Review

Was sich als europäische Antwort auf „Drive“ ausgibt, muss sich natürlich mit dem Werk eines Nicholas Winding Refn messen lassen und da kann der spanische Regisseur Kike Maíllo mit seinem erst zweiten Spielfilm nur schwerlich mithalten.

Toro (Mario Casas) will mit seinen beiden Brüdern noch einen letzten Coup für den Paten Romano (José Sacristán) drehen, doch das Ding geht schief und Toro landet im Knast. Knapp fünf Jahre später ist Toro Freigänger und hat nur noch zwei Monate abzusitzen, als ihn sein Bruder López (Luis Tosar) um Hilfe bittet, denn Romano hat Toros Nichte Diana (Claudia Canal) entführt…

Maíllo bedient sich vieler erdenklicher Genrezutaten, trimmt die Chose ein wenig auf Siebziger, begeht jedoch den Fehler zu viele Nebenfiguren einzubauen, welche allesamt zu oberflächlich gezeichnet bleiben. Selbst Toro erhält als Titelheld nur einen vagen Background, die Beziehung zu seinem ungleichen Bruder wird nur schwach durchleuchtet und diese nimmt zudem viel Tempo aus dem Geschehen, welches primär im Mitteilteil eine Weile vor sich hin dümpelt.

Dabei machen die kurzen Actioneinlagen Lust auf mehr, es gibt gekonnte Motorrad-Stunts, sauber getimte Autoverfolgungen mit ordentlich Schrott und zudem einen netten Schauplatz irgendwo in Andalusien. Doch dann folgen erneut Dialoge, wieder neue Figuren und noch mehr unnötige Informationen, denn der Handlungsverlauf erklärt sich beinahe von selbst, zumal bis auf eine bissige Pointe hinsichtlich Kartenlegens keine sonderliche Überraschung erfolgt.

Erst zum Finale geht es noch einmal mit Romms Bomms zur Sache, wenn auch diesbezüglich einige Unwahrscheinlichkeiten inbegriffen sind. Manche Härten überraschen durchaus positiv und auch die solide Kamera weiß zu überzeugen. Der Score fällt allerdings größtenteils zu pathetisch aus und auch das Spiel mit christlicher Symbolik wirkt zuweilen etwas zu dick aufgetragen.

Auf darstellerischer Ebene können indes einige Mankos kaschiert werden. Calas bringt zwar nicht allzu viel Charisma mit, doch sobald es um körperlichen Einsatz geht, vermag er zu überzeugen. Tosar ist gut wie immer, wirkt jedoch beinahe unterfordert, während ihm seine Filmtochter Canal in einige Szenen deutlich die Show stielt. Sacristán ist großartig als Gangsterboss, nur die weiblichen Rollen fallen durch die Bank undankbar aus.

Es ist eben ein reiner Männerfilm, der sich wenig aus Emotionen macht, sich einiger Gangsterklischees bedient und leider zu selten auf Action setzt, um die dünne Handlung interessanter zu gestalten. Innerhalb der Laufzeit von 107 Minuten ist ab und an etwas Leerlauf zu verzeichnen, doch das actiongeladene Finale vermag ein wenig zu entschädigen, was unterm Strich für einen leicht überdurchschnittlichen Eindruck sorgt.
Knapp
6 von 10

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