß der ältere (Luis Tosar als umständlicher, eher langsamer Eigenbrötler mit 70er-Jahre-Frisur) den jüngeren Bruder um Hilfe bittet, ist eher ungewöhnlich (in dieser insgesamt recht konventionellen Story), daß der Pate selbst jedoch extrem abergläubisch ist, sich die Karten legen läßt, an deren Deutung glaubt und zu allem Überfluß auch noch nach streng katholischem Ritus einer Madonnen-Statue huldigt, ist irgendwie ein wenig zuviel des Guten. So interessant die Darstellung ausgefallener Charaktäre auch sein mag (und oft auch ist), dieser Romano - übrigens sehr überzeugend gespielt von José Sacristán - ist als Filmfigur, die einen Mafia-Boss darstellen soll, streckenweise unglaubwürdig. Wie man abergläubische Mafiosi humorvoll darstellen kann, läßt sich z.B. in einigen Szenen der Sopranos (anhand der Figur von Paulie Walnuts) nachverfolgen, aber dieser andalusische Don hat neben seiner Vorliebe für Maßanzüge, ausgefallene Architektur und Augen (ja, Augen!) so gar nichts Ironisch-Versöhnliches an sich, welches dem Zuseher erlauben würde, den Film mit einem Augenzwinkern zu betrachten; auf diese Weise stellt sich auch keine Nähe zum Geschehen ein (und zu den Filmfiguren ebenfalls nicht).

Lobens- und auch sehenswert sind Kameraführung und Schnitt, die sich in ungewöhnlichen Perspektiven, Farbspielereien und diversen stylischen Szenerien ergehen, dabei aber die Geschichte an sich, die inzwischen zum Road-Movie mutiert ist, eher ausbremsen. Spannung kommt nach dem temporeichen Start ohnehin nicht mehr auf, besteht doch schon bald kein Zweifel mehr daran, wer am Ende der Verfolgungsjagd als Sieger dastehen wird. Dazu kommen dann noch einige storytechnische Ungereimtheiten wie jene, daß der Don einen seiner besten Männer (wenn nicht sogar den Besten) so mir nichts dir ziehen läßt; daß die hochgeschätzte Kartenlegerin aus Toros und López´ Verwandschaft stammt (wie sinnvoll mag das Ergebnis ausfallen, wenn der Big Boss eine Anverwandte über einen der Brüder befragt?) oder ein überzeugend böser Bube wegen Untreue ganz plötzlich die Seiten wechselt. Ein früherer Bekannter, dessen Wohnwagen als Stützpunkt während der Flucht in Beschlag genommen wird, hat es seltsamerweise nicht eilig, sich in Sicherheit zu bringen, obwohl er weiß wer der Verfolger ist und unerklärt bleibt schließlich auch ein scharfer Gegenstand, der ohne weitere Begründung ins Halbdunkle geschleudert  wird und millimetergenau tödlich im Nacken einer nichtsahnenden Person einschlägt. Dergleichen Merkwürdigkeiten, die der geneigte Zuseher eher irritiert zur Kenntnis nimmt, tauchen immer wieder auf.

Am Ende bleibt ein kameratechnisch interessant aufgezogener Streifen mit storytechnisch klaren Längen schon ab der Einleitung. Streckenweise aufblitzende interessante Nebenkriegsschauplätze können jedoch über das insgesamt schwache Drehbuch nicht hinwegtäuschen. Muss man bestimmt kein zweites Mal sehen... 4 Punkte.

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