Dieses Review enthält leichte Spoiler!
Nun ist es also endlich soweit. 27 Jahre ist es inzwischen her, dass „Ghostbusters II“ durch die Lichtspielhäuser flimmerte und obgleich auch damals schon allgemeines Murren ob der quasi 1 : 1 vom Original kopierten Story-Struktur zu vernehmen war, blieb die Popularität des Franchises ungebrochen. Diverse Wiederholungen, Zeichentrickepisoden, erfolgreiche Videogames und Neuentdeckungen auf DVD und BlueRay später sollte es nun ein Reboot sein, das die Geisterjäger wieder die Kinosäle erobern lassen würde. Eine tatsächliche Fortsetzung war zwar immer wieder im Gespräch, doch spätestens der Tod von Co-Autor und Egon Spengler-Darsteller Harold Ramis 2014 machte endgültig klar, dass es mit der alten Darsteller-Riege kein neues Kinoabenteuer mehr geben würde.
Für erste skeptische Reaktionen im Internet sorgte die Meldung, dass es diesmal eine reine Frauen-Riege sein würde, aus die die neue Ghostbusters-Truppe zusammengesetzt sein sollte. Doch erst mit der Veröffentlichung eines ersten Trailers im Frühjahr 2015 brach ein Shitstorm los, der seinesgleichen suchte. Bedauerlicherweise mischten sich in diesem Zusammenhang kritische bis harsch kritische Rückmeldungen auf den schwachen Trailer mit Vorwürfen und Vorurteilen zum Thema Feminismus, Gentrifizierung und Sexismus (sogar Rassismus-Vorwürfe wurden in Richtung von Darstellerin Leslie Jones und ihrer Darstellung der dunkelhäutigen Geisterjägerin Patty Tolan laut). Dies führte summa summarum zu einer äußerst schweren reklametechnischen Vorbelastung des Films und tatsächlich machte der Film an seinem Eröffnungswochenende inflationsbereinigt weniger Geld, als 1989 „Ghostbusters II“.
Bei dem nun vorliegenden Reboot handelt es sich eigentlich (auch) um ein Remake. Daher ist die Story nicht mehr und nicht weniger als eine Variation des hinlänglich bekannten Originals von 1984.
Diesmal sind es drei Frauen, Erin Gilbert, Abby Lates und Jillian Holtzman, die sich der Geisterjagd widmen, nachdem sie aufgrund ihrer Geisterforschung aus ihren Instituten geworfen werden. Seltsame Geistererscheinungen erfassen abermals die Stadt New York und die U-Bahnarbeiterin Patty Tolan schließt sich den Wissenschaftlerinnen an. Gemeinsam müssen sie einer größeren paranormalen Bedrohung entgegen treten, denn ein Mann namens Rowan ist im Begriff, ein Tor zur Geisterdimension zu öffnen. Bald sieht sich New York dem Angriff einer ganzen Geisterarmee ausgesetzt.
In der inhaltlichen Nähe zum Original liegt ein großes Problem dieses Films. Denn er hängt zu sehr am Original, lässt dabei lediglich die Love-Story zwischen Peter Venkman und Dana Barret weg,
leistet ansonsten mit seiner Story nichts eigenständiges, keine neue Ausrichtung und keinen neuen Tonfall. Seine Neuartigkeit beschränkt sich im Wesentlichen auf die neuen Figuren und auf die modernisierten Effekte. Im Folgenden sollen die positiven und die negativen Aspekte dieser Neuverfilmung gegenüber gestellt werden.
Positiv:
Die Darsteller-Riege ist durch die Bank weg sympathisch. Die vier Damen bestehen den GeisterjägerInnen-Test ordentlich und hier kann der Film auch am meisten punkten, denn das neu zusammengestellte Ensemble ist neu, erfrischend und etwas völlig eigenständiges gegenüber der Konstellation aus dem Originalfilm.
Melissa McCarthy als Abby Lates tritt hier dankenswerterweise recht zurückhaltend und damit weniger lautstark und grobspurig auf, als z. B. in „Taffe Mädels“. Tatsächlich kommen ihr relativ wenig offene Gags zu, so dass sie innerhalb des Ensembles fast wie die „Normalste“ wirkt, was der Balance aber insgesamt gut tut. Den lautstarken Part übernimmt hier Leslie Jones als Patty Tolan, die wie einstmals Ernie Hudson die Quoten-Schwarze gibt und ansonsten für den stereotypen „Sprücheklopfer“-Humor verantwortlich ist. Im Zusammenspiel mit ihren Kumpaninnen hält sich der Nervfaktor jedoch angenehm in Grenzen. Kristen Wiig als Erin Gilbert gibt die zerstreut-liebenswerte Wissenschaftlerin und verfügt neben McCarthy wahrscheinlich über das größte Identifikationspotential. Wiig hat bereits innerhalb der „Saturday Night Live“-Show enorme Wandlungsfähigkeit bewiesen. Hier hat sie innerhalb des Ensembles eine leicht herausragende Stellung inne, schultert somit noch etwas mehr Verantwortung und darf sich zum Schluss sogar noch mehr als die anderen als Heldin profilieren. Last but not least sei noch Kate McKinnon als Jillian Holtzman erwähnt, die für mich das Highlight des Quartetts darstellt. Wie Wiig so hat auch McKinnon sich als ausgezeichnete, extrem wandlungsfähige Comedy-Schauspielerin innerhalb der SNL-Show gezeigt. Ihre Holtzman ist eine exzentrische, unerschöpflich erfinderische und unberechenbare Ingenieurin, die für die Ausrüstung der Geisterjägerinnen verantwortlich ist. McKinnon scheint immer irgendwie neben der Spur zu stehen, überrascht immer wieder durch spontane, unerwartete Aktionen und bleibt dabei trotzdem stets so liebenswert, dass man nach dem Film einfach als Fan nach Hause gehen muss. Tatsächlich kann man insgesamt von einer guten Chemie innerhalb des Quartetts sprechen. Daneben ist auch Chris Hemsworth als grenzdebiler Angestellter für so manchen Schmunzler gut und beweist echtes Comedy-Talent. Erfreulicherweise gelingt es dem Film, für jeden der genannten Darsteller/-innen ausreichend Raum zu schaffen.
Der Humor ist das womöglich am meisten zu unrecht gescholtene Moment dieses Films, denn anders als es so manche Rezension darstellt, funktioniert er in diesem Film über weite Strecken sehr gut, was allerdings auch sicher an der dankbaren Film-Vorlage liegt.
Auch die Visual Effects in diesem Film wissen zu gefallen; sie kommen insbesondere zum Ende des Films hin in sehr großer Zahl vor und scheinen den Film im letzten Teil auch zu dominieren. Die Wirkung, das ganze gleichsam dem Vorbild zum Spektakel werden zu lassen, erzielen sie allemal. Insbesondere der Angriff der „bösen Ballons“ weiß zu gefallen, visuell hervorragend gestaltet und mit dem angemessenen „creepy“ Look versehen. Allerdings kann hier sehr leicht auch der Eindruck einer sich verselbstständigen Special-Effect-Show entstehen, ein Punkt, der auch bereits am Original kritisiert worden ist. Etwas befremdlich wirkt beispielsweise ein großes „Ghost-Battle“ im Finale des Films, das wie ein Zugeständnis an das moderne Action-Kino wirkt und daher vielleicht auf Fans des Originals etwas daneben. Doch auch hier können die Darstellerin einiges reißen und es ist wiederum besonders Kate McKinnon, die hier einen herrlichen Auftritt abliefert und ihrer Holtzman so eine ordentliche „Bad Ass“-Szene beschert.
Die Cameo-Auftritte der alten Stars sind nett, aber letztlich nicht mehr als Easter-Eggs.
Negativ:
(Pruduct Placement lasse ich als Kritikpunkt mal großzügig weg, aber wer sich daran stört, wird hier seine Freude haben!!)
Natürlich zünden längst nicht alle Gags. Den „Furz“-Witz zu Beginn hätte man sich ohne weiteres sparen können. Die Vollschleim-Szene von Kristen Wiig ist ja quasi schon durch den ersten Trailer nicht nur hinlänglich bekannt, sondern gewissermaßen auch vorbelastet. Offensichtlich glaubte so mancher, dadurch den grundsätzlichen Ton des Films angezeigt zu bekommen. Dies ist nicht der Fall, letztlich ist dies ja auch „nur“ eine Reminiszenz an das Original, die den Bibliothekarinnen-Geist und das Vollschleimen von Venkman kombiniert. Für große Lacher wird diese aber definitiv nicht sorgen
Der vielleicht schwerwiegendste Punkt: Der im Film dargestellten Bedrohung durch die Geister fehlt es enorm an Wirkung. Das apokalyptische Feeling, das man im ersten Teil durch die einprägsamen Designs, Effekte und nicht zuletzt auch der genialen Filmmusik von Elmar Bernstein erzielen konnte, will sich in diesem Film einfach nicht einstellen. Dies liegt vor allem an der schwachen Gesamtdarstellung: Die Bedrohung manifestiert sich zunächst in einer äußerst blassen Bösewicht-Figur (Neil Casey als Rowan), bevor sie dann später auf eine positive Figur überspringt, um dann einfach nur noch als Effekt-Schau wahrnehmbar zu sein. Einen prägnanten Score lässt der Film leider vermissen. Vor allem fehlt es an Szenen aufgesetzter Pseudo-Ernsthaftigkeit, wie sie aus dem Original bekannt sind (hier spielte besonders Harold Ramis eine wichtige Rolle) und die dem Bösen der Story angemessenes Gewicht verliehen. Einen menschlichen Antagonisten wie einstmals Walter Peck gibt es hier ebenfalls nicht.
Außerdem ist die finale Auflösung der Geister-Bedrohung sehr schwachbrüstig und scheint diversen Episoden der Zeichentrickserie entlehnt. Und die Idee, den Ghostbusters-Logo-Geist zu einem Marshmellow-Mann-Ersatz aufzublasen, kann man bestenfalls als skurril bezeichnen, auf die meisten wird dies aber eher verstörend wirken.
Zusammengefasst: Dem Film gelingt es nicht, neben der soliden Comedy und den ansprechenden Darstellungen der Geisterjägerinnen wie auch den gelungenen Special Effects seiner Story ein ansprechendes ernsthaftes Gewicht zu verleihen und so zu mehr als einer Film-Comedy-Nummer zu werden, wie es das 1984er Original vermochte.
Fazit:
„Ghostbusters“ in seiner 2016er-Variante punktet ordentlich in Hinblick auf Setting und Darsteller. Regisseur Paul Feig gelingt es, humoristische Unterhaltung und großes Effekt-Kino auf der Grundlage einer altbewährten Formel zu verbinden und ein hervorragendes Ensemble zu führen. Leider versäumt er es, seiner Storyline mit Hilfe einer ansprechenden Pseudoernsthaftigkeit das nötige Gewicht zu verleihen, um seinem Mix das gewisse Etwas zu geben, wie es das Original auszeichnete. Dies macht sich besonders zum Ende hin bemerkbar, wenn der Film in einen visuellen Overkill übergeht, jedoch hier im Detail nicht genügend Einfallsreichtum aufbietet um dem Ganzen ein eigenes Standing zu verschaffen.
Schlussendlich ist zu sagen, dass der Film die Schelte, die er im Vorfeld bekommen hat, nicht verdient hat. Die neue Ghostbusters-Truppe ist erfrischend, sympathisch und macht Lust auf mehr. Und für eine Fortsetzung müsste man sich nun auch eine ganz neue Story ausdenken. Potential ist also durchaus vorhanden.
Who you gonna call?!
7/10