Es ist recht schwer, diesen Film adäquat zu beschreiben ohne gleichzeitig zu viel zu verraten. Insofern fällt meine Inhaltsangabe recht prägnant aus.
Die junge Francisca lebt mit ihrer Mutter, einer portugiesischen Augenspezialistin, und dem kontaktscheuen Vater auf einer abgelegenen Farm im amerikanischen Niemandsland. In diese Idylle bricht aus heiterem Himmel sinnlose Gewalt ein. Die Mutter stirbt, der Vater muss Dinge tun, die sein fragiles Inneres endgültig brechen und er führt fortan ein apathisches Leben vor dem Fernseher. Als Francisca zur jungen Frau herangewachsen ist (beeindruckend: Kika Magalhaes), stirbt auch der Vater und erst jetzt treten die Konsequenzen des traumatischen Ereignisses aus der Kindheit offen in ihrem Bewusstsein und Handeln ans Tageslicht.
Dass man Francisca für die Taten, die sie verübt, nicht anklagen kann, ist das Verdienst des jungen Filmemachers Nicolas Pesce, der ihre Entwicklung subtil und in stimmungsvoll komponierten Schwarz-Weiss-Bildern nachzeichnet und verständlich macht. Die Gewalt ist hier nicht Bestandteil expliziter, banaler Splatterexzesse (oder verpackt in die üblichen infantilen Witzchen), sondern wird fast immer nur angedeutet, mal über die Tonspur vermittelt, dann im Halbdunkel belassen oder völlig ausgespart. Gerade dadurch gewinnt THE EYES OF MY MOTHER eine verstörende/beklemmende Intensität und inhärente Spannung, die einen atemlos im Kinosessel zurücklässt.
Dieser Film ist erschreckend, düster, brutal, trostlos, .... doch auch liebevoll, traurig und tragisch. Das Finale überzeugt mit einer Schlichtheit, aber gleichzeitig schockierenden Wirkung wie man sie seit THE NAMELESS nicht mehr erleben durfte.
Ganz klar der mit Abstand beste Beitrag des Fantasy Filmfests 2016. Und schön, dass laut Festivalkatalog der ausgezeichnete Verleih BILDSTÖRUNG diesen außergewöhnlichen Streifen unter seine Fittiche genommen hat.
10/10