„The Shallows" (Kurz und schmerzlos Teil 38)
Seit Steven Spielbergs „Monsterhit" Jaws gab es unzählige Epigonen, Plagiate und Mitschwimmer im Kielwasser des gefräßigsten Fisches der Filmgeschichte. Skurrilster Auswuchs der Hai-Epidemie ist bis dato sicherlich der Trash-Crossover „Sharknado", ein billiger Hybrid aus Tierhorror und Desaster-Movie, der es bereits auf sage und schreibe vier Sequels brachte. Da hat die Idee, einfach nur einen ganz normalen Killerhai auf Menschenjagd zu schicken geradezu gemütlich altmodischen Retro-Charme.
Ganz so gemütlich geht es dann aber in „The Shallows" glücklicherweise nicht zu, vor allem nicht für Nancy Adams, die sich ihren Surfurlaub an einer entlegenen mexikanischen Bucht sicher ganz anders vorgestellt hat. Sie braucht eine ordentliche Portion Nehmerqualitäten, Erfindungsgeist und Todesmut, um das unfreiwillige Duell mit einem großen Weißen nicht lediglich als störrisches Fischfutter zu beenden.
In Filmen bei denen Setting (ein einsamer Strand), Figuren (im Prinzip nur Nancy) und Plot (Hai jagt Surferin) derart eng gesteckt sind, werden die kleinen Twists und Turns zu tragenden Säulen. Das Drehbuch setzt dann auch voll auf die fiese Domino-Karte, konfrontiert Nancy mit immer neuen Schwierigkeiten und minimiert so konsequent ihre potentiellen Überlebenschancen. Zwischendurch sieht es ein paar Mal so aus, als könnte sich das Blatt wenden, oder sogar Hilfe kommen, nur um dann im letzten Augenblick eine weitere „worst case"-Schippe drauf zu legen. Das ist durchweg nervenaufreibend, da das rettende Ufer buchstäblich permanent recht nahe scheint, Nancy zunehmend aber die Zeit davon läuft, da sie aufgrund einer Verletzung und mangels Trinkwasser schlichtweg zur Initiative verdammt ist - ganz ohne die Bedrohung durch den gefräßigen Raubfisch.
Ein solches Ein-Personen-Drama kann natürlich nur funktionieren, wenn Empathie entsteht. Blake Lively meistert diese Herausforderung tadellos und legt Nancys als ebenso sympathische wie toughe junge Frau an, die in der Extremsituation über sich hinaus wächst und einen eisernen Überlebenswillen entwickelt, ohne dabei zur unglaubwürdigen Superheldin zu mutieren. Sie hat Angst, ist verzweifelt, macht Fehler, aber gibt dennoch nie auf. Für moralische Unterstützung sorgt lediglich eine ebenfalls verletze Seemöwe, die sie „Steven" tauft. Dieser „Steven Seagull" ist allerdings der einzige Gag, den sich der Film leistet.
Ohne Frage schadet es auch nicht, dass der Spanier Jaume Collet-Serra das kleine Einmaleins des Actionthrillers bestens beherrscht. Schon in den drei von ihm inszenierten Liam Neeson-Thrillern („Unknown", „Non-Stop", „Run all Night") kitzelte er jeweils ein Höchstmaß an Spannung aus den konventionellen Grundplots heraus und kaschierte die Formelhaftigkeit mit enormem Tempo. Mit denselben Qualitäten punktet auch „The Shallows", wobei die knackige Laufzeit von gut 80 Minuten zusätzlich hilft.
Fazit:
Rasanter, durchweg spannender Hai-Thriller, der aus seiner dünnen Handlung und seinem spartanischen Setting das Maximum heraus holt. Ein empfehlenswerter, kleiner „Jaws"-Happen für zwischendurch.