Mit Die Stunde des Jägers hat Regisseur Friedkin das Rambo-Motiv aufgegriffen, indem er einen durchgedrehten Einzelkämpfer auf die Jagd durch Oregons dichte Wälder schickt, und einen beinharten Actionthriller daraus gezimmert, der die Grenzen zwischen Gut und Böse immer wieder aufbricht, um dem Zuschauer die Identifikation mit dem Gegenspieler des Verrückten nicht ganz so leicht zu machen, wie es in Actionfilmen sonst üblich ist. Bis zur letzten Konsequenz geht er dabei leider nicht, obwohl die Ansätze vorhanden sind.
Denn die Zweierbeziehung dieses Films, der Kampf zwischen Ausbilder und seinem viel zu erfolgreich gewordenen Schützling, der den Mordtrieb nicht mehr abschalten kann, wirft zwar interessante moralische Fragen auf: Da ist zum Beispiel die eindrucksvolle Anfangssequenz, in der der psychisch angeschlagene Kämpfer im Kosovo durch Blut und Leichen kriecht, während um ihn herum die Zivilbevölkerung abgeschlachtet wird, nur um einen Serbenanführer auszuschalten, wofür ihm dann in steriler Atmosphäre ein Silver Star verliehen wird, der wie billigstes Blech wirkt.
Doch die Frage, wer für den geistigen Verfall des Kämpfers verantwortlich ist und ob nicht sein Ausbilder sowie die brutale Militärmaschinerie ihn zu dem gemacht haben, was er ist, wird zwar in diversen gelungenen Szenen immer wieder angesprochen, jedoch zum Schluss hin fallen gelassen, um der harten Action Platz zu machen.
Hiermit verlassen wir die Schwächen des Films und kommen zu der Reihe positiver Punkte, die The Hunted trotz einiger Mängel zu einem Höhepunkt des modernen Actionkinos machen: Da ist zunächst die Wahl der durchweg hochklassigen Schauspieler, unter denen natürlich vor allem die beiden Hauptdarsteller hervorstechen: Wenn Benicio del Toro und Tommy Lee Jones als verstohlener, aber verstörter Kämpfer und erfahrener, aber unruhiger Ausbilder den nächsten Schritt des jeweils anderen herauszufinden versuchen oder sich im Messerkampf direkt gegenüber stehen, muss man einfach mitfiebern, so packend und glaubhaft verkörpern die beiden Schauspieler ihre Rollen. Dann besticht die Wahl der Schauplätze: Oregons nordamerikanische, gewaltige Naturkulisse mit tiefgrünen Wäldern, reißenden Strömen und hohen Klippen beeindruckt schon durch ihre schiere Macht; im Kontrast mit Portland, der größten Stadt des Staates, gewinnt sie zudem einen besonderen, unverbrauchten Charme, der die Natürlichkeit des Films noch unterstreicht.
Diese nämlich ist der größte Pluspunkt von The Hunted. Denn trotz allen (großartig inszenierten) Verfolgungsjagden, irren Stunts und logischen Unmöglichkeiten hat der Zuschauer grundsätzlich das Gefühl, nicht einem Actionspektakel, sondern einem Kampf auf Leben und Tod beizuwohnen. Dies liegt neben der Wahl von Darstellern und Kulisse besonders an der sorgfältig inszenierten Action, die nie zu einem unrealistische Effektegewitter verkommt, sondern häufig ein stilleres Vorgehen vorzieht, grobe Klischees umgeht und harte, aber nicht übertrieben blutige Kämpfe bietet. Zwar sind die Schutzengel beider Kontrahenten während der gesamten Laufzeit auf Dauereinsatz, doch fliegen gerade im finalen Messerkampf gehörig die Fetzen: Die Bewegungen sind gezielt, schnell und kurz, die Treffer hart und tief. Ein professioneller Nahkämpfer stand als Berater bei dem Entwurf der Kampfszenen zur Seite, was man in jeder Einstellung bemerkt. Zwar sind die Handgemenge immer noch länger, als es in der Realität der Fall wäre, doch weitaus kürzer und pointierter, als es im Actioneinheitsbrei zelebriert wird. Somit bricht die Härte konzentriert und unverwässert auf den Zuschauer ein und wirkt weit stärker als sonst häufig gesehen.
Friedkin kombiniert schließlich Action, Darsteller und Kulisse zu einem temporeichen, spannenden Mix, der bestens unterhält und sich nie zu lange auf ausgetretenen Pfaden bewegt, sondern immer wieder ins dreckige Unterholz ausbricht. Sehr gutes, stellenweise sogar intelligentes Actionkino, dem zum grandiosen Glanzstück allerdings die letzte Konsequenz fehlt, die den politisch-psychologischen Ansatz zu Ende führt. Dennoch und trotz aller Unkenrufe eine glasklare Empfehlung und eine eindeutige Ansage an die, die Friedkins früheres Können nach Jade und Konsorten schon versandet sahen.