Als Hildegard Knef 1950 für einen Moment ihre nackten Brüste in „Die Sünderin“ zeigte, avancierte der Streifen zum Skandalfilm, zwei Jahrzehnte später gab es „Im Reich der Sinne“ explizit gezeigten Oralverkehr und wieder galt ein Werk als skandalös.
Möglicherweise stellte sich Autor und Regiedebütant Emiliano Rocher Minter die Frage, wie das alles zu steigern wäre und so verbindet er alle Tabubrüche der letzten Filmjahrzehnte, um einen reichlich merkwürdigen Fiebertraum zu realisieren.
Jahre nach einer Apokalypse lebt der alte Mariano in einem heruntergekommenem Gebäude. Als die Geschwister Lucio und Fauna zu ihm stoßen, dürfen sie zwar bei ihm bleiben, doch Mariano stellt Bedingungen, welche Körper und Seele der Geschwister auf eine harte Probe stellen…
Dass Minter keine Geschichte im herkömmlichen Sinne erzählen will, macht sich sogleich bemerkbar, denn es gibt keinen Hintergrund, keinerlei Informationen, sondern nur den merkwürdigen Kauz, der mit seinen Verhaltensweisen bereits nach wenigen Szenen nervt.
Warum schlägt der unrhythmisch auf eine Trommel? Was braut er sich für ein Gesöff und warum schaut der latent so, als hätte man ihm einen Baseballschläger in den Hintern geschoben?
Als die Geschwister eintreffen, wird zumindest mal gesprochen, wenn auch insgesamt nicht viel, denn Minter lässt Bilder sprechen. Jedoch keine schönen. Denn es geht um Entmenschlichung, um Fleischeslust, um menschliche Abgründe, am Rande um Wiedergeburt und um einen überdimensionalen Mutterleib, den die drei aus der Behausung basteln. Warum auch immer, denn auf Erklärungen wird gänzlich verzichtet.
Zwischen Pinkeln, etwas Menstruationsblut, Ejakulat, Blowjob und Nekrophilie gerät das Treiben zusehends surrealer. Die Mischung aus Sex und Gewalt gerät phasenweise fragmentartig, gleichermaßen wird mit Metaphern jongliert und auch mit Farbfiltern, welche Minter großzügig und oftmals willkürlich anmutend einsetzt. Immerhin kommt Geschlechtsverkehr per Wärmebildkamera nicht so oft vor und die wenigen Gewalteinlagen wie Loch im Kopf und Kehlenschnitt sind erstaunlich gut getrickst, doch auf Dauer ermüden die Bilder deutlich.
Zumal Minter zu wenige Anhaltspunkte in die Runde wirft, was seine Aneinanderreihung von Provokationen und vermeintlichen Tabubrüchen aussagen soll. Zwar lässt die letzte Einstellung durchaus Vermutungen zu, doch eindeutig ist hier rein gar nichts. Doch ja. Die erigierten Pimmel sind echt.
Knapp
4 von 10