Review

2009 ging unser aller Lieblingssymbologe (ist ja eh ein literarisches Unikat) Robert Langdon a.k.a. Tom Hanks letztmalig auf die Spur obskurer historischer Verschwörungen, hinter denen sich meist handfeste, aber auch relativ triviale Gegenwartsverbrechen verbargen. Zieht man die 2 aus der Jahreszahl von der 9 ab, erhält man die 7, und genau 7 Jahre später tritt er zu seinem dritten großen Fall an, basierend auf Browns vierten Langdon-Roman. Was das mit den Zahlen soll ? Keine Ahnung, aber wer auf Quatsch dieser Art steht, sitzt auch diesmal wieder im richtigen Film. Alle anderen müssen mit erheblichen Abstrichen rechnen.

Dabei beginnt das Ganze ungewohnt, was eigentlich positiv ist. Nachdem wir Zeuge des Todes eines (noch) unbekannten Mannes durch Sprung von einem historischen Turm geworden sind, erleben wir erst mal einen (fast) sprachlosen Langdon, der in einem Krankenhaus in Florenz erwacht, einen mächtigen Brummschädel hat, sich kaum an die Bezeichnung "Kaffee" erinnern kann, aber schon wieder historische Rätsel löst, von einer bildhübschen Ärztin (Felicity Jones) betreut und einer nur unwesentlich weniger attraktiven Killerin (Ana Ularu) verfolgt wird.  Wie sich schnell herausstellt, plant der in der Auftaktszene verunfallte Milliardär Zobrist (Ben Foster) mächtig Übles, um die Welt von der überbordenden Spezies Mensch partiell zu befreien, und Langdon muss sich diesmal schwerpunktmäßig mit Dantes Höllenvisionen befassen, um Schlimmstes zu verhüten.

Sequels nach längerer Sendepause sind "in" derzeit in Hollywood, die Ergebnisse reichen von "Monstererfolg" bis "finanzieller und filmischer Totalschaden". Der dritte Aufguss (nach dem vierten Buch) der Brownschen Kolportage  um historische Rätsel und sehr gegenwärtige Verschwörungen liegt leider in jeder Hinsicht im unteren Mittelfeld, ohne gleich als Komplettausfall durchzugehen. Dass das Urteil noch vergleichweise milde ausfällt, liegt vor allem an der knapp ersten Filmhälfte, in der man vom bislang üblichen Auftakt-Schema-F des Brownschen Oeuvres (Langdon wird um Hilfe gebeten, darf ein bisschen rumrätseln und rumreisen, bevor das Tempo anzieht) erfreulicherweise deutlich abweicht (auch wenn dieser qua-non-Auftakt später nachgereicht wird). Zusammen mit dem von Hanks so unambitioniert wie routiniert gespielten Helden werden wir mitten in die Verschwörung geworfen, die Killerin lauert, das Tempo ist hoch, einige drollige (wenn auch dramaturgisch eher sinnfreie) Horror-Visionen sorgen optisch für Abwechslung. Kurz: wer seine cineastischen Erwartungen eher im Bereich Fast-Food als Gourmet-Menü einordnet, freut sich auf einen schmackhaften Abend mit Big-Mac und Pommes. Aber das filmische Sodbrennen kommt leider schneller als erwartet - das Tempo kann der Film nicht halten, und je mehr die Handlung sich entwickelt und die diesmal restlos sinnbefreite Grundidee zum Vorschein kommt, umso ärgerlicher und lachhafter wird das Ganze.

Zu dem ganzen Blödsinn, den die Autoren sich diesmal ausgedacht haben, MUSS ich einfach was sagen, und gebe für diesen Absatz daher einen leichten SPOILERALARM. Klar, niemand erwartet von einem "Brown" ausgefeilte Plots voll innerer Logik;  ein weltbedrohender Bösewicht, ein paar Handlanger, eine Scheinverschwörung mit einem halbwegs cleveren echten Kontent (so am besten gelungen im zweiten Teil), nette Schauplätze, ein paar Verfolgungen, mehr muss es eigentlich nicht sein.  Das alles gibt es auch hier ansatzweise, allein, es funktioniert einfach nicht. Also mal ehrlich: Wenn ich einen massiven Giftgasanschlag plane, der auch nach meinem möglichen Ableben durchgeführt werden kann, mache ich da draus doch nicht eine vollkommen sinnbefreite historische Schnitzeljagd, zu deren Lösung ich ausgerechnet noch den Mann brauche, der totsicher alles machen wird, um den Plot zu verhindern (und dem so was ja auch permanent gelingt). Die Krönung ist dann das an Lachhaftigkeit schwer zu überbietende Finale: Weil sich Gas ja bekanntlich am besten im Freien oder einem öffentlichen Platz verbreitet, deponiert unser Übelmann sein Gift natürlich in einer möglichst tiefen Grotte, in der  man erst mal die Wände mit lachhaften Bömbchen wegsprengen muss. Dass ein Haupt-Bösewicht, der schon in der ersten Szene abtritt (und überraschenderweise auch nicht zurückkommt) nie eine wirklich gute Idee ist, ist da bei dem ganzen Murks schon fast zweitrangig. SPOILERENDE

Und ein zweites großes Problem plagt den Film leider sehr offensichtlich. Weil die Produzenten offenbar selbst nicht mehr an einen großen finanziellen Erfolg geglaubt haben, wurde das Budget vorsorglich auf für Hollywood-A-Ware fast schon lachhafte 75 Millionen eingedampft. Folge ist erkennbar, dass es an Schauwerten dramatisch mangelt. Außer den obligatorischen historischen Schauplätzen vorzugsweise in Italien (aber auch nur 2 oder 3 davon) gibt es nach dem Auftakt kaum etwas, was man als optisches oder inszenatorisches Highlight einordnen könnte, keine nennenswerte Action, keine Autoverfolgungen, keine optische Zuckerl außer den erwähnten anfänglichen Höllenvisionen.

Dass die durchaus ansehnliche Besetzung den faden Eintopf nicht retten kann, muss man eigentlich nicht gesondert erwähnen. Foster ist kaum präsent im Film, das Überangebot an potentiellen Ersatzbösewichten (Sy, Knudsen, ???) mit zu wenigen Szenen nervt irgendwann nur, und zwischenzeitlich hat man sogar den Eindruck, die Drehbuchautoren hätten eine Figur schlicht vergessen (den Glatzkopf, der mit Langdon in der Aufzeichnung die Maske stielt).  Hanks dagegen spielt das wie erwähnt ganz manierlich runter und sogar seine neue deutsche Stimme passt halbwegs.

Fazit: Discountpreis-Neuaufgruss der sicher nicht weltbewegenden, aber doch klar besseren Vorgänger, dem nach ordentlich temporeichen Auftakt zu fix die Puste ausgeht, in dem zu viele gute, aber unterforderte Schauspieler gegen ein grotesk schlechtes Drehbuch anspielen und das Finale einen wirklichen Tiefststand im "Rettet-die-Welt-"Subgenre markiert.

P.S. Nach der obigen Formal müsste die nächste Fortsetzung schon in 4 Jahren kommen (6-2). Ich glaube eher nicht.

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