Review

Von Tuten & Blasen keine Ahnung

Ein mexikanischer Filmstudent mag Endzeit, Sicko-Porn & Paketklebeband - so kann man sich die Erschaffung dieses kleinen Skandalfilms erklären. Danke Fantasy Filmfest, dass du uns so einen Krampf, so einen Quatsch, so eine Kunst, so ein Ekel, so etwas Einzigartiges zeigst. Soll nochmal einer sagen, du traust dich nichts mehr... 

In "We Are The Flesh" geht es um einen mit der Einsamkeit verlobten, sehr skurrilen & gruseligen Eremiten, der nach der Apokalypse Mexikos in seiner kargen Höhle Besuch von einem Geschwisterpaar kriegt - wonach es nicht lange dauert, bis eine postapokalyptische Familie des Wahnsinns entsteht, die jeglicher Vorstellungskraft trotzt & weit über Grenzen hinaus geht. Was für ein Machwerk - für die einen horizonterweiternde Kunst, für die meisten sinnloser Schund. Für mich eher Letzteres mit einem Hauch an interessanten Kuriositäten & einer kurzen Laufzeit, die ihn über absoluten Gurkenstatus hieven. 

Ja, er ist prätentiös auf Schock aus. Ja, Vieles ist unnötig, zu aussagelos & spannungsarm. Der Film verliert sich in seinem nackten Tanz um des Teufels Arsch. Doch trotzdem hatte er eine gewisse Faszination, einen unterbewussten, vielleicht sogar unfreiwillig komischen Kick & eine abstoßende Schönheit aus Farben, Formen, Körperflüssigkeiten. Wie wenn "Under The Skin" auf Hardcore-Porno & "Das große Fressen" trifft. Nicht schön, nicht einfach & nicht normal, sogar eher krank, grenzdebil & unbeschreiblich daneben - aber ohne Zweifel das Horrorgenre um eine mexikanische Pfefferschote & Kuriosität erweiternd. 

Zudem gefiel mir neben der furiosen Kamera & der überraschenden finalen Auflösung, vor allem eins so sehr, dass ich ihn einfach nicht verreißen kann: die Darsteller! Wie mutig, offen & verrückt kann man sein? Gruselig & einprägsam unmenschlich ist kein Wort für Noe Hernandez als esoterisch-kannibalischen Einsiedler. Mutig & selbstbewusst auch der Regisseur - so etwas muss man erstmal als Regiedebüt abliefern. In einem streng katholischen Mexiko! Wird sicher ein Kultfilm, dazu spaltet er schon jetzt hörbar die Massen. Sex in Wärmebildkamera, eine Wiedergeburt des Wahnsinns, primäre Geschlechtsmerkmale über die komplette Leinwand, Inzest, Eier, Haare & Irrsinn - muss man nicht mögen, sollte man aber 2016 gesehen haben. Allein schon im mitzureden.  

Fazit: eine Grenzerfahrung - 50% nervig, 30% WTF?! & 20% Wow. Trotzdem für mich eher ein sinnloses, unnötig provozierendes Experiment. Ist das Kunst, oder kann das weg? Ist er zu stark, bist du zu schwach?

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