Review

Neues Jahrzent, alter Bourne

Wie sehr ich die originale Bourne-Trilogie mag & was für einen Eindruck sie auf mich & die Welt in den 00er-Jahren gemacht hat, weiß jeder, ist nicht hoch genug anzurechnen & steht auch in meinen Reviews zum jeweiligen Film. Sie haben sich zudem gut gehalten & es hat nach einigen Jahren wieder richtig Spaß gemacht zum Start des vierten Teils diese nochmal anzusehen, mit Jason Bourne auf Fährtenjagd in seine Vergangenheit zu gehen. Umso heißer war ich auf "Jason Bourne", erst recht weil Greengrass, Damon & alle wichtigen Beteiligten zurück sind & sie laut eigenen Aussagen auf dieses geniale Script jahrelang gewartet haben. Sollte der Meilenstein & Ausstieg aus Bournes Story, "Das Bourne Ultimatum", also nach fast einem Jahrzent sogar getoppt werden?

Nein, "Jason Bourne" ist wahrscheinlich der Schwächste der Damon-Bournes, wenn auch immer noch ein guter, zuweilen sogar klasse Action-Thriller. Es werden neue Geheimnisse um Bournes Vergangenheit aufgedeckt, die ihn aus dem Untergrund treiben, & "dank" einer Nebenhandlung rund um das aktuelle Thema "Internet, Überwachung & Privatsphäre", wird unser liebster Ex-Killer, (eher gewollt als gekonnt) mit dem aktuellen Jahrzent verbunden. Dazu kommen Anspielungen auf Snowden oder mächtige Internetfirmen, die schon immer allgegenwärtige Anti-US-Geheimdienst-Einstellung, Straßenschlachten in Athen & sogar ein emotionales Rache-Thema. Eigentlich ist es also ein Best-Of, mit allem was sich Fans wünschen konnten, was die Vorgänger so beliebt machte. Doch wie kann es sein, dass trotz scheinbar aller richtigen & zum Großteil exquisiten Zutaten, doch nur Aufgewärmtes dabei rauskommt? Warum nur eine solide, deftige Mahlzeit & kein Fünf-Sterne-Menü? Stimmt die Qualität der Einzelteile doch nicht? Die Gewichtung? Oder ist das Essen einfach alt & kalt?

"Jason Bourne" ist ein guter Film, das will ich nochmal wiederholen. Bei hohen Erwartungen & Hoffnungen, und die hatte man nach dem Trailer & den exzellenten drei Vorgängern, tendiert er aber dazu, etwas zu langweilen, sich zu wiederholen & sogar zu nerven. Für redundante Verfolgungsjagden oder Auf-der-Stelle-Treten in Sachen Handlung, hatte die Bourne-Reihe schon immer ein schnelles Händchen. Doch nun, fast ein Jahrzent nach den Gamechangern Identität/Verschwörung/Ultimatum, fällt das wesentlich unangenehmer auf als damals. Damon spielt mal wieder bravurös & wirkt austrainierter denn je, Tommy Lee Jones als Gegenspieler des CSI ist vielleicht sein bösester ever. Dazu die elegante, elfengleiche & trotzdem toughe Alicia Vikander, alte Bekannte & Vincent Cassel (!) als gegnerischer Hitman - schauspielerisch ist das oberste klasse. Der Stil ist hektisch wie immer - das liebt man oder eben nicht. Dazu die gewohnte Reise um den Globus, einigermaßen abwechslungsreiche Kulissen & harte Zweikämpfe. Der vielleicht beste Carchase der Serie, bei dem mal eben Las Vegas in Schutt & Asche gelegt wird, nicht zu vergessen. 

Und trotz diesem massiven Paket an positiven Punkten, wirkt die vielleicht/hoffentlich finale Mission des Amnesie-Agenten, doch lange Zeit ermüdend. Nicht nur weil die Augen schneller schalten & blinzeln müssen als gewohnt, nicht nur weil man die Story & alle Einzelteile in & auswendig kennt, nicht nur weil das Ganze mittlerweile (auch durch etliche Kopien & seinen eigenen Einfluss) lange nicht mehr so innovativ wirkt wie damals - sondern vor allem, weil der Film so ausrechenbar, so lang & so bekannt ist. Alter Wein aus alten Schläuchen, mit ein paar neuen, noch dazu etwas unpassenden Schrauben. Langeweile kommt keine auf, aber man ertippt sich einfach zu oft, ungeduldig auf die nächste Actionsequenzen zu warten. Das Finale liefert dann auch in allen Belangen ab, doch alles fühlt sich in etwa so an, wie ein Schallplatte auf Dauerrotation. Man kann es irgendwann mitsingen. Ob jetzt in Berlin, Vegas, Athen oder London. Bourne bleibt Bourne - ein Sympathie-Träger zwischen den Linien & alter Freund, dessen neue Mission man insgesamt dann doch gerne mitnimmt.

Fazit: für Bourne-Fans ein Muss & der vierte Teil der Damon-Reihe macht eigentlich alles wie damals, wenig falsch. Gewohnte Qualität, Stakkato-Schnitt, realistische Action - trotzdem will der Funke nicht mehr so überspringen wie einst, die Nebenstory fühlt sich unpassend an & allgemein gibt es viel zu wenig Neues. Eine kleine Enttäuschung auf hohem Niveau!

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