William Friedkin schuf mit „French Connection“ und „Der Exorzist“ zwei Genreklassiker, die in die Filmgeschichte eingingen. Danach verschwand er jedoch von der Bildfläche und lieferte nur noch mittelmäßige Arbeiten ab. In seinem aktuellen Film „The Hunted“ gelang es ihm nun nach vielen Jahren wieder ein überzeugendes Werk, dass mit den beiden Oscarpreisträgern Tommy Lee Jones und Benicio del Toro erstklassig besetzt ist.
Grundsätzlich bereitet Friedkin das „Rambo“-Schema wieder auf, so als Einführung das brutale Kosovoszenario gewählt wurde, in dessen alptraumhaften Inferno in unbeschönigten Bildern Zivilisten in Massen von serbischen Soldaten hingerichtet werden. Aaron Hallam (Benicio del Toro) ist mit seiner Spezialeinheit vor Ort, darf in die grausame Massenhinrichtung aber nicht eingreifen, da sie auftragsgemäß einen serbischen Militärführer töten sollen. Während Hallam auf seine Chance wartet, muss er tatenlos mit ansehen wie wehrlose Frauen und Kinder kaltblütig niedergemäht werden. Seine sich aufstauende Wut entlädt sich an der Kehle seines Opfers…
Die Stärke von „The Hunted“ ist sicher die schnörkellose Inszenierung, bei der kein Wert auf überflüssige Dialoge oder Klischees gelegt wird, denn die Aufrechterhaltung der Spannung steht im Vordergrund, so dass Charakterentwicklung, Hintergrund sowie nachdenklich stimmendes Hintergrundwissen nicht weiter beachtet werden. Dies kann sicher als Kritikpunkt betrachtet werden, aber warum nicht mal so ein geradliniges Experiment auf sich wirken lassen?
Der psychisch geschädigte Hallam verbringt nach diesem Schock sein Leben in der freien Wildnis, was eigentlich niemanden weiter interessiert, bis er zwei Hobbyjäger bestialisch zerstückelt. Ohne Plan was zu tun ist, ruft man den zurückgezogen lebenden, ehemaligen militärischen Ausbilder L.T. Bonham (Tommy Lee Jones) um Hilfe, der sich, anfangs etwas sträubend, den Tatort ansieht und aufgrund seines Erfahrungsschatzes und Wissens schon bald auf seinen ehemaligen Schüler trifft, dessen Wiedersehensfreude sich in Grenzen hält. Besonders zu Beginn wird sehr deutlich was Hallam alles gelernt hat: Ob Tarnung, Fallenbau oder der Umgang mit dem Messer, alles erinnert in seiner Perfektion an „Rambo“, der ebenfalls in eine Kampfmaschine verwandelt wurde. Eine pure Kopie des Originals findet trotz der ähnlichen Charakterkonstellation aber nie statt.
Die Kämpfe zwischen den beiden Naturburschen sind die unumstrittenen Highlights des Films: Roh, hart, realistisch. Der Kampf ums Überleben wurde, besonders am Ende, selten blutiger und spannender inszeniert. Ohne hektische Schnitte, sondern sich ganz auf die Choreographie verlassend liefert Friedkin hier Duelle, wie sie nicht alltäglich zu sehen sind.
In Folge entfaltet sich, nach der Gefangennahme Hallams, ein Katz- und Mausspiel zwischen Meister und Lehrling. Das Auftauchen von Geheimdienstagenten, die ihn umbringen wollen, aber letztendlich selbst in die ewigen Jagdgründe eingehen, sind genau wie die Hetzjagden in der Großstadt (bei denen Bonham Hallam immer in der allerletzten Sekunde hinter der nächsten Ecke verschwinden sieht) nur nettes Beiwerk, wie der Besuch Aarons bei Frau und Kind nur ein müdes Alibi für fehlende Tiefe geben soll.
Seine Stärken besitzt der Film nun mal in der Natur, wo es zum finalen Showdown dann auch endlich wieder hinfindet. Denn wo Dutzende von Cops ihn nicht aufhalten können und sterben müssen, bleibt ja immer noch sein alter Lehrmeister. Doch bevor es zu diesem finalen Aufeinandertreffen kommt, unterläuft Friedkin dann aber doch ein größerer Fauxpas, in dem er den gehetzten und sich auf der Flucht befindlichen Hallam erlaubt, eben ein Feuer anzuzünden und ein Messer nach seinen Wünschen zu schmieden. McGyver in Ehren, aber diese Idee war doch etwas weit hergeholt.
„The Hunted“ beschränkt sich fast komplett auf das Duell der beiden Hauptcharaktere, was ihre Darstellung so wichtig macht. Tommy Lee Jones erinnert als ehemaliger Ausbilder zwar etwas an seine Rollen in „Auf der Flucht“ oder „Auf der Jagd“, doch ist Bonham eine ganz andere Figur, ein Naturbursche der inzwischen seine Ruhe möchte. Verschlossen wie verbissen und letztendlich das Duell persönlich nehmend bekriegt er sich mit seinem ehemaligen Schützling wortwörtlich bis aufs Messer.
Benicio del Toro steht dem in nichts nach und nimmt während des Films schon fast dämonische Züge an. Seine Gefährlichkeit ist genau wie seine Tödlichkeit ständig präsent und sorgt für Unbehagen. Im Wald, wie auch später auf der Flucht vor der Polizei in einer Fabrik, hat er eine Aura, die einem Geist nah kommt.
Fazit:
William Friedkin gelang mit „The Hunted“ ein ernster, temporeicher, spannungsgeladener Actionthriller mit beeindruckendem Härtegrad und fesselnder Atmosphäre. Dank der sehr direkten, meist realistischen Inszenierung, die Nebenplots und Nebencharakteren keine Beachtung schenkt, darf das Werk als Highlight, nicht aber als perfekt deklariert werden. Der Aussetzer kurz vor Ende und der oberflächliche Versuch Tiefe zu vermitteln ärgert doch ein wenig, da der Rest doch so ehrlich daherkommt.