Sieht man sich heutzutage einen Science Fiction Film an, dann erwartet man beindruckende Raumschiffe, furchterregende Aliens und die neueste Computertechnik, die uns die Zukunft in schillernden Farben und Formen beschreibt. Dabei gelingt diesem Genre kaum einmal ein wirklicher Blick in die Zukunft, in der Regel sind es archaische Filme wie zuletzt "Serenity", die eher an das Mittelalter erinnern, als man noch mit dem Schwert sein Recht erkämpfen mußte.
Science Fiction Filme sind sehr genaue Zeitzeugen der Gegenwart. In den 70er Jahren hatte man - auf Grund des zum ersten Mal ins Bewußtsein geratenen Themas Umweltverschmutzung - oft mit Visionen zu tun, die vor den Folgen der Zerstörung der Natur warnten ,wie "Lautlos im Weltraum" oder "Soylent Green".
Die 80er Jahre waren dagegen die Jahre der Hegemonie, das Schwergewicht lag auf dem Ausleben seiner Individualität. Ridley Scott läutete diese Ära mit "Alien" ein, einer der ersten Filme ,der eine Gruppe von Egoisten zeigte, die nicht in der Lage waren zusammen zu kämpfen. "Alien" ist deshalb so gut, weil es sich nur auf wenige Personen konzentriert - das Monster hat nur die Funktion als Katalysator. Dazu kam noch die Angst vor einem Atomkrieg oder ähnlich apokalyptische Ereignisse, die zu Filmen wie "Terminator" führten und eine Bedrohung zeigten, die den größten Teil der Menschheit vernichten konnte.
Seit Mitte der 90er Jahre, beginnend mit "Independence Day" sind wir wieder auf der Ebene der 50er Jahre und erzählen am liebsten mit verbesserter Technik die damaligen Geschichten nach, wie zuletzt bei Spielbergs "Krieg der Welten". Deutlich ist daran zu erkennen, daß es uns heute hauptsächlich um Ablenkung geht - möglichst große Bedrohungen und monströse Szenarios verdecken den Blick auf das Wesentliche, nämlich auf das menschliche Handeln.
"The Quiet Earth" entstand 1985 auf dem Höhepunkt der nuklearen Aufrüstung. Damals wurde die Perversität der Neutronenbombe diskutiert, die zwar die Lebewesen tötete, aber alles andere nutzbar ließ ohne die lästige atomare Verseuchung. In der Bevölkerung bestand eine große Verunsicherung darüber, was man sich noch alles einfallen ließe, um dem Feind scheinbar überlegen zu sein. Dazu kam die immer größer werdende Individualisierung der Gesellschaft, der zunehmende Egoismus und die immer stärker werdende Konzentration auf materielle Werte. Und "The Quiet Earth" spielt genau dieses Szenario durch.
Dabei kommt es gar nicht auf die Nachvollziehbarkeit des auslösenden Ereignisses an und so begeht der Film glücklicherweise nicht den Fehler, uns pseudo-wissenschaftlich irgendeine Begründung um die Ohren zu hauen. Viel mehr überzeugt er durch ruhige beeindruckende Bilder, indem er uns gleich zu Beginn mehrere Minuten lang nur die aufgehende rot scheinende Sonne zeigt. Genau das macht "The Quiet Earth" so zeitlos, denn er verzichtet auf ausgefallene Tricktechnik oder sonstige Mätzchen und erzählt im Grunde eine einfache Geschichte.
Zac Hobson (Bruno Lawrence) wacht morgens auf und bemerkt schnell, daß außer ihm Niemand mehr da ist. Dabei scheinen die Menschen von einer zur anderen Sekunde einfach verschwunden zu sein. Die Bettdecke, unter der eben noch Jemand lag ,ist noch durch den Körper ausgebeult, überall gibt es laufendes Wasser, kochende Kessel, brennende Feuerstellen und natürlich stehen die Autos kreuz und quer auf der Strasse, genauso wie ein Passagierflugzeug mitten in der Stadt abgestürzt ist. Sofort beginnt Hobson intensiv nach anderen Menschen zu suchen, ruft laut Informationen durch ein Megaphon, während er durch die einsame und völlig stille Stadt fährt. Doch niemand reagiert auf ihn.
Wir begleiten ihn bei der Suche, ebenso gebannt auf die verlassene Stadt achtend, ebenso aufmerksam nach kleinsten Lebenszeichen suchend. "The Quiet Earth" gelingt atmosphärisch überzeugend diese fast klaustrophobische Situation darzustellen und begründet dabei genau, wie hohl auch Zac's zwischenzeitliches Ausleben seiner Freiheit und das ausgiebige Nutzen der ihm frei zur Verfügung stehenden Luxusgüter ist, angesichts der totalen Einsamkeit. Dabei bleibt der Film jede Sekunde unterhaltend und spannend, obwohl er in seinem ersten Drittel nur von einer Person getragen wird, die aber dank Lawrence hervorragenden Spiels den Werdegang zum beginnenden Wahnsinn sehr gut nachvollziehbar werden läßt.
Entsprechend ist der Mittelteil des Films der positivste, denn als plötzlich eine junge Frau (Alison Routledge) auftaucht, bedeutet das nicht nur das Ende der Einsamkeit, sondern angesichts der hübschen Frau auch ein Ausleben eines gemeinsamen Glücks.
Genau an dieser Szenerie ist gut zu erkennen, wie bewußt die Story konstruiert ist. Den Machern geht es nicht darum, realistisch eine zerfallende Welt zu zeigen und variantenreiche Begegnungen zu schildern, sondern sie reduzieren die Protagonisten bewußt auf die archaischsten Urformen. Deshalb kann man auch gut über Logikfehler hinwegsehen, wie etwa als Zac zwei Wochen nach dem Ereignis nach einem Einbruch in einen Bäckerladen noch frischen Kuchen vorfindet oder als er der jungen Frau noch frische Eier in die Pfanne haut, obwohl es seit Wochen keine Hühner mehr gibt. Auch gibt es keinen Verfall oder ansteigende Verschmutzung zu sehen, was bei der wochenlangen Vernachlässigung nur logisch wäre.
Und deshalb begegnet er eben nicht zum Beispiel einer alten Frau oder einem Kind, sondern einem gebärfähigen Weibchen, daß etwa 20 Jahre jünger ist als er. Durch die sensible Spielweise wirft der Film gekonnt die Frage auf, ob die Verbindung der Beiden auch bei einem "normalen" Leben zustande gekommen wäre und ob sie das auch innerlich mit Glück erfüllt, daß sie notgedrungen aufeinander angewiesen sind. Dank dieser erzählerischen Logik ist es nur konsequent, daß im letzten Drittel ein junger Mann auftaucht, der dazu noch ein Aboriginee Neuseelands ist, also in der bisherigen Realität ein Mensch zweiter Klasse. Er und Zac gehören völlig gegensätzlichen Gruppierungen an - hier der junge, kräftige und wagemutige Mann aus einfachen Verhältnissen, der zu kämpfen weiß , da der gebildete, ältere Mann, der gewohnt war zur führenden Klasse zu gehören und der versucht, die Probleme geistig zu lösen.
Plötzlich hat das Weibchen wieder die Wahl und augenblicklich beginnen die Männchen sich gegenseitig zu bekämpfen. Doch zusätzlich bekommen die drei Protagonisten neuerlich Probleme mit dem Ereignis, das fast alle Lebewesen getötet hatte und das sich zu wiederholen droht...
Die Qualität des Films liegt darin, daß er innerhalb des erfundenen Szenarios sehr genau und realistisch bleibt. Die Verhaltensweisen, die Gespräche und die psychologischen Auswirkungen wirken immer authentisch, so daß nie ein Gefühl der Plakativität, der Satire oder gar der Lächerlichkeit entsteht. Im Gegenteil - der Film bleibt jederzeit ernst ,vermeidet jeglichen Kitsch und ist trotz des ruhigen Tempos abwechslungsreich und unterhaltend.
Fazit : zum Zeitpunkt seiner Entstehung war "The Quiet Earth" auch kommerziell ein großer Erfolg, was verdeutlicht wie sehr sich die Erwartungshaltung an einen Science Fiction Film in den letzten 20 Jahren gewandelt hat. Doch gerade durch seinen Verzicht auf jeglichen tricktechnischen Bombast hat er sich eine Zeitlosigkeit bewahrt, die auch eine heutige Wiederentdeckung sehr lohnend macht.
Allerdings sollte sich der Betrachter darauf einstellen, daß es hier weder um irgendwelche äußeren Feinde geht noch um wissenschaftliche Experimente. Hier werden vor allem Situationen durch gespielt, die in den 80er Jahren aufgeworfen wurden und die das damalige Lebensgefühl widerspiegeln - allerdings haben diese Probleme nichts von ihrer Gültigkeit verloren..
Letztlich warnt "The Quiet Earth" vor weiterer Aufrüstung und dem Irrglauben, man wäre mit sich allein glücklich, aber der Film macht das ganz subtil und ohne offensichtliche Hinweise. Das Ende kann vielfältig interpretiert werden und ob es Glück bedeutet, möchte ich anzweifeln, aber beeindruckend ist es allemal (8,5/10).