kurz angerissen*
Keiner seiner wichtigen Filme. Sagt zumindest Paul Schrader selbst, der offenbar vor allem seine Zusammenarbeit mit Nicolas Cage in "Dying Of The Light" mit einer neuen, besseren Erfahrung überschreiben wollte - und zusätzlich auch noch Willem Dafoe bekam. Schrader, Cage, Dafoe, das liest sich auf dem Papier ziemlich namhaft, auch wenn jeder halbwegs erfahrene Cineast ziemlich genau weiß, dass er aus dieser Kombination heutzutage nichts als Pulp erwarten kann. Ganz besonders bei der Romanvorlage.
Als Genre-Werk ist "Dog Eat Dog" dann auch eine mittelschwere Enttäuschung. Zerfahren, bruchstückhaft, disruptiv... zur Dramaturgie des Skripts lässt sich wenig schmeichelhaftes sagen. Schrader tanzt den Post-Tarantino-Boogie auf zerfledderten Drehbuchseiten, die sich an die Fersen eines Verbrechertrios heften (Cage und Dafoe mit Co-Star Christopher Matthew Cook). Dieses soll als Tourguide in die Abgründe der USA fungieren, wo sich keine Las-Vegas-Lichter in Champagnergläsern spiegeln, sondern die Reklameschilder einer Kneipe in Urinpfützen. Typische Orte der amerikanischen Vorhölle werden abgegrast und mit zusammenhanglosen Sketchen bestückt. Gleich zu Beginn murkst Dafoe eine White-Trash-Mum samt ihrer Teenagertochter ab (wer noch nie rosa Farbfilter in Aktion gesehen hat, bekommt hier eine einmalige Gelegenheit), später wird mit Fake-Polizeiuniformen und Waffengewalt die Bude eines Drogendealers mitten in der Hood ausgeräuchert, es wird mit Geld auf dem Bett getanzt, Leichen werden entsorgt, Missgeschicke begangen und interne Konflikte ausgetragen - ganz so, wie es uns die mittleren bis späten 90er gelehrt haben. Nur, dass Tarantinos Filme stets bis ins Feinste durchstrukturiert waren. Schrader hingegen liefert eine große Sauerei ab, die man fast schon als kathartischen Nonsens bezeichnen könnte.
Bei alldem sollen aber nicht die geschmackvoll arrangierten Collagen übersehen werden, die man in dieser Form in keinem gewöhnlichen B-Actioner oder Post-Gangster-Flick jemals zu Gesicht bekommen würde. Zum Ende hin wird sogar David-Lynch-Gebiet betreten, wenn sich Kirchenmusik aus dem Kassettenrekorder mit Nebel und der Frontansicht eines Diner paaren, das mal in Schwarzweiß an alte Zeiten gemahnt, mal in buntem Neonlicht zum Betreten einlädt. Ein "Taxi Driver" ist noch schemenhaft anhand des gewählten Milieus zu erahnen, überaus konturenstark gibt sich hingegen Lynchs "Wild At Heart" preis, abzüglich der Romantik, aber dafür geht das Cage-Dafoe-Revival voll auf die Zwölf, mit Elvis, Bogart und all den coolen Typen, die als Geister im Hintergrund winken. Obwohl Dafoe diesmal hauptsächlich für die Fratzen verantwortlich ist (und die kann er bekanntermaßen gut), ist es wiederum Cage, der selbst in einer weniger durchgeknallten Rolle alles an sich reißt. Und für Cook ist als drittes Rädchen im Getriebe in gewissen Szenen auch noch Platz zum Glänzen.
Verständlich, wenn dieses Brainstorming zum Thema "suburbane Abgründe in amerikanischen Seitengassen" verwirrt oder verärgert. Schrader ist nicht dazu in der Lage oder nicht willens, die präsentierten Episoden mit Zusammenhängen zu versehen. Und doch gerät ihm seine irgendwie antriebslose, dann aber auch wieder befreiend und kreativ wirkende Arbeit aufgrund unerwarteter Schauwerte und eines infernalen Hauptdarsteller-Trios sehenswert.
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